Im Interesse der Nation
Infrarot-Zieleinrichtungen. Carl ging weiter, vorbei an dem schmutzigen kleinen Swimmingpool, erreichte die Garage, in der zwei Volvos standen, der größere davon offenbar der Wagen des Botschafters. Dieser hatte, wie im Nahen Osten üblich, Gardinen an der Heckscheibe und den Seitenscheiben, die man bei Stadtfahrten herunterziehen konnte.
Allerdings läßt sich die Botschaft sehr leicht von der Rückseite aus angreifen, stellte Carl fest, als er eine zweite Runde über das Grundstück drehte. Im Garten standen ein paar große Mangobäume und ein paar hochstämmige Palmen. Von keinem der Bäume ließ sich das Wohnhaus des Botschafters einsehen, zumindest nicht auf der verwundbaren Rückseite zum Fluß hin.
Er hatte gesehen, was er sehen wollte, und ging wieder in das Botschaftsgebäude zurück, wo er sein Gepäck holte, das er anschließend in das Zimmer neben dem des Vizeadmirals trug. Er kramte ein Haarfärbemittel hervor, nahm ein sauberes Hemd, eine Krawatte und eine der Kameras heraus und kehrte zum Vizeadmiral zurück. Er war zu dem Schluß gekommen, daß er sich zwingen mußte, weniger untertänig aufzutreten.
»Verzeihung, daß ich Sie schon wieder störe, Herr Vizeadmiral, aber ich muß Sie bitten, sofort den Oberkörper freizumachen«, sagte er, ohne zuvor so etwas wie Haltung angenommen zu haben. Der Vizeadmiral gehorchte, wenn auch ein wenig zögernd.
Carl stellte einen Stuhl vor das Waschbecken und bereitete das Haarfärbemittel vor. Er hatte unter mehreren Farben wählen können, aber Schwarz war ihm am geeignetsten erschienen. Einmal würde es im Nahen Osten am wenigsten auffallen, zum andern würde diese Farbe sein Objekt auf fast verblüffende Weise verjüngen; der Vizeadmiral war schon früh ergraut.
Der Russe ließ die Prozedur unter verbissenem Schweigen über sich ergehen.
Als er sich die Haare abgetrocknet hatte, zog er eines der Hemden an, die Carl mitgebracht hatte. Es spannte auf der Brust und hatte zu lange Ärmel, aber die Kragenweite war einigermaßen passend, und das war am wichtigsten.
»Tragen Sie Krawatte, Herr Vizeadmiral?« fragte Carl, und diese Worte waren die ersten, die seit Beginn der Färbeaktion gesprochen wurden.
Der Vizeadmiral nickte zögernd. Carl knotete die Krawatte, befestigte sie am Hals seines Gefangenen und zog zu. Er meinte, ein ironisches Lächeln zu sehen.
Dann machte er noch ein paar weitere Fotos, ging in sein Zimmer zurück und entwickelte den Film, den er zum Trocknen aufhängte.
Anschließend kehrte er ins Botschaftsgebäude zurück und schleifte den widerstrebenden Botschafter und dessen Stellvertreter in den Garten. Auf Carls Anweisung nahmen sie Gartenmöbel mit blauen schwedischen Seglerkissen mit, die sie zur Mauer am Nil schleppten. Carl befahl dem Botschaftssekretär, einen Notizblock sowie etwas zu essen und trinken zu holen. Göran Larsson gehorchte sehr zögernd und langsam. Der Botschafter saß nur da, zog ein saures Gesicht und sprach kein Wort.
Als der Tisch gedeckt war - Carl lehnte den Gin-Tonic ab, den sich die beiden anderen eingossen -, räusperte er sich demonstrativ, als wollte er eine Schulklasse zur Ordnung rufen. Dann begann er kurz und entschlossen zu sprechen.
Zunächst müßten die beiden Diplomaten begreifen, daß die Situation gefährlich sei. Sie müßten auch einsehen, daß persönliche Animositäten angesichts dessen, was gerade geschehe, völlig bedeutungslos seien. Sie würden nicht erfahren, wie und wann der entscheidende Transport erfolgen werde, doch das nicht aus Mißtrauen, sondern aus Sicherheitsgründen. Der Botschafter unterbrach irritiert: »Wo liegt denn da der Unterschied?«
»Die Lage ist einfach so, daß abgesehen von einem direkten Bombardement des Botschaftsgebäudes von einem Flugzeug aus - und dieses Risiko ist wegen der transporttechnischen Probleme praktisch auszuschließen -, von den Russen absolut alles zu erwarten ist. Das heißt, falls sie wissen, wo ihr Genosse sich aufhält.«
Carl hatte nicht die Absicht, auf geheime militärische Informationen einzugehen, doch konnte er immerhin andeuten, daß der Vizeadmiral oben in der Gästewohnung einen großen Kenntniswert repräsentierte - sowohl für Schweden als auch für die Sowjetunion -, so daß keiner der Anwesenden, er selbst eingeschlossen, im Vergleich dazu irgend etwas bedeutete.
»Doch weiter im Text. Von jetzt an darf der Vizeadmiral nichts essen oder trinken, was ich nicht persönlich besorgt habe. Das soll auch so etwas wie eine
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