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Im Himmel mit Ben: Roman (German Edition)

Im Himmel mit Ben: Roman (German Edition)

Titel: Im Himmel mit Ben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Russo
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noch da war. Aus irgendeinem Grund, den sie akzeptieren würde, habe Caruso sich für mich entschieden, hat sie mir erklärt. In den ersten Wochen nach Bens Tod habe er ihr Trost gespendet, jetzt wäre ich an der Reihe. Und es würde sie nicht wundern, wenn Ben doch irgendwie die Fäden in der Hand halten würde.
    Ich denke immer noch täglich an ihn, aber ich bin nicht mehr so traurig dabei. Die Gespräche mit Hilde helfen mir, die schönen Erlebnisse mit ihm in Erinnerung zu rufen und mich darüber zu freuen, dass er mein Freund war und immer bleiben wird.
    Vielleicht hat Ben mir nicht Caruso geschickt, sondern Hilde? Wie heißt es so schön: Dich schickt der Himmel …
    »Ich male dir ein besonders schönes Bild«, verspreche ich Hilde und mache mich auf den Weg in den Garten.
    Das Gewächshaus hat ungefähr neun Quadratmeter. Es ist nicht sehr groß, aber es bietet genügend Platz für ein kleines Regal, meine Staffelei und einen Korbstuhl, den ich mit einem dicken Polster ausgestattet habe. Meine Malutensilien befinden sich alle noch in Kisten, die ich im Keller gestapelt habe. Mit der Zeit hat sich eine ganze Menge Zeug angesammelt. Eine nach der anderen schleppe ich hoch, um sie dann in meinem neuen Glasatelier auszupacken. Zum Schluss stelle ich eine große Leinwand auf die Staffelei, lasse mich in den Sessel fallen und starre auf die weiße Fläche. Es scheint mir Ewigkeiten her zu sein, dass ich gemalt habe – und das ist es auch, wie ich feststelle, als ich kurz nachrechne.
    Die fachpraktische Uni-Prüfung für mein Kunstexamen habe ich vor drei Jahren absolviert. Danach habe ich nicht mehr mit Farben gearbeitet – von den paar Geburtstagskarten und dem Teddybild für Emmas Zimmer mal abgesehen. Tiere habe ich generell noch nicht oft gemalt. Irgendwo im Keller müssten noch die Skizzen und Aquarelle liegen, die ich damals nach unserem Aufenthalt im Berchtesgadener Land angefertigt habe. Rosalie in verschiedenen Variationen habe ich die Reihe damals genannt. Eines der Kuhbilder, Rosalie von hinten, habe ich Ben zu seinem fünfundzwanzigsten Geburtstag geschenkt.
    Wer Kühe malen kann, schafft auch einen Kater, denke ich und mache mich auf die Suche nach Caruso. Wenn, dann möchte ich mit dem lebenden Objekt und nicht nur mit meiner Erinnerung arbeiten.
    Aber Caruso ist nicht aufzutreiben. Er sitzt weder auf dem Baum noch treibt er sich woanders im Garten herum. Auch in meiner Wohnung kann ich ihn nicht finden. Kurz entschlossen hole ich den Bastkorb aus der Küche und spanne ihn hinten auf mein Fahrrad. Dann mache ich mich auf den Weg in das kleine Waldstück auf der anderen Rheinseite, zu dem ich heute Morgen schon einmal ganz früh mit Hilde gefahren bin. Am Abend hat sich Rici angekündigt. Normalerweise bestellen wir uns dann eine Pizza oder etwas vom Chinesen, doch heute möchte ich sie mit einer eigens kreierten Bärlauchcremesuppe überraschen. Die ist nämlich so lecker, die kann man auch zweimal am Tag essen. Und die Blätter dafür werde ich höchstpersönlich pflücken.
    Ich mag den Rhein. Und das nicht nur, weil ich mit Ben viele schöne Stunden an seinem Ufer verbracht habe. Wasser hat mich einfach schon immer angezogen. Deswegen wollte ich auch unbedingt eine Wohnung ganz in der Nähe des Flusses mieten. Und irgendwann, spätestens wenn ich alt und grau bin, möchte ich irgendwo am Meer leben. Aber nicht im Süden, lieber irgendwo im Norden. Ich weiß, es ist ein Klischee, aber manchmal träume ich von einem kleinen Haus am Meer, in dem ich von morgens bis abends einfach nur male oder an einem Buch schreibe, vielleicht für Kinder. Bisher habe ich allerdings noch keine einzige Zeile verfasst.
    Wir haben kurz nach drei. Die Sonne scheint, und ich radle gemütlich den Rhein entlang. Da ich in Stromrichtung links des Flusses fahre, befinde ich mich auf der linksrheinischen Seite, aber wenn ich die Brücke überquert habe, werde ich rechtsrheinisches Gebiet erreicht haben.
    Etwa eine halbe Stunde später habe ich die Stelle mit dem Bärlauch gefunden. Mein Orientierungssinn scheint also doch ganz gut zu funktionieren. Die Blätter verteilen sich gleichmäßig wie ein grüner Teppich über den gesamten Waldboden. Sorgfältig betrachte ich jede einzelne Pflanze, so wie Hilde mir das beigebracht hat, und pflücke nur die kleineren zarten Blätter der Gewächse, die noch nicht geblüht haben.
    Mein Korb ist fast voll, als ich ihn hinten auf dem Gepäckträger festmache. Vorsorglich lege ich ein

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