Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Land der gefiederten Schlange

Im Land der gefiederten Schlange

Titel: Im Land der gefiederten Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: carmen lobato
Vom Netzwerk:
könnten uns gleichgültig sein. Nur dass ich dich streichle nicht und dass du mir die Hände küsst.
    »Juárez ist ein Verbrecher«, wiederholte Valentin trotzig. »Sobald die Konföderierten hinter der Grenze den Bürgerkrieg gewinnen, werden sie uns Truppen zur Unterstützung schicken, und dann kesseln wir ihn zwischen uns ein.«
    »Werden die Konföderierten denn den Krieg gewinnen, Liebster? Martina sagt, die Union hat die Oberhand und wird Juárez …«
    »Ich will nicht hören, was dieser verdammte Mischling Martina sagt!«, schrie Valentin sie an.
    Ehe sie selbst erschrecken konnte, sah sie den Schrecken in seinen Augen. Er setzte sich auf, zog sie an sich, hielt sie mit so viel Kraft, dass ihm die Arme zitterten. »Verzeih mir, meine Liebste, mein Kleinod, meine Zauberfee. Wie konnte ich das tun, wie konnte ich dich anschreien? Du musst mir verzeihen – es liegt nicht an dir, es ist der Zorn auf diese Guerilleros, der mich aus der Haut fahren lässt.«
    Sie küsste ihm die Wangen, streichelte ihn, bis er sich beruhigte. »Es ist ja schon gut, Liebster. Erzähl mir von den Guerilleros. Habt ihr, bevor der Bürgerkrieg in Nordamerika endet, keine Möglichkeit, sie zur Kapitulation zu zwingen?«
    »Wir bekommen jetzt endlich unsere Leute aus der Heimat«, antwortete er. »Das Freiwilligenkorps, das erste Schiff ist schon da. Aber es wird dauern, bis die Männer sich in die Verhältnisse eingefunden haben und einsatzfähig sind. Bis dahin sind wir weiter auf die Franzosen und unsere Handvoll Mexikaner angewiesen. Unter den Mexikanern gibt es grandiose Leute, ohne Frage – Oberst López mit seinen Ulanen zum Beispiel, der ist sein Gewicht in Gold wert. Aber das Guerilla-Pack ist zäher als das Brot, das sie fressen. Wir nehmen sie haufenweise gefangen und hängen sie an Bäume, doch das schreckt sie nicht ab. Louis Napoleon rät, wir sollen sie durchpeitschen, weil gerade das Indio-Pack sich vor einer Tracht Prügel mehr fürchtet als vor Tod und Teufel.«
    »Ich mag nicht, wenn du so über Menschen sprichst«, entfuhr es Katharina, der ein Schauder über den Rücken lief. Seinem Gesicht sah sie an, dass sie schon wieder einen Fehler begangen hatte. Rasch griff sie nach der Flasche und füllte ihre Gläser. »Komm, trink mit mir. Lass diese Dinge nicht zwischen uns stehen. Ich habe es so geliebt, wie du von Mexiko geschwärmt hast, als du gerade angekommen warst. Von meiner Familie habe ich immer nur gehört, dass wir nicht freiwillig hier sind und dass dieses Land unser Unglück ist. Und dann kamst du und hast dich in dieses Land verliebt. Ich habe das genossen, Valentin. Es fehlt mir.«
    Er beugte sich vor und verschloss ihr mit seinem Kuss den Mund. »Du bist dieses Land für mich«, sagte er dann. »Und ich bin noch immer verliebt in es wie am ersten Tag.«
    Er trank seinen Wein. Als er bemerkte, dass die Flasche leer war, holte er aus seinem Rucksack eine zweite. »Warum wären wir denn hier, wenn nicht aus Liebe zu Mexiko?«, fragte er. »Warum reiben wir uns auf, warum kränkt es den Kaiser so tief, dass die Leute sich gegen ihn stellen und die Hand beißen, die sie liebkost? Ist das nicht Beweis genug, dass wir für Mexiko und sein Volk nichts als das Beste wollen?«
    »Doch«, erwiderte Katharina. »Es erschreckt mich nur, wenn du davon redest, Menschen mit der Peitsche zu prügeln, oder wenn du Martina einen Mischling schimpfst.«
    »Das verstehst du falsch.« Valentin nahm ihre Hände. »Dass Angehörige einer höherstehenden Rasse einer minderwertigen wohlwollen, bedeutet nicht, dass sie sich mit ihr verbrüdern, geschweige denn mischen sollen. Nur wenn die höherstehende Rasse ihre Überlegenheit bewahrt, kann sie der niederen die Hand reichen und sie aus ihrem Elend erheben. Begreifst du das?«
    Er war so schön, und er sah sie mit so viel Leidenschaft an, sie wollte ihm entgegenrufen: Was schert es uns, ob ich es begreife, was geht uns Mexiko an? Stattdessen fragte sie: »Wer entscheidet denn, welche Rasse höherstehend und welche minderwertig ist?«
    »Kruzitürken, dazu braucht man sie sich doch nur anzusehen! Und wie viele von diesen Indios hast du getroffen, die ihren eigenen Namen nicht schreiben können?«
    »Martinas Mutter kann ihren Namen schreiben. Sie heißt Micaela.«
    »Aber diese Mutter, wie immer sie heißen mag, entstammt einem Volk, dem die Spanier erst beibringen mussten, dass man nicht zu Götzen betet und keine Menschen als Opfer in Vulkanschlünde stößt! Willst du zu

Weitere Kostenlose Bücher