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Im Hyperraum

Titel: Im Hyperraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. Carver
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schwebte. Der funkelnde Wegweiser führte in einen lichten Wald –
ein höchst merkwürdiger Ort, an dem schimmernde Leuchtkugeln im Geäst
der Bäume hingen. Die Bäume selbst wirkten absonderlich! Etwas
Derartiges hatte Jael noch nie gesehen. Manche besaßen graziös nach
oben geschwungene Zweige und kelchförmige Blätter; andere ließen lange
violette Ranken herunterhängen, die sie an Trauerweiden auf dem
Planeten Erde erinnerten. Es gab Bäume mit runden silbernen Blättern
und kleinen glühenden Sphären, die Früchte sein konnten oder Lampions.
Wohin das Auge reichte sah man eine Überfülle an blühenden Sträuchern,
ausgestattet mit extravaganten, Licht abstrahlenden Blüten.
    Es ist real, erklärte Highwing, der vielleicht ihre Gedanken las, während er im
Tiefflug unter einen glänzenden, gebogenen Baldachin abtauchte, der
eine Lücke zwischen den Bäumen überspannte. Hauchzarte Fäden kreuzten
sich zu ihren Häuptern, als sie durch einen langen, von dunklen Bäumen
flankierten Pavillon schwebten. Der Drache bewegte kaum die Flügel; mit
der Leichtigkeit eines Geistes wehten sie durch die Nacht. Für mich ist dies … ein ganz besonderer Ort, murmelte Highwing. Ein Ort der Macht und der Erinnerungen. Kein Fremder hat ihn bis jetzt gesehen. Gefällt er dir?
    Er ist wunderschön, hauchte Jael. Fasziniert schaute sie um sich, als sie aus dem Pavillon
auftauchten. Zur Linken plätscherte ein kleiner Wasserfall und ergoss
sich in einen von Sternen beglänzten Teich. Mehrere skurril anmutende
Kreaturen mit spindeldürren Beinen standen am Rand des Wassers und
stillten ihren Durst. Sie spürte einen jähen Luftzug, gewahrte ein
zittriges Licht. Meldete sich wieder dieses sonderbare Wesen – der
Iffling? Nein. Sie erkannte einen Drachen, doch sein Leib war
transparent und glänzte, als sei er nicht wirklich stofflich. Es
schien, als spiegelte sich das Mondlicht auf seinen Schuppen, obwohl
zurzeit kein Mond am Himmel stand. Seine Augen flackerten orangerot und
fixierten sie und Highwing. Jael glaubte, den Drachen sprechen zu
hören, die Stimme schwebte als gedämpftes Knurren durch die Luft. Worte
konnte sie nicht verstehen, doch der Tonfall verriet eindeutig
Unzufriedenheit oder Groll, und aus irgendeinem Grund ließ er sie
erschauern.
    Aus Highwings Kehle grummelte eine Antwort.
Auch diesen Lauten vermochte sie keinen Sinn zu entnehmen; es klang wie
fernes Donnergrollen. Die beiden Stimmen prallten aufeinander und
versetzten die Luft in Schwingungen. Jael spürte, dass hier zwischen
diesen beiden Geschöpfen ein Machtkampf im Gange war – ein gefährliches
Kräftemessen, denn einer wollte dem anderen seinen Willen aufzwingen.
Plötzlich trat wieder Stille ein; sie blinzelte verdutzt, doch der
andere Drache war fort. Nichts deutete mehr auf seine Anwesenheit hin,
lediglich in ihrem Kopf hallte ein Summen nach, das ihre Sinne
benebelte. Sie atmete tief durch. Was war das?
    Hm?, fragte Highwing.
    Wer war … dieser Drache …?
    Vergiss ihn. Ein unbedeutendes Ärgernis im Unteren Reich. Sei unbesorgt.
    Es hörte sich aber nicht nach einer Bagatelle an!
    Wir hatten einen kleinen Disput, weiter nichts. Der Drache schüttelte den Kopf wie ein Pferd. Du brauchst dir wirklich keine Sorgen zu machen. Er schwieg ein Weilchen. Dann fuhr er fort: Jael, sieh dir diesen Ort aufmerksam an.
    Jael betrachtete den Garten und den Teich mit dem Wasserfall.
    Dies ist nicht nur ein Garten. An diesem Ort werden wir beide mehr voneinander erfahren.
    Er ist phantastisch, bekannte sie leise. Aber warum brachtest du mich hierher? Und ich möchte wirklich wissen, worüber du dich mit dem anderen Drachen gestritten hast.
    Highwing
nahm sich Zeit mit der Antwort. Reglos und stumm lag er in der Luft, um
plötzlich den Hals nach hinten zu drehen und Jael mit einem seiner
großen, grünen Augen anzustarren. Kleines – immerzu stellst du mir Fragen! Ich wünschte, ich könnte mich an deinen Namen erinnern? Wie lautet er?
    Jael, gab sie steif zurück. Dann sah sie den Funken in seinem Auge blitzen
und wusste, dass er sie neckte. Vor Verlegenheit stieg ihr die Röte ins
Gesicht.
    Kleine Jael, sagte der Drache.
    Hör auf, mich ›klein‹ zu nennen!
    Der Drache erbebte; unter ihr kräuselten sich seine Schuppen. Aber du bist klein – jedenfalls physisch. Wenn wir Freunde sein wollen,

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