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Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wadim Koshewnikow
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händigte ihnen die Pässe aus, grüßte militärisch und wünschte mit mechanischer Höflichkeit auf deutsch: „Angenehme Reise!"
    Vor dem Abteil, wo Papke saß, zögerte er einen Augenblick, entschuldigte sich wegen der Störung und bat Papke, ihm wegen der Klärung einiger Formalitäten ins Bahnhofsgebäude zu folgen. Papke stand auf und schritt beflissen vor dem Beamten her.
    Aus einem anderen Waggon stieg, ebenso wie Papke in Begleitung eines Uniformierten, Bruno aus. Aufgeregt versuchte er dem Grenzbeamten seinen Korb aus den Händen zu reißen.
    Als Bruno Papke eingeholt hatte, verbeugte er sich ehrerbietig und rief aufgebracht:
    „Das ist Freiheitsberaubung! Ich werde Protest einlegen ..."
    „Sie brauchen doch deshalb keinen Lärm zu schlagen", meinte der Beamte ruhig.
    „Und ob ich Lärm schlagen werde!" Bruno ließ sich nicht beruhigen. Und Papke zulächelnd bat er: „Ich rechne damit, daß Sie es nicht ablehnen werden, den hiesigen Behörden zu bestätigen, daß ich ein loyal gesinnter Bürger bin, und wenn sich unter meinen Sachen Dinge gefunden haben, die man nicht ausführen darf, so nur deshalb, weil ich einfach nicht Bescheid wußte."
    Einige Zeit später kehrte Papke, in der Hand den Lederkoffer, mit verstimmtem Gesicht in das Abteil zurück.
    Der Zug fuhr in den Grenzabschnitt ein und hielt. Beiderseits der Gleise erstreckte sich ein schwarzer Streifen umgepflügter Erde. Dieser dunkle, endlose Strich schien eine Welt von der anderen zu trennen.
    Grenzposten mit Taschenlampen führten eine sorgfältige Kontrolle des Zuges von außen durch, stiegen sogar in die neben den Gleisen entlanglaufenden Gräben hinab, um von dort die Wagen zu überprüfen.
    Gleichmütig ließen die Reisenden auch diese Kontrolle über sich ergehen.
    Endlich setzte sich der Zug in Bewegung. Mit der Gleichmäßigkeit eines Uhrwerks ratterten die Räder über die Schienenstöße.
    Dieses stählerne, rhythmische Klopfen erfüllte Johann mit der Empfindung eines endlosen Sturzes irgendwohin ins unbekannte Dunkel. Er glaubte, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Doch plötzlich fuhr er hoch, kniff die Augen zusammen und erklärte den Reisenden munter:
    „Meine Herren, ich erlaube mir, Sie auf dem Boden des Deutschen Reiches zu begrüßen." Er stand von seinem Platz auf und reckte sich. Sein Gesicht nahm einen begeisterten Ausdruck an.
    Unter allgemeinem Schweigen holte er aus der Tasche ein in Papier eingewickeltes Hakenkreuzabzeichen hervor und befestigte es am Rockaufschlag. Das war das Zeichen für die anderen Reisenden: Hastig begannen sie in ihren Koffern zu suchen, breiteten verschiedene Kleidungsstücke aus und zogen sich um, als wollten sie einen offiziellen Besuch machen.
    Plötzlich quietschten die Bremsen, und der Zug hielt. Deutsche Soldaten mit Stahlhelmen gingen durch den Gang, auf der Brust schwarze Maschinenpistolen. Ihre Gesichter waren starr, ihre Bewegungen schroff und mechanisch. Ein Offizier trat ins Abteil — grau, hager, geziert, mit verächtlich zusammengekniffenen Augen.
    Die Reisenden erhoben sich wie auf ein Kommando hin von ihren Plätzen.
    Der Offizier schaute sie an und sagte leise, kaum die schmalen Lippen bewegend: „Ruhe, Ordnung, Ausweise."
    Mit leichtem Ekel faßte er mit der behandschuhten Rechten nach den Papieren und reichte sie, ohne sich umzudrehen, über die Schulter einem Gefreiten zu. Der Gefreite seinerseits reichte die Papiere einem Zivilisten, und dieser verglich das Foto auf dem Ausweis mit der Person seines Inhabers.
    Nachdem der Offizier die Papiere des letzten Reisenden an sich genommen hatte, erklärte er mit der gleichen harten, metallischen Stimme: „Ordnung, Ruhe, nicht von der Stelle rühren", und ging hinaus.
    Ein merkwürdiges Gefühl erfaßte Johann. Ihm schien, als ob er diesen Offizier und diese Soldaten irgendwo schon einmal gesehen hatte. Doch freundlich, mit einer Spur von Neid schaute er auf die Soldaten — so, wie seiner Vermutung nach ein junger deutscher Zivilist auf sie schauen mußte.
    Als der Offizier, von dem Gefreiten und dem Mann in Zivil begleitet, ins Abteil zurückkehrte und die Ausweise an die Reisenden verteilte, stand Johann auf, nahm Haltung an, legte die Hände an die Hosennaht und blickte dem Offizier in die Augen.
    Dieser lächelte herablassend.
    „Setzen Sie sich."
    Aber Johann, ganz so, als ob er nichts gehört hätte, blieb in der gleichen Haltung stehen.
    „Sie sind noch nicht Soldat. Setzen Sie sich", wiederholte der Offizier,

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