Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Informationszeitalter

Im Informationszeitalter

Titel: Im Informationszeitalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
Vom Netzwerk:
gedanklich aktive Mitarbeit des Lesers, den Verzicht auf Klischees und überbordende Phantastik in Bildhaftigkeit und Motivik. (vgl.: Gottwald 1990, S. 29, 30). Gerade die Anwendung von Klischees, die überbordende Phantastik und die gleichzeitig ihr gegenübergestellte banale Welt sind es, die die Komik in Lems “ Kyberiade ” erzeugen. Gottwald hat in ihrer Definition die (häufig vorkommende) satirische Variante der SF nicht mitberücksichtigt.
    Im folgenden sollen die Meinungen weiterer Kritiker zu dem Problem der Möglichkeiten in der SF verglichen werden. Es ist in diesem Zusammenhang interessant zu betrachten, wie sich die moderne SF zu der Tradition der Utopie verhält, in die sie besonders von den Enthusiasten häufig gestellt wird. Sicherlich kann man von einer direkten Anknüpfung absehen, da sich die Parameter für eine Utopie in der gegenwärtigen Welt geändert haben, aber vielleicht kann man von einer Fortsetzung mit anderen Mitteln und an die gegenwärtige Weltsituation angepaßt sprechen.
    Verbunden mit dem Begriff der “Engagierten SF” soll zunächst einmal eine qualitative Grundlage angenommen und entwickelt werden, die einen Vergleich mit der Utopie zuläßt. Im Sinne Gottwalds ist dieser Begriff immer noch sehr weit gefaßt und unterscheidet nicht eindeutig notwendige und hinreichende Bedingungen (die bei ihr entgegen den eigenen Absichten schon zu fest umrissen sind). Sie beschreibt eine Teilströmung innerhalb der Gattung, deren
    Konturen bei Hienger sehr ungenau mit “adult SF” im Unterschied zu SF für den “juvenilen Geschmack” (vgl. Hienger 1972, S. 240) umschrieben werden.
    2.1. Engagierte SF zwischen “Futuria” und “Utopia” 30
    Nachdem die Literaturwissenschaft SF und Phantastik lange ignoriert hatte, stieg das Interesse in den fünfziger Jahren - mit völlig verschiedenen Ergebnissen von Land zu Land:
    >    In Frankreich wurde SF als Weiterentwicklung der “contes fantastiques” interpretiert; ihre Unterordnung unter die Phantastik (nicht zu verwechseln mit dem Oberbegriff der phantastischen Literatur) findet sich in dieser Arbeit beispielsweise bei Todorov wieder, soll aber nicht eingehend untersucht werden.
    >    In Deutschland wurde eine enge Bindung zwischen dem utopischen Roman und der SF in den Vordergrund gestellt (so daß die Begriffe oft als Synonyme verwendet wurden, z. B. bei Schwonke 1957).
    >    Die amerikanische Forschung ging so weit, daß sie “SF selbst zu einer Leitkategorie erhob, ihr nicht nur die Phantastik, sondern auch und vor allem die ‘normale’ Literatur unterordnete.” (Thomsen/Fischer 1980, S. 17/18). Diese Tendenz ist inzwischen wieder rückläufig, doch erkennt man bei einigen Verfechtern dieser Richtung (zum Beispiel Darko Suvin) noch heute Ansätze, SF möglichst abstrakt und umfassend zu definieren.
    Die Utopie hat im Gegensatz zur SF eine lange und eigenständige Tradition, darüberhinaus fest umrissene definitorische Grenzen. Der Sprachwissenschaftler Heinz Vater definiert den Begriff in einer Studie zur Raumlinguistik sehr zutreffend so:
    “Die literarische Gattung der ‘Utopie’ hat sogar ihren Namen von räumlichen Verhältnissen, denn es geht hier wörtlich um den ‘Nicht-Ort’. Die 1516 von Thomas Morus veröffentlichte ‘Utopia’, die dieser Gattung den Namen gab, behandelt einen konstruierten Idealzustand der Gesellschaft, der im Nirgendwo angesiedelt ist.” (Vater 1991, S. 2)
    Diese Definition bezieht sich allerdings nur auf die positive Utopie, doch kann die Definition leicht ergänzt werden, indem man auch die Möglichkeit eines nicht-idealen Zustand einer Gesellschaft zur Konstruktion einer Gegenutopie integriert. Auffällg ist die Exklusion der Utopie aus der Geschichte; SF ist in vielen Fällen historisch an den Geschichtszeitstrom angebunden, sei es, daß eine ferne Zivilisation Reste der menschlichen Kultur findet, oder daß Menschen von einem historischen Zeitpunkt aus in die Zukunft reisen, um nur zwei Beispiele zu nennen.
    Die Beziehung zwischen Utopie und SF ist zwar nicht eindeutig, aber besser zu umreißen, als vergleichsweise die Beziehung von Phantastik oder gar Fantasy zu SF. Im Unterschied zur SF ist die Utopie nicht vorwiegend Spiel, sondern will richtungsweisend andeuten, wie eine Gesellschaft sein kann und soll - auch wenn sie dabei genau das Gegenteil der angestrebten Ziele
    367
    darstellt und vor diesen gegenteiligen Entwicklungen warnt. Kennzeichnend für die literarischen Utopien

Weitere Kostenlose Bücher