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Im Jahre Ragnarök

Titel: Im Jahre Ragnarök Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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vorgefallen war. Falls Dünnbrot und er wirklich nicht zurückkehrten, konnten sie dem amerikanischen Kommandanten zumindest die Hintergründe komplett schildern, wenn auch bestenfalls ungewiss war, ob das etwas nützen würde. Es war Tubber ohnehin lieber, wenn dieser Fall nie eintrat.
Er ermahnte Greta noch einmal, gut auf Agent Smith aufzupassen. Dann tippte er Dünnbrot auf die Schulter, da der immer noch Chantal eng umschlungen hielt.
Unwillig löste sich der Polizist von ihr und machte sich zusammen mit dem Engländer auf den Weg.

Sie ließen den Lastwagen hinter sich und stapften durch kniehohes feuchtes Gras in Richtung der gelben Schilder. Bei jedem Schritt saugten sich ihre Schuhsohlen am weichen Boden fest und lösten sich mit einem schmatzenden Geräusch wieder.
»Ich mache diesen ganzen selbstmörderischen Kram nur aus einem einzigen Grund mit«, brummte Dünnbrot.
»Pflichtgefühl?«, vermutete Tubber.
Dünnbrot stieß ein kurzes, verächtliches Schnauben aus. »Seien Sie nicht albern.
Nein, ich mache das, um die Nazis aufzuhalten, egal was sie im Schilde führen. Ich habe mit denen eine Rechnung zu begleichen. Letztlich ist dieses Pack an allem schuld, an dieser ganzen Scheiße. Auch daran, dass ich meine Frau und Tochter verloren habe. Und jetzt, wo ich endlich wieder ... nein, ich lasse nicht zu, dass diese Bande noch mal alles in Brand steckt!« Schön, dass wenigstens einer von uns wirklich weiß, warum er sich auf das hier eingelassen hat , dachte Tubber bei sich.
Sie erreichten das Warnschild, hinter dem das Sperrgebiet begann, und überschritten die unsichtbare Trennlinie.
Dünnbrot holte tief Luft. »Nun wird es ernst.«
»Nur die Ruhe. Ich weiß, wie man sich in feindlichem Gebiet bewegt«, versicherte ihm Tubber . »Tun Sie einfach, was ich tue, und Ihnen kann gar nichts zustoßen. Verlassen Sie sich ganz auf mich.«
* * *
    Die Mündung der Maschinenpistole war drohend auf Tubber und Dünnbrot gerichtet.
Sie hielten die Arme erhoben und wagten kaum zu atmen. Mit dem lauernden Blick eines jederzeit zum Sprung bereiten Wachhundes behielt der Mann im gefleckten Tarnanzug die beiden Gefangenen im Auge, während ein zweiter, offenbar sein Vorgesetzter, in ihren Papieren blätterte.
Nach einer Weile steckte er die Ausweise wortlos ein und holte aus seiner Gürteltasche ein Metalletui hervor, dem er eine kleine Injektionsspritze entnahm.
»Ärmel bis zum linken Oberarm hochschieben«, befahl er kurz.
Tubber zuckte zusammen, als er die Nadel sah. Er ahnte, was die Spritze enthielt.
Nun wurde ihm klar, was mit den Menschen geschehen war, die sich in das Sperrgebiet gewagt hatten. »Was haben Sie vor?«, stieß er alarmiert hervor.
Der Mann trat zunächst auf Dünnbrot zu und brummte: »Maul halten. Machen Sie, was ich sage. Dann wird's kurz und schmerzlos.«
Als sich keiner seiner Gefangenen rührte, packte er Dünnbrots linken Arm und schob die Ärmel von Mantel und Uniformrock hinauf. Dem Kommissar traten in stummer Panik die Augen aus den Höhlen, als sich die Spitze der Nadel seiner Armbeuge näherte.
Dann aber zog der Mann die Spritze unvermittelt zurück.
»Was ist los, Scharführer?«, fragte der andere Bewaffnete irritiert.
»Das ist einer von uns!«, entgegnete der SS-Feldwebel. »Hier, sieh dir das an!«
Er zeigte auf einen unscheinbaren blauschwarzen Fleck, nicht einmal so groß wie ein Daumennagel, auf der Innenseite von Dünnbrots Oberarm. Nur, wenn man genau hinschaute, wurde der in die Haut tätowierte Buchstabe A erkennbar. Er gab die Blutgruppe an. Und er machte seinen Träger als ehemaligen Angehörigen der SS kenntlich.
Fassungslos starrte Tubber auf Dünnbrot.
Der Deutsche wich seinem Blick aus.
Zu spät bemerkte Tubber, dass auch der SS-Mann mit der Maschinenpistole für einen Moment so erstaunt gewesen war, dass es vielleicht möglich gewesen wäre, ihn zu überwältigen und ihm die Waffe zu entreißen. Doch die Chance war vertan.
»Was machen wir mit ihm?«, fragte der Bewacher unschlüssig. »Mitnehmen, was sonst? Du kennst doch die Befehle für den Fall, dass wir Angehörige des Ordens aufgreifen«, erwiderte der Scharführer und wandte sich nun Tubber zu.
Gerade wollte er den Arm des Engländers freilegen, als ein weißer Jeep mit Rotkreuz-Emblem aus dem Wald kam und mit einer forschen Bremsung direkt neben den SS-Soldaten und ihren Gefangenen anhielt. Hinter dem Steuer saß ein groß gewachsener blonder Mann um die dreißig Jahre.
Tubber war vor Todesangst zu nervös, um

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