Im Hyperraum
Sträucher. Ein Ast neigte sich kaum wahrnehmbar vor, um die Berührung zu erwidern. Er schien aus einem grünlich braunen Stein zu bestehen, aber er fühlte sich kühl, feucht und elastisch an. Einen Moment lang hätte er schwören können, der Ast flüstere ihm etwas zu. »Steinpflanzen, wie?«, murmelte er. Kopfschüttelnd setzte er seinen Weg fort. Die Steinpflanzen zitterten, als er an ihnen entlangging; sie reagierten auf seine Gegenwart mit sanften, ondulierenden Bewegungen.
Der Garten war weitläufig, und der Pfad schlängelte sich in vielen Windungen hindurch. Die Luft duftete süß, die Sonne schien hell, und trotz seiner Sorge um seine Reisegefährten und das Schiff, entspannte sich Panglor allmählich. Er fand, diese friedvolle Umgebung sei ein gewisses Maß an Bestürzung wert. Ein Stück weiter vorn bog der Pfad in einem scharfen Knick nach rechts ab, umrundete einen drolligen Busch, der aussah wie ein Muffin mit zwei Hörnern, und seufzend marschierte er weiter.
Jählings blieb er stehen. Das Blut wich ihm aus dem Gesicht. Der nächste Busch war ein ein Meter hoher Polyp mit einem glatten Kopf. Darauf lag, reglos und schlaff, LePiep. Ihre Flügel waren leicht gespreizt, die weit geöffneten Augen starrten ins Leere. Von ihm nahm sie keinerlei Notiz. Einen Moment lang vermochte sich Panglor nicht vom Fleck zu rühren, es verschlug ihm die Sprache, und er bekam kaum Luft. Er wusste nicht, ob LePiep lebendig war oder tot. So reglos lag sie da, dass er nicht einmal den leisesten Atemzug an ihr bemerkte.
Die Starre fiel von ihm ab, er schluckte und ging weiter, gegen Wut und Tränen ankämpfend. Sie musste tot sein – er hatte seinen einzigen Freund verloren. Beim dritten Schritt – als hätte er eine unsichtbare Barriere durchquert – schlug ihm eine Woge aus Elend und Verzweiflung entgegen.
Sein Herz bibberte vor Aufregung – dann tat es einen Freudensprung. »Peep!«, rief er und stürmte auf sie zu.
Lustlos hob LePiep den Kopf und strahlte eine Welle von Kummer ab. Plötzlich begriff Panglor, was los war. Sie hatte ihn aufgegeben, nicht mehr geglaubt, dass sie sich noch einmal wiederfinden würden, und sich hingelegt, um zu sterben – wie schon einmal, damals auf Areax V. Als er sie fand, war sie dem Tode nahe; nach ihrer Flucht von dem Tierhändler wäre sie fast an Einsamkeit gestorben.
Neben dem steinernen Busch blieb Panglor stehen und streckte die Arme nach der Ou-Ralot aus. Seine Hände glitten durch sie hindurch, als sei sie eine Luftspiegelung. Verwirrt blickte LePiep um sich, schaute ihn direkt an, doch obwohl sie offenkundig etwas spürte, vermochte sie ihn nicht zu sehen. Mit wild klopfendem Herzen pirschte sich Panglor an der Felsenpflanze und LePiep vorbei. Unvermittelt sprang die Ou-Ralot hoch, wobei sie eine Melange aus freudigem Erkennen und fiebriger Gespanntheit abstrahlte. Panglor schob sich noch ein wenig weiter um den Felsen herum.
»Hiiieee! Hyollll«, kreischte sie, als sie ihn erblickte. Sie warf sich mit solcher Vehemenz auf ihn, dass er nach hinten in den nächsten Busch kippte. »Hruuuuu!«, gurgelte sie, während sie sich behaglich in seinen Armen wand. Glückseligkeit und Liebe überschwemmten Panglors Herz, Gefühle wurden freigebig verschenkt und erwidert, wärmten ihre Seelen wie eine kleine Sonne.
»Peep … Schätzchen … Peep …«, murmelte er und drückte sie fest an sich. Die Ou-Ralot klammerte sich an ihn, vor Erschöpfung bebend. Er konnte gar nicht mehr aufhören, sie zu streicheln, zu trösten, und gleichzeitig seine eigenen Nerven zu beruhigen. Schließlich gewannen beide die Fassung wieder und schauten einander stumm und dankbar an. Beide fühlten sich abgekämpft, aber sie würden es schaffen und der widrigen Situation trotzen – gemeinsam. »Ich lass dich nie wieder fort, Schätzchen«, flüsterte Panglor und LePiep antwortete mit einem zufriedenen Brummen. Sie liebevoll auf dem Arm tragend, ging Panglor auf dem Pfad weiter. Er fühlte sich viel besser, hatte neuen Mut gefasst, blickte wieder hoffnungsvoll in die Zukunft. Was blieb, war die Sorge um Alo.
Wo steckte Alo? Und wo war das Schiff?
»Kroool«, grummelte LePiep nüchtern, seine Gefühle reflektierend, obschon er die finsteren Gedanken verdrängte, um seinen Verstand nicht zu trüben. LePiep verströmte Zuversicht und Besorgnis. Er kraulte ihren Kopf und setzte schweigend den Weg durch den steinernen Garten fort.
An der entfernten Seite der Mulde stieg der Pfad in einem steilen
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