Im Hyperraum
glitten
an einem der Sonnenstrahlen hinauf, tauchten ein in das kristallene
Meer, in dem Wirbel aus grellbunten Farben kreisten und die Strömungen
des Flux sich in mächtigen Adern oder haarfeinen Strähnen bewegten. Sie
wusste, dass Highwing sie an diesem Ort verlassen würde, denn hier
endete das Reich der Drachen.
Highwing erschauerte, und
sie bildete sich ein, leises Weinen zu hören. Der Drache prustete
gewaltige Wolken aus Qualm und Funken aus, und eine einzige, gleiÃende,
sich aufblähende Flamme. Jael streichelte ein letztes Mal seinen Hals,
denn streckte sie die Hände in den Weltraum und verwandelte sie in
groÃe Flughäute, mit denen sie die Bänder aus Licht berührte. Lebe wohl, Highwing!, rief sie leise, lieà die Worte ganz sachte über ihre Lippen strömen.
Lebe wohl, Jael!, entgegnete der Drache. Er zog einen Kreis, und plötzlich ritt Jael
nicht länger auf seinem Rücken, sondern befand sich wieder als Rigger
in ihrer Station. Highwing ging in Schräglage, flog einmal um sie
herum, wobei er als letzten Abschiedsgruà eine lange, dünne Rauchfahne
ausatmete. Dann drehte er in einem spitzen Winkel ab und stieà im
Sturzflug nach unten.
Jael schaute ihm hinterher, kämpfte mit den Tränen, derweil er in seine eigene Welt entschwand. Freundin von Highwing!, schrie sie. Ihre Stimme brach sich an den Sonnenstrahlen, hallte an
ihnen hinunter; vielleicht bildete sie es sich nur ein, doch es schien
ihr, als hörte sie Highwing tief drunten lachen. Danach blickte sie
nach vorn, wobei sie wusste, dass ihre Tränen noch eine geraume Zeit
lang flieÃen, irgendwann jedoch versiegen würden. Sie spähte
angestrengt in den wild wogenden Himmel, forschte nach den Strömungen,
die sie und das Schiff zum angesteuerten Sternsystem bringen würden,
Lexis, wo ihre Reise im Normalraum zu Ende ginge. Sie fing an zu
planen, wie sie Mogurn beibringen sollte, dass sie ihn und den Pallisp
endgültig verlassen würde. Während sie überlegte, lachte und weinte sie
gleichzeitig; schlieÃlich konzentrierte sie sich wieder auf den Himmel.
Ich
komme zurück, Highwing, dachte sie. Dann sehen wir uns wieder. Im
nächsten Moment entdeckte sie den Lichtstreif, nach dem sie gesucht
hatte, fing ihn mit ihren membranbewehrten Händen ein, und steuerte das
Schiff in eine hohe, schnelle Strömung.
Zweiter Teil
EIN
RIGGER-FREUND
Kapitel 12
K ONFRONTATION
D IE B ERGE LAGEN WEIT HINTER IHR ,
als sie endlich die Stabilisatoren setzte und sich rüstete, das Netz zu
verlassen. Doch sie kletterte nicht sofort aus der Rigger-Station; im
Gegenteil, um ein Haar hätte sie die Stabilisatoren wieder gelöst und
wäre zum aktiven Fliegen zurückgekehrt, so sehr widerstrebte es ihr,
sich aus dem Netz zu begeben. Am Ende gestand sie sich ein, dass ihr
gar keine Wahl blieb; sie konnte nicht auf ewig im Netz verweilen, und
Mogurn hatte sie bereits zweimal gestört und nach der Situation des
Schiffs gefragt.
Dennoch kam sie nicht umhin, wehmütig
nach achtern zu blicken, wo das Reich der Drachen längst auÃer Sicht
war. Tief Luft holend, richtete sie ihre Aufmerksamkeit nach vorn, in
die klare, goldene Atmosphäre und auf die winzigen Flecken, die ferne
Sternsysteme anzeigten. SchlieÃlich zog sie sich aus dem Netz zurück.
Mogurn
gluckte paffend in seiner Kabine. Bei ihrem Eintreten rührte er sich
kaum; sein Blick heftete sich auf das Wandhologramm neben der Tür. Jael
fürchtete sich beinahe, den Kopf zu drehen und sich anzuschauen, was
das Holo darstellte, doch als Mogurn sich nicht regte, fasste sie sich
ein Herz und schaute hin. Das Hologramm wies kein Bild auf, es war
leer, ein konturloser graugrüner Raum, einem Fenster gleich, welches
sich zu einem unendlich tiefen Ozean öffnete. Ihr schauderte ein wenig,
und sie fragte sich, wieso Mogurn so still dasaÃ, was er sehen mochte,
wenn er auf das nichtssagende Hologramm glotzte. Sein Scheitern? Seinen
Tod? Vielleicht wollte sie es gar nicht so genau wissen. Mit
zusammengekniffenen Lippen wandte sie sich an ihren Captain.
Mogurn gab nicht zu erkennen, dass er von ihr Notiz nahm. Er nuckelte an seiner Pfeife, und Rauch kräuselte sich um seinen Kopf.
»Das
Schiff ist auÃer Gefahr«, meldete Jael ruhig. »Die Berge haben wir
hinter uns. Ich rechne damit, dass wir in wenigen Tagen in die letzte
Strömung eintauchen werden, die uns ins Lexis-System führt.
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