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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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zu widmen.«
    Jurij Tschiwartschew stand ohne ein Wort auf und ging. Aus dem Augenwinkel sah er, daß es dem Tschekisten gefiel, seine schlecht verhehlte Wut zu sehen.
    Es war tatsächlich imponierend, daß es dem KGB gelingen konnte, direkt von der schwedischen Regierung, nun ja, vielleicht aus deren Örtlichkeiten, so schnell und effektiv Erkenntnisse einzuholen.
    Aber offenbar verstanden die KGB-Leute trotzdem nicht, zu welcher Katastrophe es kommen konnte. Obwohl sie Moskau auf ihrer Seite hatten. Damit blieb für das GRU nur noch der Versuch, Gennadij Alexandrowitsch zu finden und das Todesurteil zu vollstrecken. Ganz gleich, mit welcher Begründung.
    Wie es schien, blieben noch achtundvierzig Stunden.
    Leonard Söderberg traf eine halbe Stunde früher als gewohnt im Marinestab ein. Er hatte schon ein paarmal angerufen, ohne den Chef der ersten Hubschrauberdivision draußen in Berga zu erreichen.
    Er war fest entschlossen zu tun, was er tun mußte. Er rechnete damit, noch etwa achtundvierzig Stunden Zeit zu haben.
    Schließlich erreichte er den erstaunten Fregattenkapitän, der es nicht gewohnt war, Anrufe des Marinechefs, und noch weniger, direkte operative Anweisungen von ihm zu erhalten. Es ging darum, bis übermorgen mittag spätestens einen Transporthubschrauber für einen kurzen, jedoch wichtigen Auftrag bereitzuhalten. Ja, es gehe um einen Transport. Ja, dann müsse man eben einen der Hubschrauber leerräumen, falls er zuviel Ausrüstung enthalte, in anderen Fällen gehe das ja schließlich auch.
    An einer bestimmten Position im Erstaviken sollten zu einem später noch mitzuteilenden Zeitpunkt ein Schlauchboot und drei Taucher an Bord genommen und zum Trälhavet geflogen werden. Nach etwa einer Stunde solle auf die gleiche Weise ein weiterer Transport vom Trälhavet zu einer später noch zu nennenden Position in der Nähe erfolgen. Die Ortung der Taucher solle mit einem Suchgerät vom Typ 75 erfolgen. Aha, dann müsse man eben noch einen Mann in Bereitschaft halten. Ja, und dann Radar-Navigation, da der Transport auf schnellstmögliche Weise erfolgen müsse, möglicherweise im Dunkeln und in niedriger Höhe.
    Ja, die Anweisungen würden noch schriftlich kommen, und zwar in einigen Stunden. Doch sei die Operation geheim. Es gehe um bestimmte Aufklärungsaufträge, die der Allgemeinheit nicht zur Kenntnis gelangen dürften. Es sei wohl nicht schwer zu begreifen, was das für denkbare Erkundungsobjekte sein könnten, genau. Die Angelegenheit sei aber streng geheim. Mit anderen Worten: Hinterher dürften keine Papiere in der Gegend herumfliegen.
    Nach dem Gespräch zündete Leonard Söderberg eine Pfeife an und lehnte sich eine Weile in seinem Stuhl zurück. Er blickte mit ausdruckslosem Gesicht zur Decke. Jetzt hatte er die Initiative ergriffen. Jetzt hieß es nur noch weitermachen.
    Entschlossen rief er den Chef der Ersten Angriffsflottille draußen in Berga an. Es gehe jetzt um einen bestimmten Transport mit einem Lenkwaffenträger von Punkt A südsüdöstlich von Björkö neben Ornö im Mysingen zu Punkt B vor Älgö im Erstaviken. Die Lenkwaffenträger waren die schnellsten Schiffe der schwedischen Marine, seitdem die Torpedoboote außer Dienst gestellt worden waren. Aber 42 Knoten würden wahrscheinlich genügen.
    Der Kapitän zur See war noch nicht erschienen.
    Irritiert rückte Leonard Söderberg einige Papiere auf seinem Schreibtisch zurecht, unter anderem einige, die etwas mit Kurzwellenkommunikation zu tun hatten.
    In achtundvierzig Stunden ist es vorbei, dachte er.
    Fregattenkapitän Johann F:son Lallerstedt hatte in seiner relativ langen Dienstzeit als Kommandant des Funkaufklärungsschiffs Orion im Auftrag des Nachrichtendienstes schon einige seltsame Dinge miterlebt. Doch dieser Tag übertraf alles, vor allem an Komik.
    Er hatte den ganzen Morgen damit zugebracht, in Stockholm herumzujagen, um ein paar Kinderschlitten aus Kunststoff zu bekommen, die überdies bestimmte Maße haben mußten. Eine Verkäuferin hatte ihn vergeblich zu überzeugen versucht, daß die kleinen fliegenden Untertassen bei Kindern weit beliebter seien als die sperrigen Schlitten und billiger dazu. Die meisten Verkäuferinnen hatten über die Jahreszeit gewitzelt; es sei Mai, und draußen blühten die Leberblümchen, und auf Buschwindröschen und Schlüsselblumen brauche man auch nicht mehr lange zu warten, und so habe man die Schlitten aus natürlichen Gründen aus der vordersten Verkaufsfront

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