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Im Hyperraum

Titel: Im Hyperraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. Carver
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sah sie abgehärmt aus? Oder wirkte sie erfahrener und
kompetenter? Mit den Fingern kämmte sie sich das Haar und blies den
Atem aus. Großer Gott, wie sehr sie sich nach dem Pallisp sehnte … wie
sehr sie ihn brauchte. Sie wollte diese bittere Einsamkeit aus
ihrer Seele verjagen und durch eine liebevolle Wärme ersetzen. Fast
hätte sie einen Mord begehen können, um diese Wonnen zu erleben. Doch
nur Mogurn wusste den Pallisp zu handhaben, und ohne ihn war sie
hilflos.
    Sie dachte sich, ein Nebelbad könnte ihr
Linderung verschaffen. Nachdem sie sich davon überzeugt hatte, dass die
Kabinentür verriegelt war, entledigte sie sich ihrer Kleidung und
betrat die winzige Nebelzelle. Mit dem Ellbogen drückte sie auf den
Startknopf und schloss die Augen, als der Dampf aus den Wänden strömte
und sie in feuchtwarme, wirbelnde Schwaden hüllte. Seufzend ließ sie
sich von den sanften Dämpfen sauber schrubben, und sie öffnete erst
dann blinzelnd die Lider, als die feinen Tröpfchen versiegten und ihre
Haut prickelte.
    Vorsichtig strich sie mit den Händen
über ihren Körper. Sie atmete die klamme, ionisierte Luft ein und
genoss die Erfrischung. Als sie die Nebelzelle verließ, schnappte sie
sich ein Handtuch und rubbelte sich trocken. Dann zog sie ein paar weit
geschnittene Kleidungsstücke aus einer Schublade und schlüpfte hinein.
Obwohl sie schlafen wollte, fühlte sie sich angezogen sicherer.
    Im
Schneidersitz hockte sie auf ihrer Koje, grübelte, merkte, wie die Last
ihrer Sorgen sie niederdrückte. Sie dachte an ihren Vater und fragte
sich, ob er den Riggern, die in seinen Diensten standen, etwas
Ähnliches angetan hatte. Sie stützte das Kinn auf die angewinkelten
Knie und weilte in Gedanken bei Dap, der noch bis vor kurzem ihr
Vertrauen genoss. Seufzend löschte sie das Licht und streckte sich in
der Koje aus; nach einer Weile aktivierte sie das Schlaffeld, das sie
sachte ein wenig von der Matratze hochhob, um ihr beim Einschlafen zu
helfen.
    Doch sie wälzte sich von einer Seite auf die
andere, außerstande, Ruhe zu finden. Unentwegt kreisten ihre Gedanken
um Mogurn. Um Gaston's Landing, wo sie sich in ihrer Frustration dazu
hatte hinreißen lassen, diesen Flug anzutreten. Um Dap … und was sich
in jener Nacht im Traumlink ereignet hatte …
    Sein
hartnäckiges Beharren, sein kleines, aber bewusstes Täuschungsmanöver,
indem er ihr Vertrautheit und Verständnis versprach; sie entsann sich,
wie er ihr seine Freundschaft angeboten hatte, und ihr mit ernster
Miene zusicherte: »Einer kann direkt in den anderen hineinschauen,
unsere Seelen werden sich miteinander verbinden …«
    Dann
das goldene Glühen des Traumlink, die verführerische Wärme … die sie
verleitet hatte, ihr Herz zu öffnen und ihre Erinnerungen bloßzulegen.
Mit Schaudern dachte sie an Daps Reaktion auf ihre Nöte, wie er sich
von ihr abwandte und flüchtete …
    Sie
erinnerte sich an ihren stummen Schmerzensschrei, und wie sie ihren
Kummer gepackt und eingekapselt hatte, damit er sie nie wieder quälen
konnte …
    Zum Schluss landete sie in
Gedanken wieder in der Rigger-Halle, sie sah sich selbst, wie sie auf
Teufel komm raus einen Auftrag ergattern wollte … dabei Mogurn traf,
der ihr eine Chance bot … und den Pallisp.
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    S IE RISS SICH AUS IHREM DUMPFEN B RÜTEN und kehrte in die Realität zurück, in ihre fast dunkle Kabine. Ein
kleines, auf die niedrigste Stufe eingestelltes Licht schimmerte matt.
Offenkundig fand sie keinen Schlaf. Sie konnte den Pallisp nicht
vergessen, und wie grausam Mogurn die Behandlung unterbrochen hatte.
Und der Pallisp war das Einzige, was jetzt ihre Sorgen und Ängste hätte
beschwichtigen können. Nur mit seiner Hilfe vermochte sie sich noch zu
entspannen.
    Ein letzter Ausweg wäre das Netz.
    Sie
setzte sich hin und dachte lange über diese Lösung nach. Natürlich
konnte sie jetzt ins Netz gehen. Es war der einzige Ort, an dem sie
ihre Empfindungen umformen, sie in Bilder verwandeln und sublimieren
konnte. Bittere Gefühle im Netz freizusetzen war nicht ganz
ungefährlich, doch wäre es nicht weitaus riskanter, sie in sich
hineinzufressen, bis sie sich irgendwann einmal explosionsartig Bahn
brachen? Einmal hatte Mogurn sie schon wegen ihres Ungehorsams
bestraft; er würde vor Wut toben, wenn sie ins Netz ginge, während er
sich mit virtuellen Wonnen

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