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Im Hyperraum

Titel: Im Hyperraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. Carver
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Vergebens versuchte sie, ihren Kummer zu unterdrücken.
    Im nächsten Moment flüsterte Highwing, als spräche er zu sich selbst: Ehe alles vorbei ist, wird noch viel Leid geschehen. Aber vielleicht sollten wir uns jetzt nicht damit beschäftigen.
    Sie
hörte kaum hin, denn plötzlich kreisten ihre Gedanken um ihr Schiff und
um ihre Pflichten als Rigger. Sie konnte kaum glauben, wie ihr geschah.
Nichts in ihrer gesamten Ausbildung hatte sie auf eine derart abstruse
Situation vorbereitet. Aber hatte sie überhaupt eine Wahl? Sie weilte
im Reich der Drachen und konnte jederzeit von diesen wilden Geschöpfen
attackiert werden. Es erschien ihr das Klügste zu sein, wenn sie sich
mit einem Drachen zusammentat, der ihr offenbar wohlgesonnen war.
Schließlich fragte sie: Was genau hast du mit mir vor?
    Der
Drache zuckte mit den Lidern und dämpfte kurz den Glanz seiner Augen;
der Vorgang erinnerte Jael an das Dimmen von Signalleuchten eines
Schiffs auf hoher See. Schwing dich auf meinen Rücken. Vorsichtig drehte er sich auf der schmalen Felsenklippe um und duckte sich nieder.
    Nach
kurzem Zögern kletterte Jael auf den massigen Leib und setzte sich
rittlings auf den Halsansatz, vor die Gelenke der riesigen Schwingen.
Sie atmete tief durch und klammerte sich an den geschuppten Nacken.
    Festhalten, rief Highwing und sprang mit einem mächtigen Satz in die Nacht.

Kapitel 10
    D IE W AHRHAFTIGKEIT EINES D RACHEN
    D ER W IND WISPERTE IN IHREN O HREN und strich seufzend durch ihr Haar. Schwindelig vor Verwirrung,
Erleichterung, Furcht und Unsicherheit klammerte sie sich an den
Drachen. Anfangs fand sie die schiere Kraft seiner Schwingen
beängstigend, doch nach einer Weile übten die gleichförmigen Bewegungen
eine beruhigende Wirkung auf sie aus. Instinktiv streichelte sie seine
schuppige Haut, die sich hart und glatt wie Seide anfühlte.
    Das tut gut, gleich hinter den Ohren ist es am schönsten, stöhnte Highwing genüsslich.
    Jählings hörte sie mit dem Streicheln auf. Ich wollte nicht aufdringlich sein, murmelte sie.
    Highwing
kicherte und legte sich schräg, sodass sie die Landschaft drunten sehen
konnte. In geringer Höhe flogen sie über das gebirgige Gelände; dunkle
Schluchten und Felsnadeln huschten vorbei, im diffusen Mondlicht nur
schwer auszumachen. Plötzlich kippte Highwing zur anderen Seite und
ging in einen rasanten Sturzflug. Atemlos krallte sich Jael an ihm
fest. In der Tiefe öffnete sich ein Tal, gefleckt von einem unruhigen
Muster aus Schatten und Mondschein. Sie spähte an Highwings Kopf
vorbei, bemüht, Einzelheiten zu erkennen. Wohin fliegen wir?, rief sie. Als Antwort rülpste der Drache eine Flammengarbe aus.
    Einen
kurzen Moment später verlangsamte er sein Tempo. Sie näherten sich
einem Gebilde, das aussah wie ein breiter, sich bauschender, halb
durchsichtiger Vorhang, der mitten in der Luft hing, ein Schleier aus
funkelndem Nebel. Highwing glitt direkte in ihn hinein. Jael fühlte den
kühlenden Dunst auf ihrem Gesicht, und ein scharfer Geruch stieg ihr in
die Nase.
    Eine Art Benommenheit packte sie, ihr war
zumute, als legten sich Schlingen aus Zeit und Dimensionen um sie,
reichten in sie hinein und zogen sich dann zusammen – ein ähnliches
Gefühl, wie wenn sie von einer Ebene des Flux in eine andere
hinüberglitt. Dies war höchstwahrscheinlich nicht der Fall; doch
irgendetwas passierte, und dieser Vorgang schien typisch zu sein für
diesen Ort, diese Gefilde des Flux; es hatte mit dem Drachen und mit
seinen eigentümlichen Kräften zu tun.
    Durch die
wabernden Nebelschwaden erhaschte sie hin und wieder einen Blick auf
finstere Steinwände, an denen sie entlangflogen; sie standen so dicht
beieinander, dass sie den Drachen beinahe einzuschließen drohten. Sie
wusste nicht, wie weit sie bereits geflogen waren oder welche Richtung
sie einschlugen; auch hatte sie jedes Zeitgefühl verloren. Schlagartig
verschwand der Nebel, und über ihnen spannte sich ein herrlich klarer,
gestirnter Himmel. Unter ihnen spreizte sich eine Bergflanke, und im
Sinkflug steuerten sie eine Stelle an, die wie ein halb verborgenes Tal
aussah und einen goldenen Lichtschein in die Nacht schickte.
    Ich muss träumen, dachte sie. Meine eigene Phantasie erzeugt dieses Bild. Nichtsdestoweniger wusste sie, dass dem nicht so war.
    Highwing
folgte einem abwärts führenden Pfad aus glitzerndem Staub, der in der
Luft

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