Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Kühlfach nebenan

Titel: Im Kühlfach nebenan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
Vom Netzwerk:
dahingekommen war. Vielleicht war ja der
     echte, durchschnittlich große Kuri unter ihm begraben. Seine platt gedrückte Hülle könnte man finden, wenn man den Fettsack
     mit einem Kran von dem Sitzmöbel entfernen würde. Jahre später.
    »Meine Güte, Pascha«, kicherte Marlene. »Du hast eine ziemlich ausgefallene Fantasie.« »Medizinisch gesehen denkbar«, sagte
     Martin nach kurzer Überlegung. Dann verzog sich sein Mund zu einem leichten Grinsen.
    Ich kippte mental aus den Latschen. Martin, mein Martin, |236| hatte einen Witz gemacht. Den ersten, seit er vom Tode wiederauferstanden war. Ich wusste doch, dass eine ordentliche Mordermittlung
     das beste Mittel gegen Depressionen war.
    Martin lächelte peinlich berührt. »Nein«, wehrte er ab. »Dies ist der letzte Fall, auf den ich mich eingelassen habe. Danach
     ist definitiv Schluss.« Ich widersprach nicht, dachte mir aber meinen Teil. Marlene hatte sich derweil etwas umgesehen und
     rief mich nun in ein Hinterzimmer, in dem drei Ölköpfe ein Gespräch unter Männern führten. »Ey, weiß nicht, Chef. Lag hier
     so rum«, sagte ein Typ in schwarzer Jeans, weißem T-Shirt und schwarzem Lederblouson, dessen unsteter Blick, die hektischen Gesten und die Schweißperlen auf der Stirn ein deutliches
     Zeichen von Stress waren.
    »Und diesen Brief hast du Kuri gezeigt?«, fragte der Mann, der in einem Ledersessel hinter einem riesigen, alten, total übertrieben
     verzierten Schreibtisch saß. Auf dem Tisch lag ein einzelnes weißes Blatt.
    »Ey, klar, Chef. Kuri war so traurig, dass Leila verschwunden ist. Ich meine, klar, er wusste auch, dass er Scheiße gebaut
     hat, immerhin ist er für die Mädchen verantwortlich, aber er war auch traurig.«
    Der Chef nahm das Gestammel ohne sichtbare Regung entgegen. Er sah zwar aus wie einer von den Kameltreibern, sprach aber perfektes
     Deutsch. Okay, Kölsch. Welche Sprache der dritte im Raum beherrschte, falls überhaupt eine, ließ sich nicht feststellen, denn
     er stand die ganze Zeit wie ein Kunstharzindianer an der Wand.
    »Und dann hat sich Kuri ein paar Kumpel geschnappt und dieses Kloster überfallen.« Dem Gestressten lief der Schweiß inzwischen
     in die |237| Augen, sodass er blinzeln musste. Er nickte mit hängendem Kopf.
    »Und hat dafür das Auto von meinem Cousin benutzt.« Der Kopf ging immer tiefer, das Nicken wurde immer kleiner.
    »Und ihr beide seid nicht auf die Idee gekommen, mit diesem Brief zu mir zu kommen, damit ich entscheide, was zu tun ist.«
    Der Kopf wurde geschüttelt. Zwei Schweißtropfen fielen dem Typ auf die Spitzen seiner Lederstiefel. »Wo ist Kuri jetzt?« Schulterzucken.
    »Wer sind die beiden Gestalten, die jetzt im Knast sitzen?«
    »Angeheuerte Fahrer. Die wissen nicht, wer ihr Auftraggeber war.«
    »Wer war sonst noch beteiligt?« Der Typ flüsterte sieben Namen. »Merk dir die Namen«, zischte ich Marlene zu, obwohl ich auch
     hätte schreien können, denn uns konnte ja niemand hören.
    »Verpiss dich«, sagte der Chef. »Ich will dich hier nie wieder sehen, nie wieder etwas von dir hören und nie wieder deinen
     Namen aussprechen müssen. Du hast Glück, dass deine Mutter meine Cousine ist.«
    Der Typ schlich aus dem Zimmer, der Kunstharzindianer regte sich immer noch nicht, und der Chef griff nach dem Brief und einem
     Feuerzeug. Schnell flogen Marlene und ich um den Tisch herum und warfen einen Blick auf den Schrieb.
    LEILA VERSTECKT SICH IM KLOSTER MARIENTAL, stand da in Druckbuchstaben. Darunter war eine Skizze des Klosters mit Hinweis
     auf das Noviziat und wie man durch das Südtor hineinkam.
    |238| Marlene starrte das Papier an und murmelte: »Um Himmels willen! Das darf ja wohl nicht wahr sein.« Dann fraßen die Flammen
     den Beweis.
     
    Wir erlösten Martin von seinem dritten türkischen Tee mit viel Zucker. Er war schon ganz tatterig von dem starken Gebräu.
     Und er freute sich, als wir ihm mitteilten, dass wir eine wichtige Entdeckung gemacht hatten und er die Fragestunde abbrechen
     musste.
    Wir erklärten Martin, was wir herausgefunden hatten und auch, was Marlene so schockiert hatte. Während wir Birgit abholten,
     erzählten wir ihm alles. Dann eilten wir in Martins Wohnung. Martin war die ganze Zeit sehr schweigsam. Er dachte nach. Er
     kann das. Die ganze Zeit über hatten wir in die vollkommen falsche Richtung ermittelt und waren nun hoffentlich und endlich
     auf der richtigen Spur. Noch ergab sich kein zusammenhängendes Bild, eher ein Puzzle, bei dem

Weitere Kostenlose Bücher