Im Informationszeitalter
Falle” führt, wurde bereits vorausgesagt, erkannt und sogar -zumindest teilweise - ausprobiert. Man muß sich gleichzeitig bewußt machen, daß in unserer fast total “vermarkteten” Welt das entsteht, sich entwickelt und eingeführt wird, was sich einfach für die Produzenten richtig auszahlt.
Gerade diese Absicht löste eine neue stürmische, lawinenartige Verbreitung von Computern und Netzen in der Welt aus und führte gleichzeitig auch zu einer mit großen technologischen Innovationen unzertrennlich einhergehenden Gefahr nicht nur in ökonomischen und politischen, sondern darüber hinaus im totalitären und sogar militärischen Hinsichten. Daher sollten diejenigen, von denen die zukünftige Entwicklung der Maschinen und der Praxis der Virtuellen Realität in dem Maße abhängt, in dem dies sich überhaupt möglich und durchführbar erweisen kann, von vornherein die phantomatisierenden Programme mit bestimmten Sicherungen ausstatten. In dem erwähnten amerikanischen Superman-Film waren es einfach rot leuchtende Tasten mit der Aufschrift EXIT (Ausgang), und zum Verlassen der Vision mußte man lediglich so eine Taste zu drücken. Die Filmproduzenten mußten jedoch schnell erkannt haben, daß eine solche Aufschrift auch einen untrennbaren Bestandteil der Fiktion darstellen kann. In einem solchen Fall würde derjenige, der glaubt, daß er bereits die Virtualität verlassen hat und in die nicht gefälschte Wirklichkeit zurückgekehrt ist, im Grunde genommen nur eine Fiktion verlassen, um sich wieder in einer anderen zu finden.
Mit anderen Beispielen versuchte ich genau diesen “betrügerischen phantomatischen Trick” in meinem Buch “Summa technologiae” vor 34 Jahren darzustellen. Ich konnte aber weder damals noch kann ich heute ein universelles Mittel nennen, das mit Sicherheit garantieren würde, daß man die fiktive Welt verlassen hatte - es sei denn, daß experimentell erprobte Tricks zum Vorschein kommen, durch die man ähnlichen Fallen der Computerprogramme entgehen kann. Aber das wird nicht das Ende sein, sondern eher der Anfang der Duelle der vorgetäuschten mit der authentischen Welt …
Das Internetrisiko
Stanislaw Lem 12.08.1998
Eine Arche Noah für das Internet
Unmittelbar nach der Synthese von Antimaterie sagte ich in einem Interview mit dem SPIEGEL, daß ich die Antimaterie weniger fürchte als das Internet. Dies schien mir auf triviale Weise selbstverständlich zu sein, da die Wahrscheinlichkeit, einer biologisch schädlichen Menge von Antimaterie zu begegnen, praktisch gleich null ist. Man kann jedoch das umfassende Netz der elektronischen Kommunikation, das das Internet als dessen Babyphase darstellt, nicht für eine ebenso neutrale Technologie halten. In einem weiteren Interview mit dem SPIEGEL, das diesmal bereits der Beantwortung der Frage gewidmet war, welches Risiko mit der massenhaften Benutzung des Internet verbunden sei, bemerkte ich, daß ausnahmslos jede neue Technologie eine Kehrseite der Vorteile und gleichzeitig eine Rückseite der neuen und heute noch unbekannten Probleme aufweist.
Diese Tatsache schien mir völlig unbestreitbar zu sein, da man sie an beliebigen Zweigen unseres “technologischen Stammbaumes” illustrieren kann. Der Fußgängerverkehr gefährdet auf gar keine Weise -außer einem eventuellen Gleichgewichtsverlust. Eine Autofahrt kann schlimmer enden. Eine Havarie eines Flugzeugs, das die Geschwindigkeit der Bewegung im Raum maximiert, endet in der Regel mit dem Tod der Passagiere.
Die moderne Chirurgie setzt die “Mikrolaparotomie” ein: durch ein sehr kleines Loch, das in die Schichten der Bauchhaut eingeschnitten wird, kann der Chirurg beispielsweise den Blinddarm oder Steine aus der Gallenblase entfernen. Die Orientierung durch ein “sehr kleines Loch” bedarf einer neuen und viel vollkommeneren ärztlichen Orientierung und Fertigkeit als der früher notwendigen, weswegen bereits schlimme Fehler aufgrund einer unzureichenden Fingerfertigkeit geschehen sind. Handys sind vortreffliche Kommunikationsmittel, weil sie nicht mehr wie die herkömmlichen Apparate ans Telefonnetz angeschlossenen sind. Aber man kann bereits hören und lesen, daß die Verwendung von diesen Mobiltelefonen für die Gesundheit der Benutzer des öfteren nicht unproblematisch ist. Das Fernsehen stellt eine wertvolle Quelle für Informationen und allerlei Filme dar, doch über seine oft schädliche Auswirkung wird bereits allerorten und um so energischer diskutiert, je mehr
Weitere Kostenlose Bücher