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Im Jahre Ragnarök

Titel: Im Jahre Ragnarök Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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Augenwinkel wahrgenommen. Ein Sekundenbruchteil machte die Attacke zunichte.
Klörath wich zur Seite aus; Dünnbrots Schlag ging ins Leere. Er fiel nach vorne, die Hand schlug auf die Kante der Ladeklappe. Schmerz schoss den Arm hinauf.
Doch ihm blieb nicht einmal Zeit, aufzuschreien. Klöraths Faust traf ihn am Kinn und streckte ihn nieder. Er ging rückwärts zu Boden und lag noch keine zwei Sekunden im Gras, als sich ihm auch schon die Mündung der Maschinenpistole entgegenreckte.
»Verräter!«, brüllte Klörath und legte direkt auf die Augen an.
Der Knall des Schusses durchpeitschte die Luft.
Alles in Dünnbrot krampfte sich zusammen. Ein greller Orkan von Empfindungen, Gedanken und Erinnerungen erfasste sein Hirn. Er erwartete fest, in die Finsternis gestoßen zu werden. Doch stattdessen sah er, wie aus einem Loch in der Stirn des Rottenführers Blut austrat, vermischt mit einer zähen grauen Masse. Klöraths Gesicht hatte jeglichen Ausdruck verloren, seine Pupillen stierten ins Nichts.
Einen Wimpernschlag lang stand er noch aufrecht. Dann wankte sein massiger Körper, fiel schwer zu Boden und gab den Blick frei auf Chantal, die mit der gerade abgefeuerten Pistole in Händen hinter ihm stand. Neben ihr befand sich Greta, die ihre schussbereite Waffe erleichtert sinken ließ.
»Ich wusste, dass du den Hinweis mit Geßler verstehen würdest«, keuchte Dünnbrot.
Vom Schrecken war sein Rachen zugeschwollen und rau, sodass jeder Laut seiner Stimme noch den Moment der Todesangst in sich trug.
»Es wäre fast schiefgegangen«, gestand Chantal und reichte ihm die Hand, um ihm beim Aufstehen zu helfen. »Es sah wirklich so aus, als hättest du dich mit diesem Pack eingelassen. Ich war so wütend, dass es einen Moment dauerte, bis ich's begriffen hatte.«
»Und dann auch erst, als ich dich angestoßen habe«, bemerkte Greta.
»Wir müssen zum Königstein, und das schnell.« Dünnbrot durchsuchte eilig die Leiche des SS-Mannes und nahm vorsorglich den Passierschein an sich.
»Was ist überhaupt passiert? Wo ist John? Was geht hier vor?«, bestürmte ihn Greta.
»Ich erkläre alles auf der Fahrt. Aber ihr werdet mir nicht glauben.« Er fasste beide Frauen zugleich an den Armen und zog sie mit sich in Richtung Fahrerhaus.
»Wir dürfen keine Minute verlieren, wenn du den Engländer wiedersehen willst.«
     

Stockholm, 20. Februar, 20:15 Uhr
    Aus der engen Seitengasse zwischen den finster aufragenden Lagerhäusern trat Otto Pallasch ins matte Licht einer Straßenlaterne, den breitkrempigen Hut tief ins Gesicht gezogen und den Mantelkragen hochgeschlagen. Er blickte um sich und vergewisserte sich, dass niemand in der Nähe war, bevor er sich schnellen Schrittes auf den Weg durch das dichte Schneegestöber machte.
Zielstrebig eilte er durch die Straßen, bis er zu einer schummerig beleuchteten Telefonzelle kam. Er ging hinein, nahm den Hörer von der Gabel und begann, nachdem er eine Münze eingeworfen hatte, die Nummer zu wählen, die er auswendig kannte.
Vom anderen Ende der Leitung war ein Signalton zu hören. Dann wurde abgehoben.
»Ingmar Svensson, Antikvitetshandlare«, meldete sich eine Stimme.
»Hier spricht Otto Pallasch. Ich habe etwas für Sie, Herr Svensson.«
     

Washington, D. C., In der Zentrale der CIG
    Agent Smith schaltete schnell das Tonbandgerät ein und drehte den Regler am Lautsprecher höher. Die CIG hörte Svenssons Telefonanschluss ab, seitdem es vor Wochen gelungen war, eine Reihe illegal nach Brasilien verkaufter Gemälde bis zu ihm zurückzuverfolgen. Aber die Lieferanten, von denen er seine Ware bezog, hatten sich in dieser Zeit nicht bei ihm gemeldet, sodass der Verdacht aufgekommen war, sie hätten den Kontakt zu dem Schweden abgebrochen. Diese Möglichkeit hatte als ständiger Albdruck auf Smith gelastet. Er musste den Kunstschiebern, die sich am Eigentum der Vereinigten Staaten bereicherten, auf die Spur kommen. Seine Karriere war an einem toten Punkt angelangt, nur ein spektakulärer Erfolg konnte ihm noch helfen.
Smith drückte die nicht einmal halb aufgerauchte Zigarette im Aschenbecher aus und verfolgte angespannt das Gespräch zwischen Svensson und dem Unbekannten, das tausende von Meilen entfernt jenseits des Atlantiks geführt wurde.
     

Stockholm
    »Herr Pallasch! Es ist stets angenehm, von Ihnen zu hören«, versicherte Svensson erfreut. »Sie haben wieder etwas für mich? Ein verschollenes Gemälde aus den geheimen Depots?«
»So ist es.«
»Worum handelt es sich? Wieder etwas so

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