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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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länger nach außen, sondern nach innen gedreht. In den Boden sickerte dunkles Rot, verkrustete dort und wurde schwarz. Es kam von einer Wunde am Rücken, die bis jetzt unentdeckt geblieben war.
    Christine schrie auf.
    »Nicht aufregen«, meinte Jule nüchtern. »Er blutet nicht heftig genug, um daran zu verrecken.«
    Während Lukas und Fritz den Vater aufrichteten, damit Jule den verletzten Rücken inspizieren konnte, kamen die Steiner-Mädchen aus dem Haus gelaufen. Christl heulte augenblicklich los, als sie den verletzten Vater sah; Lenerl, die mit ihren zehn Jahren die ernsthafte Miene einer alten Frau trug, schlug stumm ein Kreuz; nur das Katherl lächelte, wie es immer lächelte.
    »Zurück ins Haus!«, polterte Christine. »Ihr habt hier nichts verloren!«
    Christl heulte lauter. Beruhigend zog Elisa sie an sich. »Ruhig, ruhig … tut, was eure Mutter sagt.«
    »Ist Vater tot?«, stammelte das Kind.
    »Nein, es wird schon wieder mit ihm.«
    Die Lüge kam ihr schwer über die Lippen, aber die Mädchen glaubten ihr – zumindest Christl. Sie nahm das Katherl bei der Hand und zog es mit sich; Lenerl folgte ihnen.
    Elisa blickte ihnen mit schwerem Herzen nach. Einen seltsamen Schutzengel schienen die Steiners zu haben, bewahrte er sie zwar vor dem Tod, erwies sich aber ansonsten als faul. Das Katherl hatte den einstigen Unfall überstanden, war jedoch schwachsinnig geworden. Und Jakob atmete nach wie vor, und seine Blutung ließ sich leicht stillen, doch wenn Jule recht behielt, waren seine Beine gelähmt und er würde nie wieder laufen können.
    Aus dem Augenwinkel nahm sie plötzlich ein viertes Mädchen wahr, stiller und schmaler als die Steiner-Töchter. Sie wusste nicht, wie lange sie schon dort gestanden war: die weißblonde Greta mit ihren aufgerissenen Augen. Elisa blickte sich um. Selten sah man eines der Geschwister allein; wo Greta war, hielt sich meist auch Viktor auf, doch heute war von dem Bruder nichts zu sehen.
    »Greta, was machst du hier?«
    Das Kind rührte sie und machte ihr zugleich Angst. Es war schwer, mit anzusehen, wie die Mielhahn-Kinder von ihrem Vater malträtiert wurden und was das aus ihnen machte: fahrige, stumme Geschöpfe, die den eigenen Schatten fürchteten. Zugleich zeugten sie tiefe Scheu in ihr; nie wusste sie, was sie ihnen sagen, wie sie sie trösten, ihnen gar helfen konnte. Mit Menschenkindern aus Fleisch und Blut konnte Elisa umgehen, doch Greta und Viktor erschienen ihr stets wie verwunschene Nachtgespenster, die das Sonnenlicht nicht ertrugen. Und manchmal musste sie daran denken, wie Greta gelacht hatte, als das Schiff in Flammen gestanden hatte und ihre Mutter verbrannt war, ein Lachen, das sie, war es auch von Hysterie und Panik gezeugt und darum irgendwie verständlich, gruseln ließ.
    »Was machst du hier?«, fragte sie noch einmal und versuchte, sich von dem Unbehagen, das Gretas Anblick in ihr auslöste, nichts anmerken zu lassen.
    Nicht ihre Stimme ließ das Mädchen zusammenzucken. Eine andere war’s, die sie alle so plötzlich traf wie ein wuchtiger Schlag. »Verdammt, hörst du nicht, wenn man mit dir redet?«
    Es war Lambert, der seine Tochter derart anbrüllte. Elisa hatte weder ihn noch Konrad kommen gehört, doch beide traten nun auf sie zu – der eine verdrießlich, weil Greta sich nicht ins Haus bewegte, der andere, weil ihm das Jagdglück nicht hold gewesen war. Zumindest trug er kein erlegtes Tier, geschultert wie sonst, wenn er eines geschossen hatte. Einer Trophäe gleich, ging er dann damit herum, ungeachtet dass seine Kleidung blutverschmiert war. Heute aber konnte er sich mit keinem erlegten Tier brüsten, weder mit einem Puma, den zu töten er vorhin noch geprahlt hatte, noch mit einem Zwerghirsch oder einem Kondor.
    Er blickte in die Runde, und sein ohnehin schon aufgedunsenes Gesicht schien förmlich aufzuquellen.
    »Habe ich euch die Erlaubnis gegeben, vorzeitig Feierabend zu machen?«, schnauzte er sie an.
    Lautlos traten sie zurück, und erst jetzt sah Konrad Jakob Steiner dort liegen. Einzig Christine war bei ihm knien geblieben, und als sie Konrad gewahrte, stand sie auf und blickte ihn an – mit aller Verachtung, derer sie fähig war, und das war bei einer Christine Steiner, die für sich und die Ihren wie eine Löwin kämpfte, eine Menge.
    Elisa war sich nicht sicher, aber für einen Moment glaubte sie, dass Konrads Augenlider zuckten, dass er seinen Blick senkte, verlegen, ja, schuldbewusst.
    Doch es währte wahrlich nur

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