Im Interesse der Nation
Krawatte in einem geblümten, wirren Muster sowie einen Maßanzug, der außerordentlich teuer aussah. Ach ja, wenn es gut sein soll, kostet’s Geld, dachte Rune Jansson.
»Ich glaube, wir können diese Angelegenheit ziemlich schnell hinter uns bringen«, sagte der Anwalt, nachdem sich alle begrüßt und gesetzt hatten. Tore Hammar blickte mürrisch zu Boden.
Das habe ich gern, dachte Rune Jansson. Ein Bulle sitzt bloß zwei Tage wegen Mordverdachts ein und macht schon ein saures Gesicht.
»Es handelt sich nämlich um einen ziemlich typischen Fall, dem wir alle unter vergleichbaren Umständen schon begegnet sind«, fuhr der Anwalt fort und blätterte in einigen Aufzeichnungen, bevor er fortfuhr: »Zu dem fraglichen Zeitpunkt befand sich mein Klient nämlich zu Hause bei Polizeiassistentin Gunda Magnusson. Ich glaube, sie arbeitet im Diebstahlsdezernat. Der Grund dafür, daß Polizeiassistent Hammar sich nicht schon früher zu dieser klärenden Aussage hat durchringen können, dürfte wohl auf der Hand liegen, meine Herren. Es würde sich natürlich nachteilig auf das Verhältnis zu seiner Lebensgefährtin auswirken, nicht zuletzt weil diese ein Kind erwartet, nun ja, Sie verstehen. Es ist der ausdrückliche Wunsch meines Klienten, daß diese Information vertraulich behandelt wird, daß eventuelle Vernehmungsprotokolle zu diesem im Grunde bedeutungslosen Abschnitt der gesamten Voruntersuchung folglich gestrichen werden. Na ja, Sie wissen schon… sonst kommt es in die Zeitung, und im Haus würde auf jeden Fall heftig getuschelt werden, wie ich vermute.«
Das war alles.
Jetzt hieß es nur noch, ein kurzes förmliches Verhör zu veranstalten, das Tonbandgerät abzuschalten und die zwangsläufige Vernehmung von Polizeiassistentin Gunda Magnusson den dafür zuständigen Beamten zu überlassen. Allen Anwesenden im Raum war klar, daß Donnerkeil schon am selben Nachmittag auf freien Fuß gesetzt werden würde.
Als der Anwalt und sein Klient gegangen waren, beugte sich der Staatsanwalt vor und verbarg das Gesicht in den Händen. Rune Jansson fiel es nicht schwer zu begreifen, was in seinem Kopf vorging.
»Verflucht noch mal, ein ganz gewöhnlicher beschissener Seitensprung also«, stöhnte der Staatsanwalt.
»Ja, das kommt ja in den besten Familien vor. In den schlechtesten allerdings auch. Was machen wir jetzt?«
»Wir verhören Gunda Magnusson und lassen diesen Scheißkerl laufen.«
»Gedenkst du etwas wegen der Mauschelei mit diesem Fuchs zu unternehmen, versuchte Anstiftung zum Meineid, oder was immer es sein könnte?«
»Keine Ahnung, aber dazu werde ich später Stellung nehmen. Im Augenblick scheint mir das weniger wichtig zu sein. Wenn du mich bitte entschuldigst, ich muß eine Anklage vorbereiten.«
Der Staatsanwalt ging.
Rune Jansson zog die Kassette aus dem Tonbandgerät und ging damit zu den Schreibdamen, um das Protokoll schreiben zu lassen. Dann wälzte er die Vernehmung der Kollegin Magnusson auf die Vernehmungsgruppe ab und begab sich zum Polizeidirektor. Er war auf ein merkwürdiges Hindernis gestoßen. Und es bedurfte offensichtlich größerer Autorität als der eines stellvertretenden beigeordneten Voruntersuchungsleiters in Gestalt eines Kriminalinspektors, um dieses Hindernis zu überwinden.
Eine der Telefonnummern im Notizbuch des Opfers gehörte nämlich einer Firma namens Hamilton Data System AB in Stockholm. Es war ein recht kleines Unternehmen mit rund fünfzehn Angestellten. Der Eigentümer und Geschäftsführer hieß Carl Gustaf Gilbert Hamilton und war offenbar irgendein Offizier. Seltsamerweise hatte sich herausgestellt, daß fünf oder sechs Offiziere in diesem Unternehmen arbeiteten. Rune Jansson konnte sich diese eigentümliche Konzentration von Militärs in einem kleinen Beratungsunternehmen der EDV-Branche nicht erklären, so daß er den Verbindungsmann von Säk gebeten hatte, sich die Sache einmal anzusehen. Und jetzt, rund vierundzwanzig Stunden später, hatte diese Bitte dazu geführt, daß der Bursche von Säk ein Gesicht machte, als hätte er auf eine Zitrone gebissen, als Rune Jansson jetzt bei ihm erschien und wissen wollte, was der andere herausgefunden hatte. Der Mann von Säk ließ durchblicken, die Zentrale in Stockholm habe den Fall an sich gezogen. Er deutete ferner an, daß man diese Figuren von Hamilton Data System AB nicht anrühren dürfe. Für Rune Jansson war das inakzeptabel. Es sei, meinte er, ja nicht gerade uninteressant, daß das Opfer die Telefonnummer
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