Im Informationszeitalter
seinen Auftraggeber, ohne ihn nennen zu dürfen: “ Die Organisation, für die ich arbeite, ist nicht gern erfolglos’… ‘Sie denkt in Jahrhunderten’” (KP, S. 147) Seine Gesprächspartnerin Flora fragt ihn daraufhin, ob er Mafiosi sei.
Es scheint Amery wichtig zu sein, daraufhinzuweisen, auf welchen kirchlichen Ansatz seine Kritik abzielt, denn der Satz “Si pensiamo in seculi” wird im Text als begleitendes Motiv noch dreimal wiederholt (vgl.: KP, S. 148, S. 153 und S. 229).
426
4
Das gleiche Prinzip gilt bei Amery auch für den politischen Bereich: er nennt es “politische Metastasen” (Amery-Interview 1995, S. 8). Füßli kann seine Freiheit als Christenmensch nur auf der untersten Ebene, der des Individuums behaupten; er ist die einzige Person der Kurie, der das durch seine Desertation vollständig gelingt. Sbiffo-Trulli, Enigmatinger, Doensmaker erlauben sich kleine, private “Freiheiten” innerhalb der zentralistischen, hierarchischen Strukter, der sie nicht entfliehen können und wollen. “‘Jeder von uns’, murmelte Sbiffo, ‘jagt dennoch seine eigene Lust’” (KP, S. 23)
5
Ein aktuelles Beispiel ist die drohende Kirchenspaltung der Kirche Österreichs: zahlreiche liberale Priester haben sich zusammengeschlossen und wollen sich offen gegen autoritäre Kirchenfürsten im Land auflehnen. Im Visier steht vor allem der St. Pöltner Bischof Kurt Krenn, der seine Kirche streng nach den Weisungen des Vatikan führt und liberale Theologen bereits vom Dienst suspendierte.
6
“… so wird uns auch der Gedanke wieder vertraut, daß der Antichrist e medio ecclesiae, aus der Mitte der Kirche aufsteigen kann oder könnte.” (Amery 1967, S. 24) Die Gestalt des Sbiffo-Trulli wurde von Amery mit verschiedenen äußeren Kennzeichen des diabolischen versehen. “Der kleine Monsignore beugt sich vor, sein Schatten wird riesig und buckelig und gehörnt an der weißen Wand…” (KP, S. 18) Am Ende des Romans, mit dem Verlust der MYST-Maschine, verliert er seine Macht und wird, aus der Kurie ausgestoßen, zu einem belachten Sonderling.
432
7
Lems “ 20. Reise” des Ijon Tichy ähnelt der Amerys in manchen Zügen; Lem schreibt eine Zeitreisegeschichte, in der die Mitwirkenden eine “Geschichte der Verlierer” verursachen. Ijon Tichy wird Chef eines Projektes, das sich THEOHIPPIP nennt (Telechronistic-Historical Engenering to Optimize the Hyperized Implementation of Paleological Programming and Interplanetary Planning), ein Dependent zu MYST. Tichy ist nicht an die PPPP-Regel Amerys gebunden und verändert die Geschichte im großen Stil (er beginnt bei der Schöpfung). Dabei unterlaufen ihm nur Fehler, die die Welt zu dem entwickeln, was wir die Gegenwart nennen: der Mensch stammt vom Affen ab und ist nicht in der Lage zu Photosynthesieren; die Sterne hängen völlig ungeordnet am Himmel usw.. Durch eine Anhäufung menschlicher Unzulänglichkeiten ist die Welt so, wie wir sie kennen; Verbesserungsversuche sind zwecklos.
433
Zu Vertretern dieser Position gehört auch Lem, der sich als Atheist weniger über den Glauben an die Existenz/Nichtexistenz Gottes definiert, als in der Ablehnung einer Einschränkung der Vernunft durc h Do gme n.
8
Rande; diese Fabel soll hier nur wenig Beachtung finden, da sie den anderen Fabeln inhaltlich und stilistisch kaum zu vergleichen ist. (Lem: Die demographische Implosion, in: Marzin 1985, S. 89
- 119)
9
Die Idee der kybernetischen Intelligenz hatte vor Lem schon beispielsweise Anatolij Deneprov in “Die Insel der Krebse” (1958) umgesetzt; daß Lem sich hier von der WF hat inspirieren lassen, ist anzunehmen.
10
“Beim Versuch, solche Maschinen zu konstruieren, usurpieren wir keineswegs Sein Vorrecht der Schöpfung von Seelen, so wie wir es ja auch nicht bei der Zeugung von Kindern tun: wir sind vielmehr in beiden Fällen Instrumente Seines Willens, und sorgen für Behausungen für die Seelen, die Er erschafft.” (Turing 1950, S. 20)
11
“Cybernetics” (im Original 1948); anhand dieses Buches begann Lem, sich selbst Wort für Wort Englisch beizubringen und “The Human Use of Human Beings” (1950)
12
1. “Ein Roboter darf kein menschliches Wesen verletzen oder durch Untätigkeit gestatten, daß einem menschlichen Wesen Schaden zugefügt wird.”
2. “Ein Roboter muß dem ihm von einem Menschen gegebenen Befehl gehorchen, es sei denn, ein solcher Befehl würde mir Regel Eins kollidieren.”
3.
Weitere Kostenlose Bücher