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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Strategie des KGB laufe darauf hinaus, einen offenen Kontakt so lange wie möglich hinauszuzögern. Das GRU müsse sich dem anpassen. (Was in Wahrheit bedeutet, daß das GRU mehr Zeit erhält, Gennadij Alexandrowitsch zu orten und zu liquidieren, bevor er noch mehr Schaden anrichtet, als er schon angerichtet hat, dachte Jurij Tschiwartschew, ohne es laut zu sagen.)
    Die beiden Residenten trennten sich in der gemeinsamen Überzeugung, die jeweils eigene Organisation habe einen Vorsprung vor dem Konkurrenten. Jurij Tschiwartschew wußte allerdings als einziger von beiden, daß in gewissem Sinne beide recht hatten.
    Im Generalstab am Lidingövägen war man nicht so wohlinformiert wie das KGB, was den Diskussionsstoff der schwedischen Regierung betraf. Doch man machte sich Sorgen und sah bedrohliche Vorzeichen.
    Der Zufall hatte es gewollt, daß die Diskussion auch beim Militär in einer Vierergruppe erfolgte. Insgesamt waren es also acht Mann, die im Namen der ganzen Nation ungeheuer wichtige Beschlüsse treffen sollten. So dachten zumindest die vier hohen Militärs. Der Kreis um den Ministerpräsidenten ging jedoch nicht von acht Mann aus, sondern nur von vier.
    Nach kurzer Diskussion faßte der Oberbefehlshaber persönlich die Lage zusammen. Zwei der drei Positionen seien bekannt. Durch ausdrückliches Verbot der Regierung sei man verhindert, die Abmachung mit Vizeadmiral Koskow zu erfüllen. Das sei höchst bedauerlich, unter anderem, weil Koskow die Nachricht höchst unwillig aufgenommen und weitere Vernehmungen abgelehnt habe. Was man allerdings verstehen könne.
    Allerdings könne es keinen Zweifel geben, daß Koskow wunschgemäß irgendwann in die USA weiterreisen werde. Folglich werde er früher oder später mit zahlreichen Vertretern von Diplomatie und Nachrichtendienst der Amerikaner zusammenkommen, vielleicht sogar mit mehr Leuten, als ihm lieb sei. Doch im Moment sei alles zum Stillstand gekommen. Zugleich sei es selbstverständlich von entscheidender Bedeutung, daß man die Position der dritten Station erhalte.
    »Wenn wir ihn schon früher oder später mit den Amerikanern zusammenbringen müssen, warum dann nicht gleich?« überlegte der Generalstabschef und zündete seine Pfeife an, als er sah, daß Samuel Ulfsson schon eine brennende Zigarette in der Hand hatte.
    »Weil die Regierung das ausdrücklich verboten hat. Wir können so ein Verbot ja nicht einfach mißachten«, entgegnete der Oberbefehlshaber trocken.
    »Schon richtig, aber im Prinzip haben wir doch schon ein Abkommen mit ihm getroffen. Er hat Geld bekommen, das Geld ist an seine Familie in den USA transferiert worden, wir haben ihm bindende Zusagen gemacht, und der Rest ist nur eine Formsache«, beharrte der Generalstabschef.
    »Kann man davon ausgehen, daß die Regierung unsere Zusagen als nicht bindend betrachtet?« frage Leonard Söderberg ins blaue hinein.
    Die Frage, die von allen als extrem unangenehm empfunden wurde, hing eine Weile in der Luft, bis einer der Anwesenden einen anscheinend neuen Faden aufgriff. Es war Samuel Ulfsson.
    »Ich glaube«, sagte er und unterbrach sich mit einem diskreten Hüsteln, »ich glaube, daß die Amerikaner schon bald von sich hören lassen werden, und das hilft uns eventuell weiter. Wir verweisen auf die Regierung, und dann kommt die Sache vielleicht in Fahrt.«
    »Warum sollten die von sich hören lassen?« fragte der Oberbefehlshaber aufrichtig erstaunt.
    »Nun ja«, lächelte der Chef des Nachrichtendienstes fast verlegen, »wir haben ihm doch erlaubt, mit seiner Familie in den USA zu sprechen. Die sollte bestätigen, daß sie das Geld erhalten hat. Ich habe keinerlei Möglichkeit gesehen, diese vernünftige Forderung abzulehnen.«
    Im Raum war ein leises, verhaltenes Kichern zu hören. Es war nicht sehr wahrscheinlich, daß die russische Familie bei diesem Telefonat ganz unter sich gewesen war, und Koskow hatte seine Frau darüber aufgeklärt, wann und wie und zu welchen Bedingungen er in die USA kommen würde.
    Womöglich hatte ihm einer der hier Anwesenden erklärt, er könne sich so ausdrücken. Und dieser Jemand hatte zwar die unangenehme Angewohnheit, überall Zigarettenasche abzuschnipsen und ohne Erlaubnis zu rauchen, was aber nicht ausschloß, daß er ein unternehmungslustiger und einfallsreicher Nachrichtenmann war.
    »Rundheraus gesagt müssen wir also abwarten, daß die Amerikaner die Initiative ergreifen und um Genehmigung bitten, Koskow zu treffen, und so weiter. Könnte man ihnen das

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