Im Koma
Warren ihr jetzt mit fester Stimme und ging an das nach wie vor offene Fenster. »Und du?«
Casey fragte sich, ob er bloß Konversation machen wollte. Hatte er wieder einmal Probleme einzuschlafen und wandte sich wie so oft instinktiv an sie, um sich trösten zu lassen?
Warum bist du hier?
»Es ist wirklich wunderschön draußen. Warm mit einer leichten Brise. Der Himmel ist voller Sterne. Du würdest es lieben.«
Ich habe dich geliebt. Von ganzem Herzen und mit ganzer Seele. Wie konntest du mir das antun?
»Und ist es wahr?«, fragte er und trat langsam an ihr Bett. »Hast du wirklich Drews Hand gedrückt?« Er nahm ihre Hand in seine. »Und wenn es stimmt, wenn es nicht bloß eine Ausgeburt der überspannten Fantasie deiner Schwester ist, war es bloß eine Muskelzuckung oder hast du versucht, ihr etwas mitzuteilen?«
Sie hatten also in den vergangenen Stunden beide wach gelegen und über dieselbe nagende Frage gegrübelt, dachte Casey, hatten sich mit derselben Ungewissheit gequält. Sie waren nach wie vor auf einer Wellenlänge, sogar jetzt noch.
Nur dass sie eigentlich nie auf einer Wellenlänge gewesen waren. Es war alles nur gespielt.
Vorspiel, höhnte sie.
Zum Mord.
Warren drückte Caseys Finger. »Du kannst es mir sagen, Casey«, flüsterte er verführerisch. »Du weißt doch, dass du nie etwas vor mir verbergen konntest.«
Er hatte recht, dachte Casey. Für ihn war sie immer ein offenes Buch gewesen.
»Sag mir, worüber du nachdenkst, wenn du hier Tag und Nacht liegst? Verstehst du irgendwas von dem, was passiert?«
Nein, ich verstehe gar nichts, am allerwenigsten dich.
»Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie frustrierend das sein muss, vorausgesetzt du verstehst etwas. Von erschreckend und langweilig gar nicht zu reden. Und demütigend. Und Gott weiß was noch. Ich glaube, ich wäre an deiner Stelle längst verrückt geworden. Bist du verrückt geworden, Casey?«
Vielleicht. Vielleicht bin ich wirklich verrückt.
»Bekommst du mit, wie die Zeit vergeht? Wie die Stunden deines Lebens langsam verstreichen?«
Jede Stunde, jede Minute, jede Sekunde.
»Und woran denkst du? Denkst du an mich? Denkst du daran, wie glücklich wir waren?« Er hockte sich auf die Bettkante und begann durch die dünne Decke ihren Oberschenkel zu streicheln.
O Warren dachte sie, als ihre Haut trotz allem zu kribbeln begann. Wir waren glücklich, oder nicht?
»Ich muss zugeben, dass ich dich vermisse. Ich vermisse unsere interessanten Gespräche. Ich vermisse dein Lachen, ich vermisse es, wie du dich im Bett immer an mich gekuschelt und deinen süßen kleinen Arsch an meinen Bauch gedrückt hast. Und ich vermisse deine
Berührung.« Er nahm Caseys Hand. »Hier.« Er schob die Hand langsam unter seinen Morgenmantel und legte sie auf seinen nackten Oberschenkel. »Und hier.« Er drückte ihre Hand in seinen Unterleib. »Vermisst du das auch?«, flüsterte er und schob ihre Hand noch höher.
Was macht er? Nein, das ist nicht wahr. Das kann nicht wahr sein.
»Es ist so lange her«, sagte er. »Und ich war ein so braver Junge. Du wärst stolz auf mich. Ich glaube wirklich, dass ich seit dem Unfall ein besserer Ehemann gewesen bin als vorher. Aufmerksamer, rücksichtsvoller. Auf jeden Fall treuer.«
Was sagst du da? Du warst mir untreu?
»Du hattest keine Ahnung, was?«, fragte Warren. »Nicht die geringste Ahnung, wette ich. Das war immer einer deiner größten Reize - deine Naivität. Trotz deiner Kindheit hast du Ehe und Treue hochgehalten. Du hast noch immer an Märchen geglaubt.«
Mit einem unsichtbaren Schaudern registrierte Casey, dass ihr Mann in der Vergangenheitsform von ihr sprach.
»Obwohl ich zugeben muss, dass ich im Gegensatz zu deinem Vater sehr diskret war.«
Warum erzählst du mir das? Hoffst du, dass ich irgendeine Reaktion zeige?
Warren beugte sich über sie und streifte mit seinen Lippen über ihren Mund. Casey fragte sich, wie weit er es treiben wollte, und wünschte sich, sie könnte den Kopf abwenden, ihre Hand wegziehen und ihm eine schallende Ohrfeige verpassen. Wollte er das provozieren?
Plötzlich spürte sie seine Hand an ihrem Hals, seine Finger strichen über ihre Kehle hinunter bis zwischen ihre Brüste.
»Deine Brüste werden größer werden«, hatte Gail bei ihrem letzten gemeinsamen Mittagessen gesagt, nachdem Casey von ihren Plänen berichtet hatte, schwanger zu werden. Sie hätte am liebsten gewürgt, wenn sie daran dachte, dass sie tatsächlich erwogen hatte, mit diesem Mann
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