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Im Kettenhemd (German Edition)

Im Kettenhemd (German Edition)

Titel: Im Kettenhemd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Reitze
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kleinen Mulde zu liegen.
Bei fast totaler Finsternis beobachteten sie nun das Treiben im Lager der Engländer. Als ein kleiner Igel vor ihnen im Gras raschelte, war dies in der Stille ein Geräusch, als würde jemand auf sie zu kommen. Die Männer kannten sich mit nächtlichen Erkundungen gut aus, aber dennoch war es jedes Mal ein Spiel mit den eigenen Nerven. Egmond, der kräftige Mann aus der Bretagne, streckte gerade seine Hand nach dem Tierchen aus, als einige Fuß vor ihnen ein hochgewachsener Mann wie aus dem Nichts auftauchte und sich offensichtlich seines Weines entledigen wollte. Da wären wir doch fast noch auf diesen Kerl getreten, ohne ihn zu sehen, dachte der Lechtenberger und mit ihm sicher auch die anderen. Alle drückten sich fest an den Boden, um ja nicht entdeckt zu werden. Hier also hatten die Engländer einen Beobachtungsposten, der sicher Alarm schlagen würde, wenn sich unsere Truppen näherten.
Ulrich entschied, diese englische Rotte auszuschalten. Als der Engländer sein Geschäft erledigt hatte und in Richtung seines Verstecks zurückging, bedeutete er seinen Männern, sich von zwei Seiten an den Wachposten anzuschleichen. Alle in der Gruppe wussten aus guter Erfahrung, was zu tun war, und waren bereit, diesen Posten unschädlich zu machen. Es kam wie immer auf absolute Stille an, um die Überraschung nicht zu vergeben.
Langsam, ganz langsam glitten sie voran in die Richtung, in die der Engländer zurückgegangen war. Der Moosboden schluckte auch das kleinste Geräusch, als sie plötzlich das Versteck der englischen Beobachter vor sich hatten. Es waren insgesamt drei Mann und einer rauchte eine Pfeife. Die Kerle hockten in einer für die französische Artillerie idealen Senke und hatten noch nichts von der Anwesenheit ihrer Feinde bemerkt. Am aufglimmenden Tabak konnten sich die Männer um von Lechtenberg gut orientieren. Die Kerle sprachen im Flüsterton miteinander und waren so gut abgelenkt. Egmond schlich, wie sie es schon oft praktiziert hatten, um die Gruppe herum, stand plötzlich auf und torkelte wie ein Betrunkener auf die Kerle zu. Als alle wie vom Blitz getroffen herumfuhren und ihn anstarrten, als hätten sie den Teufel gesehen, war dies das Letzte, was sie auf dieser Welt zu Gesicht bekamen. Die Hand auf den Mund gepresst, erstickte ein Stich in die Nieren jeden Laut, der die Anwesenheit der Français verraten könnte. Den Pfeifenraucher verschonten sie, denn er war nun ihr Gefangener.
»Wie oft werdet ihr hier abgelöst?«, wollte Ulrich wissen.
Im Angesicht des Todes seiner Kameraden plauderte der Kerl wie ein Wasserfall: »Wir sind hier immer für drei Tage postiert, Sir. Sind heute morgen erst hierhergekommen.«
»Wenn du uns belügst, wirst du unter der Folter sterben«, drohte Ulrich, um sicherzugehen.
»Ich sage die reine Wahrheit, Sir«, winselte der Bursche und warf sich Ulrich zu Füßen.
»Drei Mann bleiben für alle Fälle hier. Zieht euch das englische Zeug über und gebt Signal, wenn morgen die Unsrigen kommen«, befahl der Lechtenberger seinen Männern.
Aus dieser Position konnten sie nun auch die Ecktürme viel besser ausspähen, die aber nicht besetzt schienen. Die Kerle fühlten sich offensichtlich recht sicher. Nun war auch das große Tor gut erkennbar. Es war mit Eisenbändern beschlagen und erinnerte sehr an das Portal der Kathedrale von Rouen. Der Beschuss des Lagers sollte von hier aus seine Wirkung nicht verfehlen und der Gefangene würde sicher »gern« sein Wissen mit ihnen teilen.
Nun war Eile geboten. Schnell mit den Erkundungen über die Stärke und Position des Feindes zurück zu den Pferden, in der Hoffnung, dass die westliche Gruppe ebenso erfolgreich und auch halbwegs pünktlich am verabredeten Platz sein würde.
Sie hasteten über die Wiesen, immer auf der Hut, sich nicht bemerkbar zu machen. Der Mond schien inzwischen hell am Himmel, sich im Laufen tief zu bücken war nicht jedermanns Sache. Es dauerte für die meisten in der Gruppe eine halbe Ewigkeit, ehe sie den Sammelpunkt erreichten. Dort war keine Wache zu sehen und man war auf das Schlimmste gefasst. Alle hatten ihren Dolch fest umfasst und waren zum Kampf bereit, als eine leise Stimme aus der Finsternis zu ihnen sprach: »Herr Ulrich, seid Ihr es, oder muss ich euch Kerle töten?«
»Der Bursche hat Witz!«, meinten die Männer und waren erleichtert, dass alles in Ordnung war. Es dauerte nicht mehr sehr lange, und die zweite Gruppe traf ebenfalls ein. Ihr Hauptmann Karl berichtete, dass

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