Im Informationszeitalter
sich dies jetzt darstellen - um den Kampf zwischen dem Lamarckismus und dem Darwinismus, also zwischen der These, daß die Evolution aus der Vererbung der von den Organismen erworbenen Eigenschaften hervorgeht, und derjenigen, daß sie ausschließlich von der Mutation der Gene verursacht wird, die die natürliche Zuchtwahl variiert (die Lebensfähigkeit auf die Probe stellt). Nicht ich und nicht Golem, sondern Verfasser von Arbeiten über “die Rechenleistung des Lebens” behaupten neuerdings, daß das Zusammenwirken von Zufallsprozessen (also der genetischen Veränderungen, die durch Mutationen einzelner Gene verursacht werden) mit einer bestimmten Steuerung solcher Änderungen möglich ist: es gibt weder nur den Erwerb von vererbten Merkmalen, noch ein völlig blind verstreutes Auftreten ganz zufälliger Mutationen.
MOMENTAN darf man von diesem “dritten” Weg nur so sprechen: die Schicksalhaftigkeit schließt die Steuerung der Ströme der nachkommenden Organismen nicht aus. Die GENOTYPISCH “guten” Lösungen offenbaren gewissermaßen die Tendenz, sich auf der elementaren Ebene der Gene fortzusetzen. Es gibt keine “reine Schicksalhaftigkeit” keine “reine Lenkung”. Die ORTHOEVOLUTION (z.B. des Pferdes) ist weder das Ergebnis der Vererbung von erworbenen Merkmalen, noch das von blinden Mutationen. Es gibt Strukturen der genotypischen Botschaft, die gewissermaßen bevorzugt werden, so wie ein Stein, der, vom Abhang losgelassen, auf Grund der Trägheit weiter und weiter rollt. Mit großem Nachdruck könnte man also sagen, daß alleine die “Perfektion der Lösungen” einer bestimmten Aufgabe bei der Erzeugung von Gattungen den weiteren Annäherungen an “immer perfektere” Lösung die RICHTUNG gibt. Für verschiedene Gattungen sieht das sehr unterschiedlich aus. Für Elephantidae ist dies anders als für Primaten, weil “unterwegs” Formen entstehen, die die Finallösung “approximieren”. Und wenn der Evolutionsprozeß diesen erreicht, bleibt er stehen. Deswegen hat Homo sapiens sapiens praktisch aufgehört zu evolvieren.
Spezialisierung und Fortschritt
Ich betone gewissenhaft, daß dies weder ein Axiom, noch eine ordentlich dokumentierte Hypothese ist. Auf jeden Fall aber steckt in allem, was ich bisher gesagt habe, eine Chance, den Prozeß der natürlichen Evolution der Pflanzen und Tiere neu zu betrachten: als das riesige GANZE. Die “brutale Kraft” des Lebens brauchte auf der elementaren Ebene der Replikatoren ungeheur viel Zeit, um die Phase zu erreichen, in der das Hinausgehen über die einfache Replikation überhaupt möglich wurde. Dieser Prozeß war sicherlich eine Art Umherirren (und darüber sprach mein Golem, als er die Evolution als “Umherirren des Irrtums” nannte). Wenn man aber aus der neuen Perspektive auf den gleichen Prozeß blickt, können wir sehen, daß zusammen mit der “Elementarität” der allerersten Organismen (der Mikroorganismen) im Verlauf der fortschreitenden Spezialisierung die ursprüngliche UNIVERSALITÄT verloren geht. Wie aus einem Baby ein Scholastiker, ein Schornsteinfeger, ein Arzt, Arbeiter, Professor, Fahrer, Mönch, Diktator oder Schneider werden kann, so könnte aus den Bakterien - falls eine Katastrophe, verursacht durch eine kosmische Einwirkung oder durch einen irdischen atomaren Krieg, die Ganzheit der höheren Lebensformen vernichten würde - in einer nächsten Evolution ein weiterer Reichtum an lebendigen organischen Formen entstehen. Natürlich wäre das neue Leben weder mit dem Leben identisch noch ihm ähnlich, das die Evolution bisher zu einem Linneschen Baum der Arten gestaltet hat! Diese Möglichkeit ist potentiell in der Universalität des Lebens, in seiner biochemischen “nucleotidischen Rechenleistung”, enthalten. Und das zeugt von den Verlusten, welche jede Richtung der Artenspezialisierung für das Leben mit sich bringt. Sie verursacht, daß wir die Regenerierungsfähigkeiten (einer Eidechse wird der Schwanz wieder wachsen, einem Menschen werden aber ein verlorenes Bein oder eine Hand nicht wieder wachsen) verloren haben.
Wer sich übrigens genauer für die ursprüngliche Form dieser ganzen Diatribe, die gegen den “evolvierenden Fortschritt” des Lebens gerichtet ist, interessieren sollte, wer die Kehrseite des “Fortschritts” sehen möchte, ohne eine Jeremiade zu hören, möge mein Buch Golem XIV (1981) heranziehen. Woher kam meine Verwegenheit, die heute - vor dem Ende des Jahrhunderts - ihre erste Anzeichen der
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