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Im Hyperraum

Titel: Im Hyperraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. Carver
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noch etwas mehr anstrengen!, flehte sie, obschon sie wusste, dass es nichts nützte. Sie verlangte das Unmögliche von ihm.
    Grrachen!
    Dann
überstürzten sich die Ereignisse. Wie aus dem Nichts stürmten Drachen
von allen Seiten herbei und umringten den Delta-Gleiter und Highwing.
Dann brüllte eine vertraute Stimme: Du hast ihn aus dem Reich der Stasis zurückgebracht! Es war Windrush, der aus seinem maßlosen Erstaunen keinen Hehl machte.
    Windrush, kannst du helfen …?
    Ihre
Bitte war überflüssig, denn Windrush flog bereits unter seinem Vater.
Sie erschauerte, als die beiden Drachen in der Luft zusammenprallten,
und einen Moment lang fürchtete sie, alle beide würden sterben. Aber
Windrushs Kräfte reichten aus. Er fing Highwing mit seinem Rücken ab,
wobei er unter der Wucht des Aufpralls ein lautes Gebrüll ausstieß. Den
Sturz vermochte er nicht aufzuhalten, doch er bremste ihn ab. Mit Mühe
gelang es Highwing, die Schwingen so weit zu strecken, dass er sich
allein in der Luft halten konnte. Endlich merkte man ihm wieder einen
Hauch seiner früheren Pracht an. Windrush-sh-sh, seufzte er mit bebender Stimme.
    Jael näherte sich ihnen.
    Dein letzter Flug … soll voller Stolz sein …, ächzte Windrush.
    Ja. Highwing blies Qualmwolken aus den Nüstern, die jedoch sofort vom Wind
davongetragen wurden. Als Jael Windrushs Worte hörte, glaubte sie, ihr
Herz stünde still. Highwings Blicke richteten sich auf sie. Gemeinsam
setzten sie den Sinkflug fort, wobei in den Augen des Drachen ein Rest
seines alten Feuers sprühte. Und flüchtig spürte sie seine Präsenz in
ihren Gedanken.
    Jael …
    Highwing, schaffst du es? Kannst da fliegen?, flüsterte sie.
    Sie
vernahm etwas, das wie ein Lachen klang, indessen angefüllt war mit
Schmerzen und Sorgen, mit Freude und einem undefinierbaren
Drachengefühl. Dann hörte sie: Kleine Jael … nur noch ein einziges Mal werde ich fliegen … Die Stimme brach ab mit einem Geräusch, das sich anhörte, als wehte
helles Glockengeläut über eine Wasserfläche. In diesem Moment füllte
sich ihr Bewusstsein mit Bildern von ihrer ersten Begegnung, und sie
wusste, dass sie seine Erinnerungen sah.
    Es folgten
Bilder aus dem Reich der Drachen: Sie sah die sterbende Skytouch,
Freunde gingen und Söhne wandten sich von ihrem Vater ab; Einkerkerung
und Terror, eine grausam strahlende, fremde Sonne; Bilder von Triumph
und eine Aussicht auf Sieg und Vergeltung.
    Und Jael wusste, was Highwing wiederum sah: Erinnerungen an ihren Vater, Akzeptanz und Verzeihen. Dann sagte der Drache: Du hast mich gerettet … uns beide hast du gerettet … damit ich mit Würde aus diesem Leben scheide … kleine Jael. Wieder vernahm sie das Lachen, das eigentlich keines war, und die Drachen veränderten die Art und Weise ihres Fliegens.
    Sieh nur, staunte Ar.
    Highwing
breitete seine Schwingen über die Flügel von Windrush aus. Sie spürte,
wie sehr ihn diese Bewegung anstrengte, wie viel Kraft sie ihn kostete.
Indem sich die im Sonnenlicht silbern glänzenden Schwingen spreizten,
fingen sie geschickt den Wind ein. Ein Flammenstoß fauchte aus seinem
Maul, und er hob sich von Windrushs Rücken ab.
    Jael
befürchtete schon, er könnte abermals zu Boden stürzen, doch aus
irgendeiner inneren Quelle schöpfte er neue Kraft, und obwohl er
gefährlich schwankte, kämpfte er sich in einen Steigflug. Als Jael sich
verzweifelt abmühte, ihn zu verfolgen, drehte er den Kopf zu ihr um;
seine Augen glühten, und wie magisch zog er ihre Blicke an. Dann rief
er mit einer Stimme, die trotz seiner Agonie klar und deutlich klang: Lebt wohl, Windrush … Rigger Jael! Sein feuriger Atem blies Qualm und Funkenströme aus, und er brüllte: Ruf nur ›FREUNDIN VON HIGHWING‹ … und ich werde dich hören … Ehe er den Satz beenden konnte, verwandelte er sich und wurde transparent.
    Sonnenlicht
brach sich in ihm und verströmte eine gleißende Helle; einen Augenblick
lang war er ein Drache aus lebendigem Kristall. Lebendigem Glas.
Lebendigem Licht. Und plötzlich war er verschwunden.
    Lebe wohl, Highwing …, wisperte Jael mit erstickter Stimme. Eine Weile weinte sie hilflos, ehe
sie tief Luft holte und wütend in den leeren Wind hineinschrie: »FREUNDIN VON HIGHWING!« Sie glaubte, aus dem Wind ein Lachen zu vernehmen, angefüllt mit Freude
und Sorgen.

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