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Im Land der gefiederten Schlange

Im Land der gefiederten Schlange

Titel: Im Land der gefiederten Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: carmen lobato
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kämen sie keinen Schritt voran, aber Katharina duldete keine Widerrede. Sie konnte ihren Zug nicht überblicken, also musste sie sich zumindest darauf verlassen, dass die Anführerin sich nicht von den Übrigen löste.
    Tatsächlich kamen sie zunächst kaum voran, aber immerhin konnte Katharina, wenn sie sich reckte, einen Ausschnitt des Platzes überblicken. Vor dem Portal der Kathedrale, auf das sie zustrebten, war ein Triumphbogen errichtet worden – soweit Katharina erkennen konnte, eine wacklige Angelegenheit aus Holzbalken und Tuch, das im Wind leicht schwankte. Zu beiden Seiten des Bogens standen eine Reihe von Offizieren in prächtigen goldbetressten Uniformen. Seltsamerweise blieb Katharinas Blick an diesen Offizieren hängen, und als sich ein Mann dazwischenschob, setzte sie einen Schritt zur Seite, um sie wieder sehen zu können. Der vorderste der Männer trug keine Mütze. Das täte ich an seiner Stelle auch nicht, durchfuhr es sie. Das Haar des Mannes war leicht gelockt und wahrhaft golden.
    Durch den goldhaarigen Offizier abgelenkt, bemerkte Katharina jetzt erst, dass sie schneller vorankamen, ja, dass sie und Gesine geradezu durch die Menge gezerrt wurden und ständig gegen Ellbogen, Hüften und Bäuche rempelten. Allerdings schienen sie sich nicht mehr auf den Triumphbogen mit den Offizieren zuzubewegen, sondern sich weiter nach links zu schlagen, weg von der Kathedrale und auch vom Regierungspalast, den das Kaiserpaar als Nächstes aufsuchen würde. Dort, wo das Gedränge sich ein wenig lichtete, sah sie drei Männer auf Pferden, zwei Weiße und einen Indio, die nichts taten, als still im Sattel zu sitzen. Mehrere Schritte lang machte es den Eindruck, als würde ihre Gruppe auf jene Reiter zueilen, und Katharina musste an sich halten, nicht nach dem blonden Offizier den Kopf zu drehen.
    Dann aber vollführte die Schlange jäh einen Haken und drängte sich durch nun wieder dichtere Menschenmassen zurück in Richtung Triumphbogen. Im selben Augenblick begann das Orchester von neuem, die pompöse Hymne zu spielen. Die Paukenschläge rasselten in Katharinas Ohren, und so viele Menschen zugleich drängten auf den Bogen zu, dass Gesine mit einem Schrei von dem Mädchen, das vor ihr lief, getrennt wurde. Erschrocken stieß Katharina eine Traube Frauen auseinander, riss Gesine mit sich und folgte den sich entfernenden Schülerinnen. »Wartet auf uns!«, brüllte sie ihnen hinterher, aber viel Hoffnung, dass sie in dem aufbrandenden Lärm gehört wurde, hatte sie nicht.
    Sie hatten sich bis auf wenige Schritte an den Triumphbogen herangekämpft. Den goldhaarigen Offizier bekam Katharina trotzdem nicht zu Gesicht – allzu dicht war die wabernde, wogende Menge, wie ein Tier mit abertausend Köpfen. Als sie einen Blick auf das Portal erhaschte, sah sie, dass das Kaiserpaar, von seinem Stab geleitet, aus der Kathedrale trat und auf den Triumphbogen zuschritt. Und dann erblickte sie nicht weit vor sich den flachshellen Schopf von Hanne, die sich als Erste der Reihe voranschob. »Wo ist Felice?«, brüllte sie.
    Hanne fuhr herum, erbleichte und zuckte mit den Schultern. Katharina wurde kalt. Sie holte Atem, um aus vollen Lungen nach Felice zu schreien, da stürzte der Triumphbogen ein. Gesines Hand entglitt ihr. Wie Dominosteine purzelten Menschen übereinander, ein Körper prallte ihr in die Seite und riss sie mit sich um. Hart schlug sie mit Kopf und Schulter auf den Boden und sah für kurze Zeit nur noch Funken im Schwarz.
    Dass sie die Augen geschlossen hatte, war ihr entgangen, doch als sie sie aufschlug, sah sie in ein Gesicht. Hinterher fragte sie sich, ob sie tatsächlich so gedacht hatte, ob sie nicht im Nachhinein den Augenblick verklärte, aber sooft sie sich die Frage stellte, kam sie zu demselben Schluss. Sie sah in völlig ebenmäßige Züge, in schillernd grüne Augen und auf volle, wie gemalte Lippen und dachte: Das ist der schönste Mann der Welt.
    Der goldblonde Offizier, der offenbar ebenfalls niedergeworfen worden war, tat nichts von dem, was man selbst in einer derart absurden Lage erwartet hätte. Er stellte sich nicht vor, half ihr nicht auf und stotterte keine Erklärungen. Er sah sie nur an. Reglos und schweigend. Als wäre ich die schönste Frau der Welt.
    Um sie tobte die Menge. Unzählige Stimmen verschmolzen zu einem Sirren, Reiter bahnten sich ihren Weg zwischen Gestürzten, Mütter kreischten nach verlorenen Kindern. Dort unten jedoch, wo sie beide einander gegenüberhockten, gab

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