Im Himmel mit Ben: Roman (German Edition)
Gast gewählt, weil er mich mehr vermisst hat als sie? Bei dem Gedanken vollführt mein Herz einen kleinen Freudensprung, bis Ben sagt:
»Nathalie ist eine ganz wundervolle Frau. Aber weißt du nicht mehr, was wir immer gesagt haben? Eine Liebe kann man austauschen, beste Freunde nicht.«
20
Ich wusste, dass Gott eine Frau ist
Zweimal im Leben habe ich bisher geliebt, aber nie bin ich dazu gekommen, es auch auszusprechen. Beim ersten Mann war ich zu spät dran, weil Bens Zeit auf Erden abgelaufen war. Beim zweiten Mann wurde ich ausgebremst, weil Georg gerade dabei war, eine andere Frau zu küssen.
Rebecca war siebzehn, als Georg sie kennengelernt hat, also zwei Jahre älter als ich war, als Ben in mein Leben getreten ist. Und genau wie wir waren die beiden gleich beste Freunde. Aber dann landeten sie vier Jahre später doch zusammen im Bett und weitere zwei Jahre danach vor dem Standesamt. Rebecca war damals dreiundzwanzig und Georg fünfundzwanzig Jahre alt, als sie geheiratet haben. Neun Jahre später hat sie Georg verlassen, ohne ihm je einen Grund dafür genannt zu haben. Rebecca hat einfach ihre Sachen gepackt mit dem Kommentar, sie könne nicht mehr mit ihm leben, und ist nach Italien gezogen. Zwei Jahre hat sie sich nicht mehr gemeldet und sich nicht für Georg interessiert, aber kaum erscheine ich auf der Bildfläche, taucht sie wieder auf.
Wahrscheinlich hat Georg nie aufgehört, sie zu lieben. Rebecca ist ja auch bildschön, genau wie Bens Nathalie.
Wehmütig seufze ich auf, dann genehmige ich mir einen großen Schluck Guinness. Kalt schmeckt das Zeug gar nicht so schlecht, zumindest kann man sich daran gewöhnen.
Im Himmel feiert man genauso wie unten auf der Erde. Die Party zu meinen Ehren ist schon voll im Gange. Ich sitze an der Bar und proste Ben hinter dem Tresen zu. Er hat eine ganze Menge zu tun, möchte aber nicht, dass ich ihm helfe. Ich bin sein Gast und soll mich amüsieren. Dass hier alle mit dieser unwahrscheinlich guten Laune herumlaufen, geht mir gewaltig auf die Nerven. Dabei müsste ich mich doch freuen, dass ich noch einmal mit meinem besten Freund eine schöne Zeit verbringen darf. Aber in meinem Kopf spuken in erster Linie zwei Gedanken herum, gegen die ich einfach nicht ankomme. Wie ein giftiger Stachel bohren sie sich in mein Herz: Wenn ich wieder zurück auf der Erde bin, ist Ben immer noch hier, und ich werde ihn wahrscheinlich noch mehr vermissen. Was mir aber noch mehr den Abend versaut, ist das Gefühl, dass mich keiner liebt. Auch Ben nicht, von seiner freundschaftlichen Zuneigung einmal abgesehen.
Dass ich mich deswegen im Himmel betrinke, ist eine Sache, über die ich momentan nicht nachdenken möchte. Denn das würde bedeuten, dass ich nun wirklich komplett durchdrehe. Tief in meinem Innersten bin ich nämlich immer noch davon überzeugt, schlafend und träumend im Flugzeug zu sitzen. Allerdings scheint sich der Traum dann ganz schön in die Länge zu ziehen, was wiederum dafür spräche, dass ich längst gelandet sein muss. Und das bringt mich wieder zurück an den Tresen und zu dem Gefühl, dass mir momentan nur eins helfen kann: Guinness! Aber nicht das heiße mit den Gewürzen, sondern das ganz normal gekühlte, das man in jedem vernünftigen Pub zu trinken bekommt.
Nach nur einem Glas habe ich schon einen sitzen. Endlich empfinde ich das, was ich eigentlich aufgrund der Tatsache empfinden sollte, dass ich im Himmel bin: Leichtigkeit.
»Hast du schon mal Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins gelesen?«, frage ich den Kerl, der sich gerade neben mir niedergelassen hat.
»Nein.«
»Schade, ist ein tolles Buch«, sage ich und mustere den Typ. Er sieht aus wie ein erwachsener Harry Potter, allerdings trägt er einen schwarzen Kilt und dazu knallrote Kniestrümpfe. »Bist du Schutzengel, Begleitengel oder einer von denen mit besonderen Aufgaben?« Wie ich erfahren habe, sind das Engel, die unten auf der Erde zur Stelle sind, wenn die Schutzengel nicht helfen konnten. Begleitengel führen die Seelen nach oben, das muss echt auch ein harter Job sein.
»Nichts davon, ich bin ein irdischer Besucher«, sagt er und prostet mir zu. »Darf ich mich vorstellen: Steven Graham von den Red Hot Chilli Pipers. Wir haben gleich einen Auftritt.«
»Eins muss man denen lassen, Humor haben die hier …« Erheitert schüttle ich den Kopf.
Da erscheint Ben plötzlich auf der Bühne und schaut in meine Richtung. Sofort kehrt Ruhe ein, als er zu sprechen anfängt:
»Marly, als
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