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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
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wurde. Es hatte sie eigentlich nie besonders gestört, denn es ersparte ihr eigene Entscheidungen, eine beschämende Tatsache vielleicht, aber die Erleichterung wog schwerer als die Scham.

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    Dann brauchte sie sich jetzt auch nicht scheuen, Mary von der Halskette zu berichten, denn offenbar war Mary ohnehin schon im Bilde.
    »Dann weißt du ja Bescheid«, sagte sie schließlich, dachte an Mr.
    Isaacs, an die Numdahs, mehr jedoch an die Goldkette mit den Diamanten, die in Davids Atelier verschlossen in irgendeiner Schublade lag, eine Zeitbombe. Und Jeanetta im Erkerzimmer, ähnlich kaltge-stellt. Mary nickte wissend, dachte ihrerseits nur an Claud, an Leute, die anderen etwas wegnehmen, an Paare im Bett.
    »Es war nicht meine Schuld«, stammelte Katherine. »Es ist einfach so gekommen. Ich konnte nichts dafür.«
    Mary beugte sich mit wutverzerrtem Gesicht über den Tisch.
    »Kannst nichts dafür, wie? Konntest noch nie widerstehen, wie?
    Machtlos gegen jeden bewundernden Männerblick, was?«
    Noch während sie die Worte herausspuckte, hatte Katherine zu würgen und husten begonnen. Ihr klebte das Brot am Gaumen, an dem sie gedankenverloren geknabbert hatte, und verursachte Brechreiz. An den Brotkrumen klebte auch noch anderes, und sie hatte sich vor Erleichterung über die Aussicht, einen Teil ihrer Last auf Mary abwälzen zu können, verschluckt.
    »Bitte, laß mich erklären«, haspelte sie, Tränen vom Husten in den Augen. »Zu Hause ist alles so schrecklich. David ist so wütend auf mich… und Jeanetta… Was soll ich bloß tun? Wenn du mich anhö-
    ren würdest… du könntest mir sicher einen Rat geben! Ach, wenn du nur mit mir nach Hause kommen könntest! Könntest du nicht mit-kommen?«
    Mary war am Ende ihrer Geduld angelangt. Die überfällige Einladung, jetzt, unter solchen Umständen, fast flehend ausgesprochen, stieß ihr sauer auf. Eifersucht rüttelte sie in eiserner Faust.
    »Nein, ich lasse dich nicht erklären!« schrie sie. »Jetzt nicht, später nicht, gar nicht! Was erlaubst du dir eigentlich, anzunehmen, daß ich Verständnis hätte! Du bist ein billiges Flittchen! Wenn er dich auf die Straße setzt, brauchst du nicht glauben, daß du zu mir gerannt kommen kannst!«
    Katherine beugte sich auf ihrem unbequemen Stuhl vor, sah Marys steif durchgedrücktem Kreuz nach, als sie aus dem Lokal rauschte.
    Dann schaute sie wieder zur Decke hoch. Um die Tränen der Ver-219
    zweiflung zurückzuhalten. Sie wollte ja reden, aber keiner ließ sie reden! Es hatte alles keinen Zweck. Sie hatte bei der Nachbarin Susan Pearson geklopft, von der sie wußte, daß sie da war und hatte zu hören bekommen, sie sei nicht im Haus. Sie hatte es bei den Harrisons versucht; an andere in ihrer Bekanntschaft heranzutreten, wagte sie nicht. Etwa Monica und Jenny, die unter einer Decke steckten, die sich über sie lustig machten. Sophie rief nicht mehr an. Keiner wollte sie anhören.
    Tack, tack, tack. Mary lief auf flachen, der Haltbarkeit wegen mit Stahlspitzen versehenen Pumps die Wendeltreppe zur U-Bahn-Haltestelle hinab, vor Ärger gespannt wie ein Drahtseil. Die verbleibenden Stunden dieses Tages waren bereits verplant: ein Termin sauber an den nächsten gehängt – und zu diesem nächsten war sie jetzt unterwegs. Heiße und kalte Wut; sie fixierte die Männer auf der gegenüberliegenden Bank hungrig. Ein Nachfolger für Claud mußte her, Befriedigung mußte her, zum Teufel mit Katherine. »Da hab ich ihr aber ordentlich die Meinung gesagt, das wird sie sich hinter die Ohren schreiben müssen! Die braucht nicht zu glauben, daß sie zu mir gerannt kommen kann, wenn sie sich nach bekannter Manier in die Patsche setzt, braucht nicht zu meinen, sie kann mich nach Belie-ben benutzen und fallen lassen! Soll sie doch schmoren! Für wen hält die sich eigentlich!« Es ging noch lange weiter in dieser Art selbstgerechten Zorns, endloser Schimpftiraden. »Ausstellungen besuchen!
    Wie ich es hasse, wenn die Leute meine Zeit stehlen! Soll sie mit Claud in ihre Ausstellungen gehen! Glaubt sie, ich hätte nichts Besseres zu tun, blöde Wohlstands-Kuh!« Mary warf einen Blick auf die riesigen Zeiger ihrer Uhr. Sie käme zum nächsten Termin zu früh.
    Egal, sie hatte zu tun, die würden sie einfach eher drannehmen müssen. Sie war jetzt zu sehr in Fahrt, um sich bremsen zu lassen.
    Weiter ging es. Tack, tack, tack die Nebenstraße im Westend hinauf, die zum Präventionszentrum »Kinder in Not« führte, dessen Diensträume sie

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