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Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wadim Koshewnikow
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Platzt er doch neulich völlig besoffen beim Stadtkommandanten rein, als der gerade seinen Geburtstag feiert. Haut sich auf einen Stuhl, genau dem erstaunten Oberst vor die Nase, mit einer halbvertrockneten Palme, die er im Speiseraum geklaut hat, unterbricht den Oberst mitten in seiner Rede und drückt und schüttelt ihm endlos lange die Hand. Dann setzt er sich an den Tisch und schläft ein, den Kopf auf dem Teller."
    Doch im allgemeinen sei Dreß ein guter alter Haudegen. Übrigens sei es ja auch verständlich, daß man bei dieser Tätigkeit hier mal aus der Rolle falle.
    „Diese Verhöre, immer nachts! Diese Schreie! Sie denken, weil wir im Hinterland sind, ist es leichter? Die Gefahren, denen wir hier ausgesetzt sind, sind nicht geringer als an der Front. Aber Auszeichnungen gibt es weniger. So was Ungerechtes."
    „Sie werden die Ihre erhalten", sagte Weiß, „das verspreche ich Ihnen." Und der Ton, in dem er das sagte, kam ihm selbst unverzeihlich offen vor.
    Doch Kracht bemerkte nichts.
    „Ja, wenn Sie für mich beim Stab „Vally" ein gutes Wort einlegen könnten ..."
    Am nächsten Morgen, noch vor dem Frühstück, erinnerte Johann Kracht an dessen Wunsch, sich dem Stab „Vally" von seiner besten Seite zu empfehlen, und bat ihn im Zusammenhang damit, ihn aus reiner Gefälligkeit darüber zu informieren, wer in der Gruppe 315 die vertrauenswürdigen Agenten seien. Weiß erklärte, daß Rittmeister Gerd den Auftrag habe, Kandidaten für die Spionageschule auszuwählen, Hauptmann Dreß es aber aus völlig verständlichen Gründen vorziehe, die besseren Agenten in seiner Gruppe zu behalten und sie deshalb vielleicht nicht ganz objektiv charakterisiere.
    Kracht wurde verlegen und erinnerte sich der Dienstvorschriften über den Umgang mit Geheimmaterial.
    Weiß hob verwundert die Schultern.
    „Aber bitte ich Sie vielleicht darum, mir die Listen auszuhändigen? Ich achte einfach nur auf das, was Sie vorlesen, und wenn ein Agent nicht ganz vertrauenerweckend ist, machen Sie einfach eine Handbewegung." Johann legte Kracht die Hand auf die Schulter und sagte vertraulich: „Einmal ganz unter uns — wissen Sie, wessen Schwiegersohn Herr Gerd ist?"
    „Aber natürlich", rief Willi aus.
    „Also, das ist so: Wenn Gerd erfährt, daß Sie ihm einen kleinen Dienst erwiesen haben ..." Johann schlug die Augen nach oben und sagte nachdenklich: „Schließlich kann uns die Dankbarkeit eines Teilhabers einer so großen Firma wie Gerd sie vertritt, nach dem Krieg in der Gesellschaft eine wesentlich bessere Stellung einbringen als es die Eisernen Kreuze aller Klassen tun. Ich persönlich denke so und handle auch danach."
    Kracht war unschlüssig.
    „Und wenn Sie sich meine Verdienste selbst zuschreiben?”
    „Wenn der Rittmeister Ihnen nicht seinen Dank ausspricht, so können Sie mich ohne weiteres im schlechtesten Licht darstellen." Und er fügte mit einem Lächeln hinzu: „Aber ich schwöre Ihnen, Willi, dazu wird es gar nicht kommen."
    Kracht gab nach. Das trainierte Gedächtnis half Johann, sich mit automatischer Genauigkeit das einzuprägen, was ihm nützlich schien.
    Blieb nur noch Gerd. Hier mußte er sich einfach etwas einfallen lassen.
    Johann fragte Gerd, ob er nicht gern aus einer alten Kirche ein paar Ikonen als Souvenir mitnehmen möchte. Gerd freute sich. Weiß sagte in verschwörerischem Ton:
    „Hauptmann Dreß hat die Absicht, alle für sich zu ergattern, aber Sonderführer Kracht ist Ihnen gern gefällig, er hat mir mitgeteilt, wo sich diese Kirche befindet."
    „Ausgezeichnet. Ich bin ihm äußerst dankbar."
    „Vielleicht, Herr Rittmeister, könnten Sie ihm Ihren Dank aussprechen, aber nur in allgemeinen Worten, um ihn vor dem Hauptmann nicht in eine schwierige Lage zu bringen."
    „Sie können ganz beruhigt sein", versprach Gerd.
    Und er erfüllte sein Versprechen. Er drückte Kracht innig die Hand, übergab ihm seine Visitenkarte, und erklärte vielversprechend, daß er seine Freundlichkeit nicht vergessen werde.
    Auf dem Geheimflugplatz der Abwehr, wo nur einige Transportmaschinen standen, wurde Weiß mit einer Agentengruppe der Schule „Z" bekannt gemacht. Wenn sich diese Leute auch nicht durch eine so grundlegende und sorgfältige technische Ausbildung auszeichneten wie die Agenten der Zentralschule beim Stab „Vally", so besaßen sie doch dafür andere, für den Stil dieser Spezialschule typische Eigenschaften. Sie waren ausgebildet, Terrorakte auszuüben.
    Die Gruppe der Warschauer Schule

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