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Im Hyperraum

Titel: Im Hyperraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. Carver
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mit Bestimmtheit? Dieser Tage ist auf nichts mehr Verlass. Er legte eine gedankenschwere Pause ein. Doch
ein Gerücht besagt, es gäbe da jemanden, der wie ein entfesselter Dämon
durch diese Gefilde reist. Mehr weiß ich auch nicht. Aber …
    Er brach ab, als ein ferner Chor grollte: Highwing … Highwing … worauf wartest du noch?
    Highwing reckte den Hals und trompetete mit voller Lautstärke: SIE GEHÖRT MIR! LASST UNS IN RUHE! Abschließend fauchte er eine lodernde Flammengarbe aus.
    Höhnisches
Gelächter antwortete ihm. Doch die anderen Drachen schienen sich zu
entfernen. Jael beobachtete sie voller Unbehagen. Sie wandte sich an
Highwing. Du glaubst also, ich gehöre dir?
    Qualm kräuselte sich aus den großen Nüstern. Lass es mich so ausdrücken – ich fürchte, dass du mir gehörst, entgegnete er mit offenkundigem Widerstreben. Etwas stimmt hier nicht, Person mit Namen Jael. Anscheinend kamst du in aller Unschuld hierher. Wie die Worte es prophezeien.
    Die Worte?
    Ja, die Worte. Die Überlieferung. Die Weissagung. Der Iffling fühlte sich bemüßigt, mich daran zu erinnern … Er seufzte abermals, dann hob er jählings den Kopf, wie um einen Gedankengang zu unterbrechen. Indem
ich dich verschonte, verstieß ich bereits gegen alle Regeln. Ich tat
das schier Undenkbare. Wie es scheint, konnte ich gar nicht anders.
Andernfalls könnten die Mächte siegen, die das Reich vernichten wollen. Jael versuchte, ihm ins Wort zu fallen, doch mit tiefer Stimme sprach
er unbeirrt weiter; es kam ihr vor, als dränge es ihn,
unzusammenhängende Gedankenfetzen zu äußern, wie sie ihm gerade in den
Sinn kamen. Ahh, und ich fühle noch etwas … eine andere Macht, die
Böses bewirken will. Ein Unheil droht, doch es richtet sich nicht gegen
mich oder gegen das Reich. Diese Niedertracht – steckt in dir drin,
Jael. Wie seltsam! Er klappte die Lider zu und öffnete sie wieder. In seinen Augen lag ein Ausdruck der Überraschung. Vielleicht sind es auch mehrere Facetten der Heimtücke, die sich in dir verbergen. Ich vermag es nicht deutlich zu erkennen. Rasselnd schöpfte er Atem, derweil er irgendeinen inneren Kampf auszufechten schien. Beinahe fürchte ich mich, dir diese Frage zu stellen, aber … möchtest du mir nicht erzählen, was es ist?, gab er schließlich von sich.
    Jael verspürte ein wachsendes Gefühl von Surrealität. Das Gefasel des Drachens ergab für sie keinen Sinn. Was soll ich dir erzählen …?
    Was dich bekümmert. Dich bedrückt.
    Ich habe dir nichts mitzuteilen, entgegnete sie ein wenig benommen. Außer, dass du dich um deine eigenen Angelegenheiten kümmern solltest. Seine Beharrlichkeit machte sie langsam mürbe. Jedes Mal, wenn er sie
anschaute, fühlte sie sich nackt, als sähe er mitten in ihr Herz, könne
all ihre Unzulänglichkeiten erkennen.
    Du sagtest mir, wie du heißt, und ich nannte dir meinen Namen, beschied sie der Drache in gekränktem Ton, als sei dies eine allumfassende Erklärung. Du
schlugst diese Bindung vor, und für mich war es eine Ehre, darauf
einzugehen. Ich gewährte dir ein Privileg, und ich hoffe doch sehr,
dass du es nicht missbrauchst. Du darfst mir ruhig vertrauen.
    Nachdem du mich belogen hast und versuchtest, mich zu töten?
    Zu der Zeit lagen wir noch miteinander im Streit. Ich wusste nicht, dass du vielleicht – jemand ganz Bestimmtes bist. Er machte eine Pause und grummelte ein Wort, das sie nicht verstand. Na ja, auf jeden Fall kam es nicht unerwartet.
    Für mich war bis jetzt alles eine Überraschung.
    Der
Drache glotzte sie schweigend an. Während die Stille andauerte, sagte
sie sich, dass sie unbedingt aufbrechen musste. Aber etwas in ihr
wollte nicht gehen, und diese Empfindung verdrängte sogar ihre Furcht
vor den anderen Drachen. Sie war begierig, ihre Unterhaltung mit
Highwing fortzusetzen, noch mehr von ihm zu erfahren. Gewiss, er redete
von Dingen, die sie nicht verstand. Doch es klang beinahe so, als hätte
er mit ihrer Ankunft in seinem Reich gerechnet. Als sei sie angekündigt
worden. Unter beträchtlicher Rauchentfaltung räusperte sich der Drache
ausgiebig und geräuschvoll. An einer Stelle riss die Wolkendecke auf,
und über den Berggipfeln glitzerten Sterne. Sehnsüchtig schaute Jael
sie an und dachte an ihren Traum – zwischen den Sternen zu fliegen.
Aber genau das tat sie nun.

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