Im Himmel mit Ben: Roman (German Edition)
für einen schlechten Scherz und bin nur geflogen, weil ich herausfinden wollte, wer so geschmacklos sein kann.«
»Macht euch keine Gedanken, Kinder«, höre ich die ältere Dame hinter mir. »Lasst es einfach zu.«
Gerade als ich etwas darauf sagen möchte, ertönt die tiefe Stimme des Flugkapitäns aus den Lautsprechern und teilt uns mit, dass wir nun zum Landeanflug ansetzen und uns anschnallen sollen.
Die letzten Monate habe ich ja allerhand merkwürdige Dinge geträumt, aber so einen schrägen Traum hatte ich noch nie.
»Wozu anschnallen«, sage ich vor mich hin, »wenn wir doch sowieso gleich alle im Himmel sind?« Aber dann komme ich der Aufforderung nach, so wie alle anderen auch, und schaue gebannt aus dem Fenster.
Der Himmel hat sich kein bisschen verändert. Und das Flugzeug neigt sich auch nicht nach unten, um zum Landeflug anzusetzen. Es fliegt sogar in einem flachen Winkel in einer Linkskurve nach oben, sodass wir alle leicht in unsere Sitze gedrückt werden. Dann begibt es sich wieder in eine waagerechte Position, um schließlich mit einem Ruck ganz plötzlich anzuhalten.
Als die Anschnallzeichen erlöschen und um mich herum Klicklaute ertönen, löse ich auch meinen Gurt. Durchs Fenster beobachte ich, wie mehrere fahrbare Brücken wie von Geisterhand auf das Flugzeug zugerollt kommen.
Während alle anderen bereits stehen und im Gang drängeln, um möglichst schnell nach draußen zu kommen, bleibe ich ruhig auf meinem Platz sitzen. Meinem gut aussehendem Sitznachbarn nicke ich noch einmal freundlich zu. Und erst als sich der Tumult langsam legt, reihe ich mich ein und verlasse das Flugzeug. Ich laufe durch die Gangway und stehe kurz darauf in einer riesigen Halle. Suchend schaue ich mich um, weil ich überhaupt keine Ahnung habe, wo ich mich nun hinbegeben soll. Da ertönt plötzlich eine helle Glocke, und zwei Rolltreppen beginnen sich zu bewegen. Über der einen blinkt die Anzeige Heaven on earth , über der anderen Heaven’s gate.
Und jetzt? In Bens Brief stand, dass ich mich links halten soll. Ob er die beiden Rolltreppen damit gemeint hat? Ohne weiter darüber nachzudenken, stelle ich mich auf die linke Treppe, die mich in den Himmel auf Erden bringen soll, und bewege mich auf ihr nach oben. Die Stufe unter meinen Füßen fühlt sich weich und gleichzeitig fest an. Neugierig wippe ich mit den Füßen ein bisschen auf und ab, aber als ich dabei ein Stückchen in dem eigenartigen Material versinke, halte ich erschrocken inne. Ob es auch Weiße Löcher gibt? Und ich stecke gerade mitten drin? Der Himmel kam mir eben schon so undurchlässig vor.
Ohne Vorwarnung ist meine Fahrt beendet. Überrascht stelle ich fest, dass ich vor einer Tür mit der Aufschrift Inverness stehe, die einfach so in dieser komischen, milchigen Wolke zu schweben scheint. Gespannt drücke ich die Klinke nach unten – und bin nur kurze Zeit später in der Ankunftshalle des Flughafens. Träume ich immer noch? Oder ist das die Realität?
Meine Füße stehen nun auf festem Boden. Es herrscht reges Treiben rings um mich rum. Jetzt schnell durch die Passkontrolle, meinen Koffer vom Laufband holen – und dann schauen, was mich hier erwartet. Auf Bens Einladung stand, dass ich abgeholt werden würde.
Neugierig schaue ich mich um. Ich bemerkte, dass ich mich völlig entspannt fühle und ruhig bin, obwohl mein Herz doch eigentlich jetzt bis zum Anschlag klopfen müsste. Irgendwie scheint alles um mich herum freundlicher geworden zu sein. So wie der Mann, der gerade lächelnd auf mich zukommt.
»Hallo Marly«, begrüßt er mich und gibt mir die Hand. »Mein Name ist Rubens, aber du kannst auch Ruby zu mir sagen. Ich soll dich abholen.«
»Kennen wir uns?« Irgendwo habe ich den Kerl schon mal gesehen.
»Schwierige Frage. Irgendwie ja, aber das sollten wir vielleicht später klären. Wir nehmen den Paternoster nach John o’Groats. Ist das alles, was du an Gepäck dabei hast?« Er greift nach meinem Koffer.
Mit dem Paternoster nach John o’Groats? Von dem Ort habe ich schon einmal gehört. Da wollte Ben nach unserem letzten Treffen, das nie stattgefunden hat, mit mir hin. Er wollte vom westlichsten Zipfel Englands bis zum nördlichsten Punkt nach Schottland mit mir reisen, von Land’s End nach John o’Groats. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass wir als Beförderungsmittel mein Auto nehmen wollten und keinen Paternoster. Belustigt ziehe ich eine Augenbraue hoch und laufe hinter dem komischen Kauz her. Doch als ich
Weitere Kostenlose Bücher