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Im Koma

Titel: Im Koma Kostenlos Bücher Online Lesen
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Ich muss hier raus. Mir bleibt keine Zeit mehr.
    Sie versuchte, all ihre Kraft in ihren Füßen zu konzentrieren. Wundersamerweise spürte sie unverzüglich ein Kribbeln in den Beinen und Oberschenkeln. Sie streckte die Arme in voller Länge aus und bewegte die Hände. Ihr Körper reagierte. Er sammelte Kraft, suchte all seine Reserven zusammen und bereitete sich darauf vor, sich aus dem Bett zu heben.
    Und dann... nichts.
    Ihr Rücken lag flach und unbeweglich auf der Matratze. Ihr Kopf hob sich nicht vom Kissen. Sie würde nirgendwohin gehen.
    Was hatte sie geglaubt? Selbst wenn sie es geschafft hätte, sich zu bewegen, konnte sie nach wie vor nicht sehen. Sie konnte nicht sprechen. Sie konnte nicht um Hilfe schreien. Und außerdem, wer würde sie hören? Patsy?
    Glaubte sie wirklich, dass Patsy zu ihrer Rettung eilen würde?
    Casey hörte leise Stimmen aus der Halle im Erdgeschoss und dann Schritte auf der Treppe. »Casey«, verkündete Warren wenig später. »Gail ist zu Besuch gekommen.«
    »Wie geht's meinem Mädchen?«, fragte Gail und küsste Casey auf die Wange.
    »Im Großen und Ganzen unverändert.«
    »Ich habe den Eindruck, dass es ihr kontinuierlich besser geht«, beharrte Gail. »Sie hat viel mehr Farbe als neulich.«
    »Findest du?«
    »Lass dich von ihrer zarten Erscheinung nicht täuschen«, sagte Gail. »Casey ist hart im Nehmen. Sie hat schon viel durchgemacht, und glaub mir, wenn sie ihre Mutter überlebt hat, kann sie alles überleben. Sogar das. Das ist nichts im Vergleich zu Alana, was, Casey?«
    Das könnte sogar meine Mutter schlagen.
    »Sie wird es überstehen«, verkündete Gail. »Casey wird sich nicht lange von so einem kleinen Koma aufhalten lassen. Oder, Casey?« Gail holte tief Luft. »Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich übers Wochenende wegfahre. Vielleicht sollte ich das nicht.«
    »Wo fährst du denn hin?«, fragte Warren.
    »Nach Martha's Vineyard. Ob du's glaubst oder nicht, ich war noch nie dort.«
    »Du wirst es lieben. Es ist wunderschön.«
    »Das sagt Stan auch dauernd, aber...«
    »Aber gar nichts. Du fährst und amüsierst dich. Das würde Casey auch wollen.«
    »Ich bin ein bisschen nervös«, gestand Gail.
    »Weswegen?«
    »Na ja«, sagte Gail. »Janine hat mich überredet, ein neues Nachthemd zu kaufen. Eng, schwarz, mit Spitzen und tief ausgeschnitten. Es ist echt hübsch, und es hat ein kleines Vermögen gekostet. Ich finde, es sieht okay aus. Es ist bloß, dass ich mich nicht so hundertprozentig wohl damit fühle, und ich wünschte wirklich, Casey könnte mir einen Rat geben.«
    »Wenn ich dir an Caseys Stelle einen Rat geben darf«, sagte Warren sanft. »Sei einfach du selbst.«
    »Du glaubst, das reicht?«
    »Wenn nicht, ist er ein Idiot und hat dich nicht verdient.«
    Gails dankbarer Seufzer erfüllte den Raum. »Vielen Dank.« Sie küsste Casey auf die Wange. »Du hast dir einen guten Mann ausgesucht, Casey«, flüsterte sie. »Ich verstehe, warum du so verrückt nach ihm bist. Aber ich sollte jetzt gehen. Auf Wiedersehen, Casey. Bis in ein paar Tagen.«
    »Ich bringe dich zur Tür.«
    Und was jetzt, fragte Casey sich, als sie das Zimmer verließen, und ballte die Fäuste. Warren schaffte es, selbst ihre beste Freundin zu täuschen. Er würde sie ermorden und ungeschoren davonkommen. Und sie konnte rein gar nichts dagegen tun.
    Es musste einen Menschen geben, der ihr helfen konnte.
    Aber was genau sollte der tun?
    Casey versuchte, ihre Knie anzuziehen, und spürte, wie sich sämtliche Muskeln in ihren Beinen verkrampften. Aber irgendetwas hatte sich bewegt, erkannte sie mit einem leichten Zittern in den Oberschenkeln. Sie versuchte, einen Fuß anzuheben, und spürte, wie er gegen das steife Laken spannte. Sie versuchte, ihre Arme zu heben und an den Ellenbogen anzuwinkeln. Sie versuchte, sich von links nach rechts zu drehen. Hatte sie sich überhaupt bewegt?
    »Oje«, sagte Patsy von der Tür. »Was ist denn mit Ihnen passiert?«
    Wie lange hatte Patsy schon dagestanden?
    »Sieht so aus, als hätte Ihre Freundin Sie ein bisschen zu heftig umarmt. Schauen Sie, was sie mit Ihrem armen Kopf gemacht hat.« Patsy trat ans Bett, fasste Caseys Kopf und rückte ihn wieder gerade. »Das war bestimmt nicht bequem. Gut, dass ich nach Ihnen gesehen habe.«
    Ich habe meinen Kopf bewegt? Ich habe tatsächlich meinen Kopf bewegt?
    Patsy trat einen Schritt zurück, als würde sie eine Handarbeit betrachten. »Das war ein ziemlich kurzer Besuch. Aber so geht das, was?

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