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Im Jahre Ragnarök

Titel: Im Jahre Ragnarök Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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rammte ihm mit einem festen Tritt den Stiefel in die Magengrube und schlug mit beiden Fäusten auf ihn ein. »Ich bringe das verdammte Schwein um!«, schrie er mit sich überschlagender Stimme.
Tubber versuchte sofort dazwischenzugehen, doch gelang es ihm nicht, den rasenden Dünnbrot zu bändigen. Erst als auch noch Greta eingriff, konnten beide mit vereinten Kräften und unter großen Anstrengungen den besinnungslos Tobenden packen und festhalten. Und dennoch konnten sie nicht verhindern, dass er nochmals zutrat. Die Stiefelsohle traf Smith ins Gesicht, Blut spritzte aus dessen Nase.
»Nehmen Sie sich zusammen, Mann! Was ist in Sie gefahren?«, herrschte Tubber den Polizisten an, der sich wutentbrannt in seinem Griff wand.
Dünnbrot ignorierte Tubber völlig und schrie Smith an: »Erkennst du mich wieder?
Erkennst du mich? Bestimmt nicht! Du Scheißkerl hast ja schon zu viele Leben zerstört, um dich an jedes einzelne deiner Opfer zu erinnern! Du bist ein toter Mann! Tot! Tot! Hörst du? Tot!«
Tubber, fassungslos und entsetzt über Dünnbrots an Wahnsinn grenzende Ausfälle, versuchte ihn zu unterbrechen. Doch das brachte den Deutschen nur noch mehr auf.
»Halten Sie die Schnauze!«, brüllte er, und seine Augen schienen aus dem nunmehr dunkelroten Kopf zu quellen. »Dieses Stück Scheiße da war bei den Schockern !
Als meine Familie todkrank war, hat er mir verboten, zu ihnen zu gehen und ihnen Antibiotika zu bringen!«
Der kalkbleiche Smith schüttelte hektisch den Kopf, doch das ließ Dünnbrots Wut noch anwachsen. »Du warst es, du Schwein! Was hast du mir damals gesagt, Smith? Dann wird das Geschmeiß halt verrecken, ohne dass Sie Händchen halten! «
Smith riss die Augen in Panik auf. Angstschweiß rann ihm aus allen Poren über das blasse Gesicht. Dünnbrot stieß einen Schrei aus, in dem sich sein ganzer Hass, seine Rache, seine Verzweiflung bündelten. Dann riss er sich los und stürzte sich auf Smith. Er stieß ihm die Stiefelspitze so fest in den Schritt, dass Smith um Atem rang, keuchte und würgte. Dann prügelte Dünnbrot hemmungslos auf den Gefesselten ein, bis es Tubber und Greta endlich schafften, ihn zurückzuzerren. Ein Teil von Tubber hätte Dünnbrot am liebsten auf der Stelle wieder losgelassen. Wenn er je einen Amerikaner wirklich grenzenlos verabscheut hatte, dann seit einer Minute diesen. Und er wusste, dass sein Vorstellungsvermögen nicht ausreichte, um nachzuempfinden, welche Wirkung das unerwartete Zusammentreffen mit Smith in Kassel auf Dünnbrot gehabt haben musste. Ja, er verspürte einen starken Drang, den Griff an Dünnbrots Armen zu lockern. Aber er konnte nicht riskieren, dass der Deutsche Smith möglicherweise zu Tode prügelte. Mit Menschlichkeit oder Mitleid hatte diese Entscheidung nichts zu tun, es war reines Kalkül. Vielleicht würde der Amerikaner noch von Nutzen sein, als Faustpfand oder Mittelsmann. Darum, und nur darum, musste er ihn vor Dünnbrots Rache beschützen, selbst wenn ihn dabei ekelte.
»Halten Sie sich endlich zurück, Dünnbrot. Wenn Sie ihn noch einmal angreifen, schieße ich«, warnte Tubber und setzte beschwörend hinzu: »Bei Gott, das werde ich tun.«
Ein letztes Mal unternahm Dünnbrot einen Versuch, sich aus Tubbers Griff zu befreien. Dann schien plötzlich alle Kraft aus seinem Körper zu entweichen. Seine Beine gaben unter ihm nach, er sackte zu Boden und vergrub das Gesicht in den Händen. Ein halb ersticktes Schluchzen war alles, was er von sich geben konnte.
Der Anblick des in sich zusammengesunkenen Dünnbrot verursachte in Tubber ein flaues Gefühl. Er schämte sich, jedoch nicht für Dünnbrots Verhalten, für das er Verständnis hatte; er schämte sich für seine eigene Hilflosigkeit, weil er nicht wusste, wie er reagieren sollte. Endlich nahm sich Greta Dünnbrots an, legte den Arm um ihn und sprach leise und beruhigend zu ihm.
Tubber holte tief Luft. Dann wandte er sich Smith zu, ging vor ihm in die Hocke und zog ihm unsanft den Knebel aus dem Mund. Ein zähflüssiges Rinnsal aus Blut und Speichel floss über die geschwollene Unterlippe. Er blickte ihm hart in die geweiteten Augen und sagte so gelassen, als würde er einem Passanten den Weg zur Paddington Station erklären: »Ich rate Ihnen, mir alle meine Fragen zu beantworten, Sir . Ansonsten könnte ich mich unter Umständen außerstande sehen, Kommissar Dünnbrot, sobald der sich wieder gefangen hat, weiterhin von Ihnen fernzuhalten.
Und dann, so vermute ich, würde er Sie mit

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