Im Keller
Runden, aber gegen zehn Uhr war zumindest Cla udia fix und fertig.
Diesmal nahm Arthur sie mit zu sich nach Hause. Unterwegs entfuhr Claudia plötzlich, ohne das s sie darüber nachgedacht hätte: „Manchmal hab ich das Gefühl, im falschen Körper gefangen zu sein.“
Arthur wandte den Kopf und guckte überrascht. „Bitte?!“
„Ja, ich finde, ich gehöre eigentlich in den Körper einer schlanken, langbeinigen, 20jährigen Brasilianerin!“
Arthur schaute wieder auf die Straße und lachte. „Kein schlechter Gedanke.“
„Vergiss es - wir hätten uns nie kennen gelernt. Für eine brasilianische Schönheit bist du zu alt, zu arm und zu klein.“
„Ich bin nicht klein!“ , protestierte Arthur.
„Das ist relativ. Für mich reicht’s.“
„Liebe Claudia, du bist manchmal taktvoll wie ein besoffener Holzfäller!“
„Danke. Gibt’s übrigens was Neues im Fall Clemens K.?“
Arthur schien sich entschieden zu haben, keine Details mehr auszuplaudern, und so bekam Claudia nichts Überraschendes zu hören. Schließlich kamen sie in dem Stadtteil an, in dem Arthur wohnte, und zwar in einem Mehrfamilienhaus unterm Dach. Der Hausflur sah nicht sehr einladend aus, und auch Arthurs Wohnungsflur hätte einen neuen Fußboden und neue Wandfarbe vertragen.
Als er sie aber ins Wohnzimmer schickte, während er etwas zu trinken holte, war sie ang enehm überrascht: braunes Ledersofa und ebensolche Sessel im altenglischen Stil, viele Regale mit Büchern, superflacher Fernseher vor einer orangeroten Wand. Ein paar große Fotos von weltbekannten Brücken an den Wänden, zwei Stehlampen. Wenig Deko-Kram. Trotzdem richtig gemütlich.
Als Arthur zurück war, setzten sie sich auf der Couch eng aneinander, erzählten sich noch ein bisschen aus ihrem Leben und knutschten sich zwischendurch ab. Den Rest des Abends ve rbrachten sie in Arthurs Schlafzimmer, bei Kerzenlicht und leiser Musik im breiten Bett.
Am nächsten Morgen bekam Claudia auch die Küche zu sehen, modern, teuer, funktional. Nach dem Frühstück (Arthur hatte am Vortag üppig eingekauft) zeigte er ihr noch sein drittes Zimmer: Schreibtisch mit PC, ein paar Trimmgeräte. Im Bad hielt sie sich aus purer Neugier etwas länger auf und stöberte in diversen Schränkchen und Schubladen herum. Zu Tage k amen ausreichend viele Tabletten, Salben und Sprays, um eine neue Apotheke zu eröffnen. Jedes nur denkbare Wehwehchen war abgedeckt, während Medikamente gegen ernsthafte Erkrankungen nicht zu finden waren. Aber vielleicht hatte er die unterm Bett versteckt.
Zum Mittagessen lud Arthur sie ins Restaurant ein, danach machten sie einen ausg edehnten Spaziergang am Rhein. Es war sonnig und warm.
Irgendwann fragte Arthur: „Wann kommen die Kinder zurück?“
Wie süß, er nannte sie nicht ,deine‘ Kinder, sondern ,die‘ Kinder, so, als hätte er sie bereits adoptiert.
„Mein Ex liefert sie meistens so gegen acht zehn Uhr bei mir ab.“
Arthur nickte. Auf den Wiesen und Wegen auf dieser und der anderen Rheinseite waren jede Menge Leute unterwegs. Hunde tollten herum, Kinder zogen Drachen in den türkisblauen Himmel, hier am Fluss wehte auch im April immer eine Brise. Vor ihnen überspannte elegant eine rotbraun gestrichene Brücke neueren Datums die Fluten. Hinter ihnen führten drei weitere Brücken, darunter eine alte Eisenbahnbrücke mit dunkler, massiger Stahlstreben-Konstruktion, über den Rhein.
Claudia erzählte von ihren Kindern, Arthur von seiner irischen Tanztruppe. Ab und zu drückte er Claudias Hand, und sofort durchflutete ein Gefühl von Wärme, von Zuneigung, von Freude ihr Gemüt. Sie fühlte sich so aufgedreht, wie mit neuem Leben erfüllt, so fröhlich und hoffnungsfroh wie vielleicht noch nie.
Plötzlich tippte Arthur auf seine Uhr. „Wir müssen.“
Sie gingen den gleichen Weg zurück, den sie gekommen waren, vor sich jetzt wieder die Aussicht auf die drei Rheinbrücken, und Claudia bemerkte zufrieden, dass ihnen immer noch nicht der Gesprächsstoff ausging. Ein gutes Zeichen, fand sie.
Als sie im Auto saßen, meinte Arthur mit seinem komischen Lächeln im Gesicht: „ Sollen wir uns nachher zum krönenden Abschluss des Wochenendes noch mal auf deiner Bettcouch zusammenzutun?“
Claudia hielt das im Prinzip für eine gute Idee. „Aber wieso bei mir?! Ich muss dann noch großartig aufräumen, bevor die Kinder kommen! Du brauchst dich doch den ganzen Abend um niemand mehr zu kümmern!“
„Gut, gehen wir zu mir“, brummte Arthur. „So
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