Im Informationszeitalter
Impulse (Reize) des Gleichgewichtsorgans auf die Gesamtheit unseres Allgemeinbefindens ist bei verschiedenen Menschen sehr unterschiedlich. So litt beispielsweise der zweite sowjetische Kosmonaut, Herman Titow, die ganze Flugzeit unter der Reisekrankheit, die man als “Seekrankheit” kennt, was sich sowohl für ihn und auch für das Personal auf der Erde als unangenehme und nicht von vornherein vorhergesehene Überraschung erwies. Es gibt bereits Mittel, die die
Symptome dieser “Seekrankheit” dämpfen. Früher verwendete man z.B. Belladonna, einen Extrakt aus der Tollkirsche, aber es gibt mittlerweile auch neuere Präparate.
Im Verlauf der phantomatischen Experimente stellte sich heraus, daß es bei sehr vielen phantomatisierenden Menschen während der Durchführung von virtuellen Situationen eines gewissen Typs zu unangenehmen und hartnäckigen Symptomen der Reisekrankheit kommt. Weswegen? Weil die Reize, die aus dem die Sinne des Menschen steuernden Programm fließen, mit den Reizen kollidieren, die aus dem Gleichgewichtsorgan kommen. Jene geben die “Nachricht”, daß der Mensch stürzt oder fliegt, und dieses Organ “sagt”, daß er sich überhaupt nicht bewegt: die “Kollisionen” solcher Reize sind
selbstverständlich in dem Sinne immer relativ, weil einfach ein Widerspruch zwischen den phantomatisierenden und den aus dem Gleichgewichtsorgan kommenden Informationen eintritt. Da die Stärke der Reize deutlich individuell ist, kommt es nicht bei allen zum Auftreten von so intensiven Symptomen der Reisekrankheit, daß der Phantomatisierungsprozeß unterbrochen werden muß. Man darf dieses Hindernis aber gleichwohl nicht unterschätzen, vor allem deswegen, weil es wesentlich die Integrität der erlebten Vision stört. Allein die Tatsache, daß man typische Symptome der Reisekrankheit (Übelkeit, Neigung zum Brechen, Schwitzen u.ä.) empfindet, stört die innerliche Überzeugung, “wirklich” die Handlungen auszuführen, die programmiert worden sind. Es entsteht ein deutlicher “Bruch” im komplexen Empfinden der FIKTION als WIRKLICHKEIT.
Daraus ergibt sich die Frage, wie man mit diesem Problem umgehen soll. Es ist kein absolut unüberwindbares Hindernis, aber eine Schwierigkeit, mit der die phant omatische Technik und Physiopathologie irgendwie fertig werden muß. Augenblicklich wird daran einfach deshalb nicht gearbeitet, weil wir “größere Probleme” haben. Es genügt, sich Klarheit zu verschaffen, wie weit wir immer noch vom “Eintauchen eines Menschen in die virtuelle Realität” entfernt sind, der nach der für diese charakteristischen Fülle von Erlebnissen verlangt, die von den bescheidenen und gelegentlich gezeigten “virtuellen” Szenen (z.B. im Fernsehen) noch keineswegs eingelöst wird, um zu verstehen, daß die Umwandlung der ILLUSION, die die phantomatisierte Person in jedem Augenblick durch Willensakt verlassen kann, in eine Delusion, die zum Gefängnis werden kann, noch immer eine Aufgabe darstellt, deren Lösung wir am Anfang der phantomatischen Ära nicht gewachsen sind.
Dabei haben wir aber die riesigen Schwierigkeiten noch außer Acht gelassen, die durch eine völlige “Leere” an den Stellen der Vision verursacht wird, in denen ein anderer Mensch, irgendein Platon oder mindestens der verstorbene Onkel oder Vater, erscheinen soll. Der künstliche Verstand existiert nicht. Wir sind weit von ihm entfernt. Aber auch unabhängig von diesem Mangel erweist sich eine solche Selektion der phantomatisierenden Programme als unabdingbar, damit keine “Kollision” der Reize, die von außen kommen (vom Computerprogramm), mit den Reizen eintritt, die aus dem Inneren des Körpers stammen -nicht nur, aber vor allem aus dem Organ, welches das Gleichgewicht und die Folgen der Bewegungen steuert, die auf die Beschleunigung oder Verlangsamung zurückzuführen sind.
Esse est percipi
Die durch den hier besprochenen technischen Zweig der Physiologie gesuchte Vollkommenheit ist selbstverständlich, wie ich sie genannt habe, die “Welt des Bischofs Berkeley”, in der wirklich “esse est percipii” herrscht: sein heißt, wahrgenommen zu werden. Von einer solchen Vollkommenheit, die nota bene in sich nicht eine uns weder aus der Erfahrung noch aus der Vorahnung bekannte Bedrohung verbergen muß, sind wir ziemlich weit entfernt. Aber die Route selbst, der Anfang des Weges selbst, der vielleicht in die Richtung einer paradiesischen oder auch einer höllischen “phantomatischen
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