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Im Kreis der Sünder - Kriminalroman aus dem Ruhrgebiet

Titel: Im Kreis der Sünder - Kriminalroman aus dem Ruhrgebiet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prolibris Verlag Rolf Wagner
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bewundernden Blick. Zumindest hoffte er, dass sie diesen in der Art interpretieren würde.
    »Ich stelle Ihnen ein schönes Päckchen zusammen«, gurrte sie. Mit einem strahlenden Lächeln kam sie hinter dem Tresen hervor und suchte aus einem Regal gegenüber einige bunte Zeitschriften aus. »Macht genau zehn Euro und fünfzig Cent«, erklärte sie. Dabei schob sie einen Gummiring über die Zeitschriftenrolle.
    »Wenigstens eine Person in diesem Dorf ist kompetent und freundlich«, erwiderte Barnowski, während er seine Börse aus der Hose zückte.
    »Oh, das tut mir leid, wenn sie bei uns schlechte Erfahrungen machen mussten. Ich komm ganz gut mit den Menschen hier zurecht.«
    »Dann hatten Sie bestimmt niemals mit Herrn Mikoleitschak zu tun, dem Schulleiter von Babelsberg.«
    »Aha, Mikoleitschak also.« Hinter ihrer recht hohen Stirn schien ein wahres Gedankenfeuerwerk abzulaufen. »Wollten Sie Ihren Sohn etwa dort anmelden?«, fragte sie schließlich nach längerem Zögern. »So alt sehen Sie gar nicht aus, sofern ich das einmal so sagen darf.«
    Sie lachte verlegen, Barnowski laut.
    »Kinder habe ich wirklich noch nicht, obwohl …«
    »Und wenn, sollten Sie das Kind besser nicht nach Babelsberg schicken«, erklärte sie mit geheimnisvoller Miene.
    »Wieso?«
    »Man liest und hört ja jetzt so einiges über die Zustände in Internaten.«
    »Haben Sie denn einen konkreten Verdacht?«, fragte Barnowski sichtlich interessiert. »Ich meine in Bezug auf Babelsberg.«
    Für seinen Geschmack schwieg sie einen Moment zu lange. »Nun ja, auch in diesem Internat könnte es Missbrauchsfälle gegeben haben.«
    »Gibt es etwa Gerüchte?«
    »Wenn es nur Gerüchte wären«, erklärte sie mit vielsagender Miene. »Ich könnte Ihnen da einiges erzählen, aber man kommt so schnell in Teufels Küche.«
    Ihre ambivalente Haltung war förmlich greifbar, und Barnowski überlegte krampfhaft, wie er noch mehr aus ihr herauslocken konnte. »Also nicht nur Gerüchte. Dann ist das ein oder andere bekannt.«
    »Was heißt schon bekannt?« Sie schien nach Worten zu suchen. »Aus Scham reden die Opfer nicht gern darüber. Vielleicht empfinden sie sogar Schuldgefühle, auch wenn man die Ärmsten am allerwenigsten dafür verurteilen kann.«
    »Aber woher nehmen Sie die Sicherheit, dass es mehr als Gerede ist?«, forderte Barnowski sie heraus.
    Sie beugte sich etwas weiter nach vorn. »Ganz privat weiß ich na­ türlich so einiges«, flüsterte sie. »Ich kenne eine betroffene Person, habe allerdings versprochen, niemals darüber zu reden.« Plötzlich streckte sie sich. »Und dieses Versprechen halte ich auch.«
    Schade, dachte Barnowski. Aus der Dame würde er im Moment sicher nicht mehr herausbekommen. Trotzdem waren die Andeu­ tungen hochinteressant und standen womöglich in Bezug zu ihrem aktuellen Fall. Plötzlich fiel ihm ein, dass Pielkötter seit geraumer Zeit wartend im Dienstwagen saß. »Leider muss ich jetzt aufbrechen«, erklärte er der sichtlich enttäuschten Frau. »Wenn ich wie der in der Gegend bin, schaue ich gerne zu Ihnen herein.« Zum Ab­ schied schenkte er ihr ein strahlendes Lächeln, dann eilte er hinaus.
    »Geht doch nix über so’n herben Ruhrpottcharme«, ließ er seinen Chef wissen, nachdem er zum Wagen zurückgekehrt war.
    »Sie werden es sich gewiss nicht nehmen lassen, mir zu sagen, was Sie damit meinen. Vorher aber noch das: Unsere Leute im Präsidium waren schnell: Ich habe die Adressen von Gabrillani und Liebermann. Das Söhnchen Ernst-Theodor ist übrigens wirklich Arzt geworden. Und jetzt erzählen Sie.«
    »Die Dame war ein echter Glücksgriff, man muss eben seine Chancen zu nutzen wissen.« Der verdreht jetzt innerlich die Au gen, dachte Barnowski. »Also: Bingo! Und ohne Zentralcomputer.«
    Auf Pielkötters Stirn standen immer noch zig Fragezeichen, doch ehe er sich in einen Wutanfall hineinsteigern konnte, klärte ihn Barnowski auf.
    »Bleibt nur die Frage offen, wie oder ob die Missbrauchsfälle in Babelsberg mit den Morden in Verbindung stehen«, kommentierte Pielkötter den Bericht, wobei er auf das Armaturenbrett schlug. »Zumindest zeitlich käme ein Zusammenhang durchaus hin.« Erneut krachte seine Hand auf das Armaturenbrett. »Pädophile kotzen mich einfach an.«
    Barnowski hatte Pielkötter selten so emotional erlebt.
    »Jeder Missbrauch ist für sich schon schlimm genug. Aber das Schlimmste ist ja, dass daraus eine endlose Kette werden kann. Wenn ehemalige Opfer selbst zu Tätern

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