Im Kühlfach nebenan
schnarchte, verordnete ich ihr daher ein Belustigungsprogramm. Erst
eine Liebeskomödie im Kino, dann ein Bummel am Rhein entlang und um halb drei ein Besuch bei meinem Lieblingsbäcker.
Aurelio, ja, er heißt wirklich so, besitzt eine winzige Bäckerei, in der er das beste italienische Weißbrot nördlich der Alpen
backt. Aurelio wiegt ungefähr hundertfünfzig Kilo, hat Körperbehaarung absolut überall, außer an einem bestimmten Körperteil.
Welches das ist, müssen Sie sich jetzt denken, denn das hat die Lektorin herausgestrichen. Und Aurelio wollte wohl mal Sänger
werden. Jedenfalls beginnt er seine Arbeit mitten in der Nacht, schaltet seinen C D-Spieler ein und singt mit Placido Domingo und anderen fetten Schreihälsen eine Oper nach der anderen. Während er arbeitet. Je nach
Dramatik der Arie knetet er sanft oder ruppig, reißt den Teig auseinander oder wirft ihn an die Wand, prügelt oder streichelt
ihn. Immer ist um fünf Uhr dreißig das erste Brot im Ofen und immer kommt um sechs Uhr ein Streifenwagen vorbei, um ein warmes
Stück vom Paradies zu holen.
»Hat wieder einer angerufen?«, fragt Aurelio dann mit gesenktem Blick.
Die Polizisten nicken. »Deine Nachbarn haben einfach keine Kultur.«
Marlene weinte vor Glück, als wir uns von Aurelio verabschiedeten. »Wie schade, dass ich ihn zu Lebzeiten nie kennengelernt
habe«, flüsterte sie.
Die Nacht war zwar für meine Verhältnisse honigselig, rührsüß und ohne nennenswerte Action abgegangen, aber ich gestand mir
unwillig ein, dass ich es genossen hatte, sie in Gesellschaft zu verbringen. Verweichlicht, ich wiederholte mich.
|248| Als wir dann am Dienstagmorgen gegen sieben Uhr dreißig in Baumeisters Raumschiff eintrafen, stand Gregor mit einer Kollegin
vor der Tür. Marlene und ich jubelten. Baumeister bat die Beamten herein, bot ihnen Espresso aus seiner Ultrahightech Kaffeedüse
an, legte sogar noch ein paar trockene Kekse dazu, ließ sich in den Ledersessel gegenüber der Beamtencouch sinken, lehnte
sich zurück und lächelte freundlich.
»Was kann ich denn für Sie tun?« »Wir ermitteln im Fall der Brandstiftung im Kloster Mariental, bei der zwei Menschen ums
Leben kamen.« »Schrecklich, wirklich schrecklich«, sagte Baumeister und machte ein betroffenes Gesicht. »Sind Sie denn schon
weitergekommen?« »O ja«, sagte Gregor. »Deshalb sind wir ja hier.« Baumeisters Lächeln leuchtete weiter, jetzt allerdings
etwas angestrengt, wie Marlene und ich uns gegenseitig versicherten.
»Herr Baumeister, Sie haben vor einigen Monaten das gesamte Waldgelände rings um das Kloster gekauft. Dürften wir erfahren,
was Sie zu diesem Kauf bewogen hat?« Baumeister nickte langsam. »Ich habe, wie Sie sicherlich wissen, einen Narren an dem
Kloster gefressen. Mein Kauf dient dazu, das Ensemble in der Form zu erhalten, wie es heute existiert. Nicht auszudenken,
wenn der Gebietsentwicklungsplan geändert und der bestehende Ortsteil Mariental vergrößert würde. Immerhin ist die Lage inzwischen
eine der teureren in Köln.«
»Das ist eine sehr selbstlose und nicht ganz preiswerte Aktion angesichts der Tatsache, dass diese Art von Bedrohung in keiner
Weise erkennbar ist«, sagte Gregors Kollegin freundlich.
Baumeister glotzte die dunkelhaarige, langbeinige, vollbusige Rassetussi lüstern an, bevor er seine Miene wieder |249| im Griff hatte. »Da irren Sie sich«, sagte er salbungsvoll. »Derartige Bestrebungen gibt es ja bereits.«
»Von wem?«, fragte Gregor, dessen Augenbrauen während Baumeisters Antwort verdächtig gezuckt hatten. »Die Namen dieser Baugesellschaften
sollte ich Ihnen lieber nicht sagen. Unsere Branche ist klein und gemein.« Baumeisters Lächeln enthielt jetzt einen Schuss
Entschuldigung.
»Haben Sie selbst dieses Grundstücksgeschäft deshalb durch einen Strohmann tätigen lassen?« »Genau.«
»Und der hat auch vor etwa einem Jahr versucht, in Ihrem Auftrag das ganze Kloster zu kaufen.« Baumeisters Lächeln wurde deutlich
kleiner und angestrengter. »Der Strohmann, wie Sie ihn nennen, ist eine respektable Anwaltskanzlei. Da Diskretion oft über
Erfolg oder Misserfolg entscheidet, ist eine derartige Vorgehensweise in unserer Branche an der Tagesordnung.«
»Weder dem Katasteramt noch dem Bauplanungsamt sind weitere Interessenten an dem Waldgrundstück oder dem Kloster bekannt«,
sagte das polizeiliche Rasseweib. »Da sehen Sie mal, wie groß die Diskretion geschrieben
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