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Im Hyperraum

Titel: Im Hyperraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. Carver
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Schließlich richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf den wilden
Horizont, wobei sie merkte, dass ihre Konzentrationsfähigkeit sich
tatsächlich gesteigert hatte. Ob es womöglich doch an dem Pallisp lag?
Der Horizont fing an zu bluten, ein karmesinroter Sonnenuntergang quoll
über die Bergkette und zog in eine Richtung, die sie sich als
Nordwesten vorstellte.
    Berge! Sie erschrak, als sie
diesen Begriff realisierte. Die Berge, über die sie und Mogurn
gesprochen hatten, mit der Auflage, sie unter allen Umständen zu
meiden. Schon von weitem hatte sie ihre Präsenz gespürt. Es war nur
eine Frage, wann sie sie erreichen und welche Form sie annehmen würden
– und wie sie ihnen ausweichen sollte, wenn das überhaupt möglich war.
Die Route durch die Berge führte auf kürzestem Weg zu ihrem
Bestimmungsort, Lexis, und mittlerweile wünschte sie sich nichts
sehnlicher, als diesen Flug so schnell wie möglich zu beenden. Doch
abgesehen von Mogurns Warnung existierten Berichte, die diese Route als
sehr gefährlich einstuften. Hier musste man mit heimtückischen
Strömungen rechnen. Und dann gab es da noch die Mär von den Drachen.
    Jael
schmunzelte bei dem Gedanken. Davor hatte Mogurn natürlich Bammel – vor
den Drachen. Unter den Riggern kursierten Legenden – und es handelte
sich um nichts anderes als Legenden –, die besagten, in den Bergen, die
sich an der Grenze zum Aeregianischen Raum auftürmten, hausten Drachen.
Echte, Feuer speiende Drachen, welche im Flux lebten, so wie Menschen
in einer normalen, mit Sauerstoff angereicherten Umgebung lebten und
atmeten. Damals, in der Rigger-Schule, hatte man über dieses Thema
diskutiert, und zwar mit derselben Skepsis, die man den Legenden über
›Gespensterschiffe‹, den ›Fliegenden Holländern‹ der interstellaren
Raumfahrt, entgegenbrachte. Kein Lehrer wollte beschwören, dass die
Drachen lediglich Hirngespinste waren, doch man wusste sehr wohl, was
die Ausbilder von diesen Geschichten hielten. Drachen gaben ein
herrliches Motiv für spannende Erzählungen ab, aber nicht einmal ein
Prozent aller Rigger und Ausbilder glaubte ernsthaft daran, dass sie in
Wirklichkeit existierten. Dennoch hielten sich diese Gerüchte
beharrlich und erhielten ständig neue Nahrung, wie es bei Gerüchten
üblich ist. In den Raumhäfen prahlten Rigger mit Schilderungen, wie sie
gegen Drachen gekämpft hätten; und manche behaupteten sogar, sie hätten
sich mit ihnen unterhalten. Aber Jael kümmerte sich weder um die
Geschichten von Riggern noch um die vorsichtig formulierten Dementis
der Rigger-Schule.
    Soweit sie wusste, gab es keine stichhaltigen Beweise, dass irgendetwas in den Bergen lebte – oder an einer anderen Stelle des Flux. Aber in
den Bibliothekshypnos hieß es, dieser spezielle Fluxkorridor schien den
hindurchfliegenden Riggern das Bild einer Gebirgslandschaft nachgerade
aufzuzwingen; und gelegentlich enthielt dieses Szenario Drachen oder
die Abbilder von Drachen.
    Vielleicht glaubten einige
Rigger, diese Drachen seien tatsächlich Lebewesen, die im Flux
beheimatet waren, doch Jael war noch nie jemandem begegnet, der diese
Geschöpfe aus eigener Anschauung kannte. Die Navigationshypnos der
Bibliothek beschrieben sie schlicht als ungewöhnlich plastische mentale
Bilder. Das bedeutete allerdings nicht, dass diese Erscheinungen
harmlos waren. Selbst imaginäre Drachen konnten ein Schiff gefährden,
falls ein Rigger sie für real hielt. Auf alle Fälle bedeutete es ein
Risiko, die Gebirgsroute zu wählen – und es erschien ungemein
verlockend.
    Aus genau diesem Grund hatte Mogurn sie
gewarnt, dessen war sie sich sicher. Aber er hatte ihr nicht strikt
verboten, ins Gebirge hineinzufliegen – und schließlich war sie der Rigger, nicht wahr? Sie und nicht Mogurn wählte die Bilder und die
Ströme des Flux, die sie an das angesteuerte Ziel bringen sollten. Er
durfte eine Route vorschlagen, doch die endgültige Entscheidung traf
sie. Und was sagten ihre Sinne ihr nun?
    Sie weitete ihr
Blickfeld aus und versuchte, die ferne Bergkette zu erspähen. Ihre
aufgewühlten Emotionen sorgten immer noch für Turbulenzen; sie
vermochte lediglich die gezackte Kette aus Berggipfeln zu sehen. Um
verwertbare Details zu unterscheiden, musste sie näher herangehen.
Vielleicht war das ganz gut so, trotz Mogurns Bedenken. Die hohen
Anforderungen, die dieser

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