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Im Himmel mit Ben: Roman (German Edition)

Im Himmel mit Ben: Roman (German Edition)

Titel: Im Himmel mit Ben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Russo
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wohlklingende Frauenstimme erklingt über unseren Köpfen. Neugierig schaue ich auf und sehe in ein ebenmäßig geschnittenes, sehr feines Gesicht, das von blonden langen Haaren umrahmt wird.
    »Hallo Liane, schön, dass du es noch geschafft hast«, begrüßt Ruby sie.
    Unauffällig mustere ich die perfekt aussehende Frau in kurzem schwarzen Rock und körperbetonter weißer Bluse, deren endlos lange Beine in knalligen lilafarbenen High Heels mit mörderischen Absätzen stecken, in denen ich nie im Leben laufen könnte. Sie setzt sich mit einem Bier in der Hand zu uns.
    Ben hat immer schon behauptet, dass ich Unsinn rede, wenn ich zu viel getrunken habe, aber wenigstens bin ich ehrlich dabei. »Ich wusste, dass Gott eine Frau ist«, sage ich und sorge damit für lautes Gelächter.
    »Danke für das Kompliment, aber ich bin hier oben lediglich für das Glück verantwortlich«, sagt Liane und schüttelt ihre lange Mähne.
    »Ach, dann bist du ja die Lottofee!«
    »So nennen sie mich gerne, ja. Ich bin für die Himmelslotterie zuständig. Früher war ich als Schutzengel unterwegs, aber nachdem mein letzter Kandidat wieder viel zu früh das Zeitliche gesegnet hat, habe ich den Job geschmissen. Jetzt verwalte ich das Glück, da habe ich die Fäden in der Hand.«
    »Das Glück ist ein Schurke. Zumindest verhält es sich mir gegenüber gerade so«, bemerke ich trocken.
    Als Liane laut auflacht, entschuldige ich mich schuldbewusst bei ihr. »Ich wollte dich nicht beleidigen«, sage ich. »Klingt ganz so, als würde ich in Selbstmitleid ertrinken, nicht wahr?«
    »Ein bisschen schon, ja, aber das ist okay. Immerhin hast du eine Menge unguter Sachen erlebt in letzter Zeit. Vielleicht solltest du dich einfach mal wieder mehr auf die schönen und wichtigen Dinge im Leben konzentrieren. Du bist gesund, hast Familie, gute Freunde, einen Job. Außerdem sind es vielfach auch Kleinigkeiten, die das Leben lebenswert machen, oder nicht?«
    Liane hat recht. Ich muss lernen, mit dem zufrieden zu sein, was ich habe. Und das ist mehr, als viele andere haben. Es ist zum Beispiel wunderbar, dass ich jetzt hier sein darf. Und daran waren Ruby und Liane maßgeblich beteiligt.
    »Danke übrigens«, sage ich zu den beiden.
    »Wofür?«, möchte Liane wissen.
    »Zum Beispiel dafür, dass Ruby mich abgeholt hat.«
    »Das habe ich sehr gerne gemacht.« Ruby strahlt mich an.
    »Und natürlich dafür, dass ich die Einladung in den Himmel von dir bekommen habe, Liane. Ben hat mir erzählt, dass du ein bisschen dabei geholfen hast. Ich verstehe zwar nicht, was du an diesem heißem Guinness so toll findest, aber …«
    »Ben glaubt nicht wirklich, dass ich mich mit ein paar Gläsern Bier bestechen lasse?«
    »Doch, genau das hat er mir vorhin erzählt. Du bekommst für immer und ewig Freibier.«
    »Hast du gesehen, dass hier irgendjemand für sein Guinness bezahlen muss?«
    Ich überlege kurz und sage dann: »Nein.«
    »Du musst mir etwas versprechen, Marly.«
    »Was denn?«
    »Sag ihm bloß nicht, dass das nicht stimmt. Der Himmel ist nicht bestechlich, aber das soll Ben schön selbst herausfinden.«
    Als ich etwas darauf sagen will, zeigt sie mit ihrem lila Fingernagel zur Bühne. »Schau mal, ich glaube, Ben hat noch eine Überraschung für dich.«
    Ein Mann mit blondem, leicht schütterem Haar betritt die Bühne. Ich kann es nicht fassen …
    »Es tut mir leid, dass es etwas später geworden ist, doch das Konzert in Locarno hat etwas länger gedauert. Aber jetzt bin ich hier. Und ich singe heute Abend für … Marly. Marly, wo bist du?«
    »Hier … hier!«, winke ich ihm zu.
    »Ein ganz besonderer Freund von dir hat sich ein ganz besonderes Lied für dich gewünscht.«
    Gerührt stehe ich auf und gehe auf Ben zu, der schräg vor der Bühne steht. In dem Moment fängt Herbert Grönemeyer an zu singen.
    »Danke«, flüstere ich ihm tief bewegt zu, und er nimmt mich strahlend in den Arm.
    Als ich beim Refrain anfange, laut mitzusingen, setzt auch Ben mit ein: Und der Mensch heißt Mensch, weil er irrt und weil er kämpft, und weil er hofft und liebt …
    Es ist uns egal, ob es schief klingt. Wir halten uns an den Händen und singen laut im Chor einen Herbert-Grönemeyer-Song, vorgetragen vom Meister selbst.
    Und vor wenigen Minuten bin ich noch in Selbstmitleid zerflossen, weil ich wirklich geglaubt habe, dass mich niemand liebt.

21
    Später möchte ich auch gerne Schutzengel werden
    Hildes Schutzengel lebt im Nebenhimmel. Da dürfen eigentlich nur

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