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Im Hyperraum

Titel: Im Hyperraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. Carver
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zurückkehrte.
»Also gut. Es wird Zeit.« Weder in seiner Stimme noch in seinen Augen
lag eine Spur von Freundlichkeit. Doch beim Anblick des Pallisp wurde
Jael vor Ungeduld kribbelig. Sie fühlte sich deprimiert und einsam;
zwar verabscheute sie die Erkenntnis, doch sie verzehrte sich in
Vorfreude auf die Wonnen, die dieses Instrument in ihr erzeugte.
    Auf
Mogurns Zeichen hin beugte sie den Kopf nach vorn und schob ihre Haare
zur Seite. Aus dem Augenwinkel bekam sie mit, wie Mogurn den Arm
ausstreckte, sah den glänzenden Pallisp … und spürte die kühle
Berührung mit der Sonde. Sie fühlte, wie die Wärme des Pallisp sie mit
einer flirrenden Energie erfüllte, welche die hässlichen Empfindungen
von Entfremdung und Furcht einkapselte. Diese Kraft umschloss die
latenten, destruktiven Emotionen wie ein Strom aus fließendem Blut,
heilend, lindernd und eine allmähliche Änderung bewirkend. Ihre innere
Abwehr löste sich auf und machte einer wärmenden, tröstenden Liebe
Platz …
    Plötzlich empfand sie Eiseskälte. Jael
schwankte benommen, als eine Woge aus Todesangst sie überrollte und
alle anderen Gefühle davonschwemmte. Einen Moment lang war sie
desorientiert und in Panik. Ihre Gedanken verhedderten sich. Dann
vergegenwärtigte sie sich, dass der Pallisp deaktiviert worden war.
    Heftig
blinzelnd lehnte sie sich zurück, bemüht, nicht in Tränen auszubrechen.
Als Mogurn sie ansprach, sah sie ihn nur verschwommen. Den schimmernden
Pallisp in der Hand, rückte er ein Stück von ihr ab. »Das ist alles für
heute Abend, Jael. Sie müssen Gehorsam lernen, auch wenn Sie ein Rigger
sind.« Jael versuchte, sich unter seinen Blicken nicht in ein Häufchen
Elend zu verwandeln, doch sie verzweifelte vor Frustration, Ohnmacht
und ihrer Gier nach dem Pallisp. Langsam gewann sie ihre Fassung wieder
und nahm so etwas wie eine würdevolle Haltung an. Mogurn nickte. »Und
jetzt helfen Sie mir mit meinem Verstärker, Jael. Danach dürfen Sie
sich zurückziehen.«
    Sie gehorchte, obwohl sie vor Wut
am liebsten geschrien hätte. Mogurn nahm eine bequeme Position ein, sie
befestigte den synaptischen Verstärker an seinem Kopf und justierte die
Kontrollen. Als ihr Captain sich zu einer willenlosen Kreatur reduziert
hatte, mit einem blöden Grinsen dasaß und an sich selbst
herummanipulierte, suchte sie das Weite und flüchtete sich in ihre
Kabine.
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    I HRE G EDANKEN SCHIENEN DURCH DIE K ABINE ZU flattern wie Vögel an einem fernen Himmel. Einerseits kam der Raum ihr
vor wie ein grenzenloses Vakuum, in dem sie sich klein und unbedeutend
fühlte, gleichzeitig erschien er ihr als grimmige, klaustrophobische
Zelle, deren Wände sie zu zerquetschen drohten. Wie ein gefangenes Tier
pirschte sie durch die enge Kabine, ihren finsteren Gedanken
nachhängend.
    Immer wieder stellte sie sich die Frage,
warum Mogurn ihr das angetan hatte. Wieso machte er sie von diesem
Instrument abhängig? Zweifellos hatte er von der Sucht erzeugenden
Wirkung des Pallisp gewusst. Wollte er sie dadurch an sich binden,
damit sie bei ihm blieb, bis er sie von sich aus fortschickte?
Vermutlich. Sie dachte an die Bilder, die sie in seiner Kabine gesehen
hatte, rief sich die verzweifelten, gequälten Blicke der Rigger ins
Gedächtnis. Bin ich auch schon so weit?, überlegte sie. Käme sie
überhaupt noch von Mogurn los? Brächte sie den Mut auf, ihn bei der
ersten sich bietenden Gelegenheit zu verlassen?
    Und was
hatte es mit dem Versprechen auf sich, der Pallisp würde ihre
Fähigkeiten im Netz fördern? War das etwa auch eine Lüge? Gewiss, etwas hatte sie gespürt; doch handelte es sich tatsächlich um eine erhöhte
Sensitivität, oder lediglich um eine veränderte Perspektive in der
Wahrnehmung? Sie schloss nicht aus, dass der Pallisp wirklich ihre
Sinne im Netz schärfte; vielleicht lag dies gleichfalls in Mogurns
Absicht – er wollte nicht nur einen Sklaven, sondern obendrein einen
Rigger, der den Flux besser interpretierte und womöglich schneller und
geschickter flog, was bei seinen Aktivitäten als Schmuggler natürlich
von großer Bedeutung war. Doch für eine Optimierung seines Geschicks
zahlte der Rigger einen hohen Preis – er opferte seinen Geist und seine
Seele.
    Sie betrachtete sich im Spiegel und versuchte
festzustellen, ob ihr Gesicht sich verändert hatte. War sie dünner
geworden,

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