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Im Informationszeitalter

Im Informationszeitalter

Titel: Im Informationszeitalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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nicht zulassen
    - daß es heute keine Autoren und Verleger wagen würden, die Leserschaft einer Entziehungskur zu unterziehen, die dem Verzicht auf leichte Lösungen fiktiver Probleme gleich kommt.” (Lem in: Quarber Merkur 1979, S. 38).
    Wie Amery hat auch Lem die Bedeutung der Erwartungshaltung des Leser erkannt, ist aber nicht bereit, diese zu akzeptieren. Wie in 2. bereits erwähnt, beginnt sich der “eiserne Vorhang” zwischen “trivialisierter” und “literarisierter” SF-Literatur in den 1920er Jahren herauszubilden. Dieser Prozeß ist mit unterschiedlicher Intensität bis heute konstant; häufig wird besonders in Deutschland, dessen SF-Tradition nur fragmentarisch besteht, SF vor allem mit “Perry Rhodan” assoziiert; die Entstehung dieses Bildes kann allerdings nicht monokausal gesehen werden. Daher sollen im Folgenden die Komponenten der literarischen Produktion einzeln untersucht werden, inwieweit sie am entstandenen Bild teilhaben. Eine erste mögliche Definition ist:    trivial ist, was
    Literaturkritiker dafür halten: “‘Mainstream’, wie man in Amerika sagt, die Literatur, die von Reich-Ranicki und Karasek rezensiert wird.” (Amery-Interview, S.
    16) Doch Amery hat einen zutreffenden Einwand gegen diese Art von Definition:    “Von    den
    Werkzeugen, die ich haben muß, wenn ich einen guten Krimi oder eine gute SF schreiben will, davon hat die Schule Reich-Ranicki keine Ahnung; was einen guten Zeitmaschineneffekt macht und was ‘up to art’ ist, das wissen die nicht.” (Amery-Interview 1995, S. 17) Eine andere Möglichkeit, “trivialer” von Engagierter SF wenigstens ansatzweise zu unterscheiden (und auch dann bliebe noch viel “Grenzverkehr”), soll in der folgenden kurzen Analyse der Besonderheiten der literarischen Produktion von SF skizziert werden.
    Die Verleger sind im SF-Produktionsprozeß nicht Filter für eine positive Auslese, sondern anteilmäßig beteiligt an der Inflation, die der Leser durch sein Konsumverhalten gegenüber der SF auslöst. Durch die Interessenverständigung von Verleger und Leser gerät der Autor in ein Spannungsfeld: im SF-Bereich bestimmen die Verleger vielfach den Titel, Umfang, zum Teil sogar den Inhalt der Romane. Auch etablierte Autoren müssen sich immer noch dem Publikumsgeschmack beugen. Die Produktion wird dadurch gesteuert, daß die Vertreter von Magazinen und Periodika gezielt Umfragen an die Fangemeinde richten, um die “besten” SF-Geschichten herauszufinden. Diese SF-Gemeinden sind, wie bereits beschrieben, sehr homogen in ihrem Geschmack, so daß die “besten” Geschichten sich häufig auf mehr oder weniger gelungene Variationen bestimmter “Abenteuerkonstellationen” konzentrieren.
    Es gibt nur wenige unabhängige Zeitschriften, die die Produktion übergreifend und kritisch beobachten. Der “Quarber Merkur”,    1963 gegründet von Franz
    Rottensteiner und die “Science Fiction Times” (seit 1967) bemühen sich um eine Unterscheidung von “trivialer” und “gehobener” SF, erreichen aber auch nur eine sehr begrenzte Öffentlichkeit.
    “Bis zum Ende der fünfziger Jahre war die SF auf einen Markt beschränkt, der hauptsächlich aus Leihbüchern und den Heftchenserien der Verlage Pabel und Moewig bestand, in denen angelsächsische SF häufig zusammen mit anspruchslosen deutschen Produktionen (z. T. Nachdrucke von Vorkriegstexten) erschien.” (Schulz 1986, S. 78.)
    Erst in den siebziger Jahren zeichnet sich dann eine Differenzierung des Marktes ab.
    SF kann in der Öffentlichkeit nicht allein von Ausnahmen wie Lem und Amery betrachtet werden, die nicht an die genannten Beschänkungen eines SF-Autor gebunden sind, da es ihnen gelungen ist, sich mit ihrem Stil zu behaupten. Viele Autoren, die anspruchsvolle SF verfassen, sind gezwungen, unter einem Pseudonym auch “Pulp” zu schreiben, um von der Schriftstellerei leben zu können. Dennoch sollte sich der Blick auf die Engagierte SF dadurch nicht verstellen lassen; der “eiserne Vorhang”, der einer angemessenen wissenschaftlichen Betrachtung der Gattung im Weg steht, kann umgangenen werden (vgl.: Schulz 1986, S. 22).
    Die Rezeption der Werke Lems verfolgt einen eigenwilligen Kurs. In Europa fand er Beachtung, sobald seine Werke publiziert werden, und zwar in größerem Ausmaß als die sonst so populären amerikanischen Schriftsteller 24 . Seine Orientierung am Westen und seine Kritik am sozialistischen Polen haben Lem dabei wenig geschadet, statt dessen

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