Im Informationszeitalter
mit der heutigen Welt übernimmt.
Während Lem die “ Philosophie des Zufalls ” verfaßte, bemerkte er, wie wenig er von linguistischen Theorien versteht. Er beschäftigt sich daraufhin ein ganzes Jahr mit deren Problemstellungen und stößt somit zwangsläufig auf die Theorien des Strukturalismus, den er schärfstens ablehnt 22 . Die Auseinandersetzung mit der theoretischen Seite der Sprache beeinflußt vor allem das späte belletristische Werk (beispielsweise in den fiktiven Lexikoneinträgen)
> ” Lems Bibliothek des 21. Jahrhunderts”, auf drei Bände angelegt, besteht bisher aus zwei Bänden:
“ Eine Minute der Menschheit” ist vordergründig eine fiktive Rezension; besprochen wird das auf dem Mond (!) verlegte “ One Human Minute ” von Johnson und Johnson: Letztlich beschreibt es eine auf realen Fakten basierende statistische Erfassung des Weltgeschehens in einer Minute: die Zahl der Tode und Todesarten, die Zahl der Zeugungen und Geburten etc. .
“ Das Katastrophenprinzip” bezieht sich auf Waffensysteme, Militärtechnologie und Strategien der Zukunft.
Der letzte und dritte Band “ Die Entdeckung der Virtualität ” über die Standortbestimmung des Menschen in der Welt steht noch aus; entgegen der Ankündigung des Verlages erschien das Buch weder im Februar 1995, noch später. Die Einsicht in ein Vorexemplar wird vom Verlag ebenfalls nicht gestattet.
> Die “ Essays ” liegen in zwei Versionen vor: als Sammlung im Insel-Verlag und als Triologie späteren
Datums im Suhrkamp-Verlag ( “ Sade und die Spieltheorie “; ” Über außer sinnliche
Wahrnehmungen”; “Science Fiction: Ein
hoffnungsloser Fall mit Ausnahmen “); sie beziehen sich auf verschiedene Bereiche der Gattung und enthalten Rezensionen zu den Werken anderer SF-Autoren.
Lem engagiert sich in der polnischen kybernetischen Gesellschaft, auch ist er Mitbegründer der polnischen Gesellschaft für Astronautik; ein direktes politisches Engagement wie bei Amery liegt nicht in seinem Interesse, da er sich bis heute lieber aus der Öffentlichkeit zurückzieht.
Ziegfeld faßt die für Lem interessanten Themen wie folgt zusammen:
“He regularly raises the subject on the individual and his relationship to other man, to the universe, to other nonhuman civilisations, to space, and to machines. He is just as likely, however, to worry over bureaucracy, the military, communication, mysterious phenomena, biological (and technical AA.) evolution, particle theorie, and the orign of the universe. Space travel, statistical probability, genetic theory, the state of western science fiction, and the philosophical theories on God, epistemologie, and ethics are also major concerns.” (Ziegfeld 1985, Introduction IX.)
Bemerkenswert ist die Mischung aus typischen SF-Motiven wie der Raumfahrt, aus Motiven der
erlebbaren Realität wie Bürokratie und Militär und abstrakten Themen aus Wissenschaft und Philosophie. Lems Kunst besteht vor allem darin, diese
verschiedenen Elemente zu einem homogenen Text verschweißen zu können, obwohl ihm Kritiker
vorwerfen, seine Romane durch überbordende
diskursive Einschübe unlesbar zu machen. Tatsächlich tritt das Abenteuer häufig in den Hintergrund, doch
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wird dies zumeist mit einer phantasievollen Führung durch die Ideenwelt des Autors ausgeglichen.
1.5. Warum Engagierte SF?
“Jenes letzte Stadium der Erschöpfung, für uns noch so unglaublich weit entfernt, ist für die Marsbewohner eine Tagesfrage geworden.” (Wells 1974, S. 8) schrieb bereits 1898 Wells in der Einleitung zu “Der Krieg der Welten”; er hatte bereits die Bedeutung der SF in der Bildung von Analogien erkannt. SF-Literatur läßt sich (ebenfalls analogisch) auf der Ebene der Bedeutung in einer gedachten “Skala” bewerten, deren unterste Werte die Perpetuierung von Denkgewohnheiten unter dem Deckmantel der Phantastik beschreiben. Ein Beispiel dafür ist die häufig beschriebene Eroberung fremder Welten durch den Menschen, bei der dieser sich nicht anders verhält, als seine imperialistischen Vorbilder aus dem 19. Jahrhundert - nur daß er nicht mit Dampfschiffen anlandet, sondern mit Raumschiffen.
Die oberen Werte dieser Skala, für die sich natürlich keine Maßzahl angeben läßt, beziehen sich auf den Grad, inwieweit die Darstellung auf eine Einübung in das analogische Denken hinausläuft, das heißt in diesem
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