Im Hyperraum
kein menschliches. Sie
brauchte eine Weile, bis sie sich von ihrer Konfrontation mit Mogurn
erholt hatte. Doch allmählich beruhigte sie sich, wenn auch ein ungutes
Gefühl haften blieb; lautlos flog sie durch die leeren Himmel, verloren
in einem Tagtraum, in dem kein Gedanke länger als ein, zwei
Wimpernschläge dauerte und nur wenige Bilder verweilten.
Sie
empfand eine Art sehnsüchtiger Melancholie. Und sie beschäftigte sich
nicht länger mit den Sorgen, die ihr seit kurzem zu schaffen machten.
Ihr Misstrauen gegenüber Mogurn und ihre Bedenken bezüglich des Pallisp
verfolgten sie nicht bis hierher in diesen sicheren Hafen, der frei war
von allen Ãngsten. Jedenfalls hoffte sie das. Gemächlich lieà sie sich
vom Wind treiben, ohne sich die Mühe zu geben, nach schnelleren
Strömungen Ausschau zu halten. Ob sie ihr Ziel früher oder später
erreichten, spielte für sie keine Rolle. Stunden vergingen, und sie gab
sich damit zufrieden, frei in der Luft zu driften.
Doch
trotz ihres Vorsatzes, Distanz zu halten, schimmerte und flackerte die
Landschaft drunten als Reaktion auf Beklemmungen, die sich in ihrem
Herzen immer wieder Bahn brachen, und Befürchtungen, die sie nicht an
die Oberfläche kommen lassen wollte. In ihr brodelten Wünsche und
Kümmernisse, welche sie verzweifelt zu unterdrücken trachtete, die
niemals das Licht des Tages erblicken durften.
Aber
diese Gefühle lieÃen sich nicht immer ausschalten. Gegen ihren Willen
mogelten sie sich mitunter in die Landschaft â zuweilen als ein
diffuses, phosphoreszierendes Feuer zwischen den Hügeln, als winzige,
blutige, rasch aufquellende Rauchfahnen, oder als Schatten, die über
dem Land wirbelten wie die dunklen Gestalten von Luftakrobaten. Gewisse
Ãngste schlummerten latent in ihr, und sobald sie sich einen Weg nach
drauÃen bahnten, zeigten sie in der Landschaft eine Wirkung.
Sie
wollte das Bild ändern und davonschweben, diese Gegend, die ihr das
Herz schwer machte, verlassen. Aber das Bild widersetzte sich
hartnäckig allen Versuchen, es zu transformieren. Mit aller Macht
schien es sich an sie zu klammern. Allerdings vergröÃerte sich ihr
Geschick als Rigger, ob durch Erfahrung oder durch den Gebrauch des
Pallisp, und ihre Vorstellungskraft reichte immer weiter. Sie war nicht
immun gegen die düsteren Visionen, die ihre Freiheit überschatteten.
In ihre Gedanken hinein ertönte das Komsignal, und Mogurns Stimme störte ihre Einsamkeit. Jael, was ist los? Das Feedback hier drauÃen ist ziemlich dürftig. Es sieht nach einer Instabilität aus.
Die
Landschaft verwandelte sich zu Schwefel, und einbrennender Dunst stieg
zum Himmel empor. Sie versuchte, die Kontrolle wiederzugewinnen, den
jähen Ausbruch von Wut einzudämmen, der sie bei Mogurns Einmischung
übermannt hatte. Nichts ist los. Die Lage ist stabil, gab sie kurz angebunden zurück.
Sind Sie sicher?, grollte Mogurns Stimme in einem Winkel ihres Wahrnehmungsbereichs. Sie
stellte sich ihn vor, wie er auf der Brücke stand, gespannt die
Rigger-Station anpeilte und ihre ruhig daliegende Gestalt mit lüsternen
Blicken taxierte. Seine Stimme hallte körperlos durch das Netz, doch
sie spürte, dass er sich in ihrer unmittelbaren Nähe aufhielt. Sie
musste sich sehr anstrengen, um nicht das seelische Gleichgewicht zu
verlieren. Am liebsten wäre sie ihm ausgewichen, indem sie sich bis an
die äuÃerste Grenze des Netzes zurückgezogen hätte, doch sie widerstand
diesem Trieb; es hätte ihr ohnehin nichts genützt.
Es ist alles in Ordnung, betonte sie. Das Bild zeigte Anzeichen einer Desintegration. Die Ränder
der Landschaft wirkten unscharf, wie ausgefranst. Mogurns
Dazwischenfunken schuf möglicherweise eine gefährliche Situation. Das
Schiff fing an, in den entstehenden Turbulenzen zu rütteln. Vielleicht
konnte Mogurn es auf der Brücke nicht spüren, doch im Netz waren die
schüttelnden Bewegungen unverkennbar. Jael zog zusätzliche Energie aus
dem Fluxkern und versuchte, das Bild zu stabilisieren.
Ich verlasse mich auf Sie, erklärte Mogurn.
Ich weiÃ. Und nun möchte ich mich ohne weitere Störungen meiner Arbeit widmen!
Na schön. Aber später komme ich zurück und kontrolliere die Lage.
Jael
gab keine Antwort. Sie dachte fieberhaft nach, durchforstete ihre
Phantasie nach einer Möglichkeit, die Situation in den Griff zu
bekommen.
Weitere Kostenlose Bücher