Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Hyperraum

Titel: Im Hyperraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. Carver
Vom Netzwerk:
zu helfen. Du hast dein Versprechen gehalten. Aber anfangs glaubte ich dir nicht. Sie spürte eine Anwandlung von Scham, und Tränen netzten ihre Wangen. Highwing,
ich verstehe so vieles nicht. Deine Welt ist mir so fremd, so
unbegreiflich. Dasselbe gilt für dich. Kann ich dir vielleicht
irgendwie helfen, so wie du mir geholfen hast? Ich möchte nicht ohne
eine Gegengabe von dir gehen, Highwing. Was kann ich für dich tun?
    Manchmal müssen sich Freunde eben trennen, erwiderte der Drache mit weicher Stimme. Und was dein Angebot betrifft … mir scheint, du hast mir schon sehr geholfen.
    Verwirrt und traurig streichelte Jael seine Schuppen. Wie denn, Highwing?
    Der Drache versank in ein nachdenkliches Schweigen. Wir beide leben in sehr verschiedenen Welten, erklärte er nach einer Weile, ohne ihre Frage direkt zu beantworten. Jede
ist mit ihren eigenen Problemen behaftet. Aber du warst meine Freundin.
Und nun musst du dir Freunde in deiner Welt suchen. Das ist der Lauf
der Dinge, nehme ich an.
    Jael fehlten die Worte. Ihr fiel keine Entgegnung ein.
    Aber ich werde hier sein und an dich denken. Noch nie zuvor hat ein Drache einen Rigger wie dich getroffen. Highwings kraftvolle Stimme klang plötzlich brüchig, und er legte eine Pause ein. Die Erinnerung an unsere Begegnung werde ich hüten wie einen kostbaren Schatz, setzte er schließlich hinzu.
    Jael
weinte, und es dauerte lange, bis ihre Tränen trockneten. Auf die
Frage, die sie tief in ihrem Herzen quälte, hatte sie immer noch keine
Antwort gefunden. Wie sollte sie die fürchterliche Einsamkeit
bekämpfen, die sie bereits jetzt umhüllte?
    Der Pallisp
driftete in ihre Gedanken, und energisch schob sie die Vorstellung
beiseite. Nein, der Preis für diese Art von Trost war zu hoch. Die
Erkenntnisse, die Highwing ihr verschafft hatte, waren besser als die
flüchtige Befriedigung durch den Pallisp. Besser als Mogurns primitive
Weltsicht oder seine autistische Isolation mithilfe des synaptischen
Verstärkers. Highwing hatte ihr gezeigt, was echte Weisheit bedeutete.
    Von nun an wird sich für mich vieles ändern, murmelte sie hoffnungsvoll in den Wind.
    Highwing hörte sie und antwortete: Für mich ebenfalls, Jael. Es klang glücklich und sorgenvoll zugleich; etwas, von dem sie keine Ahnung hatte, schien ihn zu bedrücken. Nie
wieder könnte ich gegen einen Rigger kämpfen, ohne an dich denken zu
müssen. An die Person, die mir ihren Namen nannte – und der ich meinen
Namen verriet.
    Wirst du denn wieder gegen Rigger kämpfen?
    Ich denke nicht, Jael. Ich denke nicht. Ich … weiß nicht, was aus mir werden soll – und aus den anderen Riggern.
    Schweigend
flogen sie weiter. Er hatte ihr nicht anvertraut, wie die anderen
Drachen auf seine Freundschaft mit ihr reagierten. Und nun scheute sie
davor zurück, ihn zu fragen. Sie ertappte sich dabei, wie sie in
Gedanken seinen vollen Namen wiederholte: Windrush-Wingtouch-Highwing –
der Schrecken des Letzten Gipfels … ein Name, den sie nie vergessen und
immer voller Hochachtung wertschätzen würde.
    Die Vorberge lagen bereits unter ihnen. Highwing, sollte ich je wieder diese Route fliegen, wie kann ich dich finden?
    Der Drache atmete tief ein und stieß jählings eine Stichflamme aus. Hüte
dich vor den anderen Drachen. Aber verlass dich darauf, dass ich nach
dir Ausschau halten werde. Du brauchst nur ›Freundin von Highwing‹ zu
rufen, und ich werde dich hören, auch wenn das gesamte Gebirge zwischen
uns liegt.
    Jael glaubte zu spüren, wie die Erde
drunten plötzlich bebte, und sie fragte sich, was die Ursache dafür
sein mochte. Hüte dich vor den anderen Drachen … Sie zitterte vor
Emotionen. Nun lass uns Höhe gewinnen und im Sonnenschein Abschied nehmen.
    Der
Drache folgte ihrer Bitte, schwang sich nach oben, in Richtung des Sees
aus Kristall, in dem die beiden untergehenden Sonnen glühten. Jael
beugte sich zusammen mit Highwing in den Wind, erlebte, wie der scharfe
Luftzug ihre Wangen verbrannte und in ihren Haaren wühlte, ließ es zu,
dass der funkelnde, himmlische Ozean über ihren Köpfen sich in ihre
Augen und in ihr Herz ergoss. Als sich die Zwillingssonnen unter den
Horizont schoben, überzog ihre flammende Farbenpracht das Firmament.
Inmitten der Wolkenbänke öffneten sich Rinnen, Licht strömte in breiten
Strahlen hindurch und regnete auf Highwing und Jael herab. Sie

Weitere Kostenlose Bücher