Im Kettenhemd (German Edition)
die Normannen auf der Westseite Gräben und Speersperren zu ihrem Schutz errichtet hätten. Es sollte auch einen kleinen befestigten Wall links von der Hauptstreitmacht geben. Hier seien die Türme besser besetzt und man könne sich nur bei Dunkelheit annähern.
Das mussten sie unbedingt schnellstens dem Heerführer berichten, ehe der Angriff auf die linke Flanke in einem Fiasko enden würde. Die Gruppe erreichte in den Morgenstunden des 22. Juni das Lager und schlich sich nach Art der Aufklärer so dicht an den Vorposten heran, dass der wohl gegen einen Feind keine Chance gehabt hätte.
»Du sollst wachen und nicht schlafen, du fetter Sack«, fauchte ihn Ritter von Lechtenberg an. »Mit solchen Kerlen werden wir jeden Krieg verlieren«, funkelte er zu seinen Leuten hinüber. Der arme Teufel stammelte unverständliches Zeug und war einem Herzanfall nahe. Von Leuchtenberg war ein unduldsamer Mann und verlangte viel von seinen Leuten, war aber auch als gnadenvoller Mann seinen Gegnern gegenüber bekannt. Es wurde über ihn gesagt, er hätte einst einem feindlichen Ritter den Helm vom Kopf geschlagen, ihn dann aber ob seiner Jugend verschont.
Rainier de Dijon war hochzufrieden mit seinen Kundschaftern, legte die Hand auf Ritter Lechtenbergs Schulter und sprach anerkennend: »Der König hat sein Geld nicht verschwendet, mein lieber Freiherr von Lechtenberg.« Die Nachrichten der Erkunder brachten den Anführern nun Gewissheit, und so konnten sie die Schlachtordnung wählen, die den Engländern am wenigsten behagte.
Am Abend des 22. Juni 1372 stand das französische Heer bereit, sich auf die Engländer zu stürzen.
5. Kapitel
Vor der Schlacht
Im Lager des französischen Heeres war man bereit, sich zum Kampf zu stellen. Die Fußtruppen unter von Bingen waren kampferprobte Soldaten, die schon in vielen Gefechten ihren Mann gestanden hatten.
Burghart von Bingen war ein schlauer Anführer, dem man seine vierzig Jahre nicht ansah. Mit breiter Nase und verwegenem Oberlippenbart machte er wie immer eine imposante Figur. Sein dunkelblondes Haar wallte fast wie bei einem Jüngling unter seiner Sturmhaube hervor und zeigte keinerlei Grau. In einer Zeit, in der das gemeine Volk etwa fünfunddreißig Jahre alt wurde, war er ein Phänomen. Sein Schwertarm war weithin gefürchtet und seine Männer schätzten seine Besonnenheit.
Seine Kämpfer waren bestens ausgerüstet und hatten gute Schilde, die leicht und trotzdem fest genug waren, einem Axthieb zu widerstehen. Von Bingen selbst achtete sehr genau auf den Zustand der Kriegsausrüstung seiner Männer und hatte alle Schilde mit einem Dorn versehen lassen. Diese meist von den Mauren eingesetzte Waffe hatte von Bingen auf den spanischen Feldzügen fürchten gelernt. Ein Stoß mit dem Schildsporn konnte den Gegner verwunden und einen schnellen Sieg bringen. Der Sporn konnte eine Schwachstelle durchstoßen und verletzte den Feind so, dass er sich nicht mehr gut verteidigen konnte. Die Helme der Sturmrotten waren meist italienischer oder deutscher Bauart. Die einen setzten auf abgleitende Klingen bei einem Hieb von oben, andere wieder auf deutsche Topfhelme oder die Hundsgugel, welche sehr viel Widerstand auch gegen Bidenhänder boten. Die Ritter mit den Hundsgugel-Helmen erinnerten durch die besondere Form der Visiere an einen Hundekopf und sahen besonders furchterregend aus. Die Kettenhemden dieser tapferen Kerle wurden nach harten Kämpfen von den Waffenschmieden aufs genaueste repariert, um unnötige Ausfälle durch frühzeitige Verwundungen zu vermeiden.
Alle Männer dieser Streitmacht hatten eine recht gute Kondition und bekamen an den Vortagen das beste Essen mit reichlich Eiern und Fleisch.
Die Tapfersten, die unter von Bingen kämpften, waren die Träger der Bidenhänder. Diese bildeten mit ihren Langschwertern die Angriffsspitze und waren besonders ausdauernd. Mit ihren Schwertern sollten sie auch diesmal die Lanzen der Verteidiger zerschlagen, um eine Bresche in die Reihen der Normannen zu hauen. Gleichzeitig sollten sie sich gegenseitig schützen, um möglichst wenig Verluste zu erleiden. Vor diesen Kerlen hatte das Kriegsvolk für gewöhnlich den größten Respekt und nur sehr geschickte Verteidiger konnten sich gegen sie halten.
Die Information über die Aufstellung des Feindes, welche die Kundschafter brachten, erreichte die Befehlshaber gerade noch rechtzeitig, um Vorkehrungen treffen zu können.
Den Gefangenen unterzog man alsbald einer peinlichen Befragung. Sie hatten
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