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Im Land der gefiederten Schlange

Im Land der gefiederten Schlange

Titel: Im Land der gefiederten Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: carmen lobato
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seine Tochter ist sie auch nicht.«
    »Was wissen denn Sie?«, platzte sie heraus.
    »Manches, das ich in Ihren Augen wohl nicht wissen sollte. Doch so irrwitzig es klingt, es betraf mich auch.«
    »Warum? Weil Sie noch immer glauben, Sie könnten Katharina haben?« Es durfte nicht sein. Über die nächtliche Straße hallte ihr Hohn und traf sie, nicht ihn. Zum ersten Mal wünschte sie sich Katharina aus ihrem Leben fort. Sie würde mit Hermann sprechen, mit Torben und Friedrich, sie würde ihnen erzählen, dass Katharina mit einem katholischen Gardeoffizier die Ehre der Familie verletzte.
    »Ich möchte, dass wir jetzt schlafen gehen, Josephine«, schnitt seine Stimme durch die Nacht. »Wir haben zu viel getrunken. Wir reden dummes Zeug.«
    »Ich nicht!«, schrie sie und hielt sich an ihm fest. »Warum sagen Sie nicht Katharina die Wahrheit, wenn Sie sie so genau kennen?«
    »Weil ich es versprochen habe. Weil es nicht mein Recht ist.«
    In ihren Fingern fühlte sie den festen Stoff seines Rocks, und als sie losließ und ihm die Hände auf die Brust legte, spürte sie den Muskel und das Herz. Sie hatte von Männern nie etwas erfahren als Gleichgültigkeit und Gewalt. Sie wünschte sich mit all ihrer Kraft, diesen Mann in die Arme zu schließen und ihn auf die Lippen zu küssen, sie, Josephine, die ihr eigenes Kind nicht küsste. »Warum schert dich Katharina?«, flüsterte sie.
    »Wie bitte?«
    »Katharina – liebst du sie?«
    Er lachte so leise, wie sie geflüstert hatte. »Ich glaube nicht, dass das etwas zur Sache tut. Und ich möchte jetzt gehen.«
    »Nein!«, rief sie und tat es. Schlang ihm die Arme um den Hals, reckte sich und küsste ihn.
    Er hatte sich so schnell befreit, dass sie nach Luft schnappte. »Nein, Jo«, sagte er. »Seien wir nicht dumm. Manche Nächte haben das an sich, dass man sich allein unter einem leeren Himmel fühlt und sicher ist, man müsse sich dem nächsten Menschen in die Arme werfen. Aber so etwas wird nur Männern, nicht Frauen leichtgemacht, und ich möchte nicht, dass Sie mich morgen hassen.«
    »Ich hasse dich nicht.« Wieder schloss sie die Arme um ihn und grub die Hände in seine Schultern. »Vergiss Katharina. Sie braucht dich nicht und ist für dich nicht bestimmt. Ich dagegen bin ein gefallenes Mädchen, wen ich heirate, würde niemanden kümmern. Wenn es aber sein müsste, gäbe ich meine Familie für dich auf.«
    Erneut befreite er sich mit einer Bewegung, die kaum Kraft zu kosten schien und doch jede Gegenwehr sinnlos machte. »Ich suche Ihnen jetzt einen Mietwagen.«
    Sie packte seinen Arm, aber er entzog sich. »Du kannst doch nicht Katharina anhängen«, schrie sie. »Sie hat dich weggeworfen, begreifst du das nicht? Mit ihrem strahlenden Gardisten tanzt sie durchs Kaiserschloss – was, glaubst du, will sie da noch von dir?«
    »Nichts«, erwiderte er kalt.
    »Und du hechelst ihr hinterdrein, du, ein Mann, der sich aus eigener Kraft etwas aufgebaut hat und keinen Grund mehr hat, sich vor ihr kleinzumachen. Hast du keinen Stolz?«
    Silbern klang sein Lachen durch die Nacht. »Jeder Mann hat Grund, sich vor einer Frau kleinzumachen, Josephine. Ich wünsche Ihnen einen Mann, der Ihnen das beweist.«
    Er wollte einem Mietkutscher winken, der seinen Zweisitzer langsam durch die stille Straße lenkte, aber Josephine packte noch einmal seinen Arm. »Das alles ist doch ein halbes Leben her, wie kann es denn immer noch zählen? Du darfst dich nicht so erniedrigen, Ben. Du darfst keine Frau lieben, die dich nicht will!«
    »Doch«, sagte er und befreite sich erneut. »Ich darf lieben, wen ich will, mein halbes oder mein ganzes Leben lang. Das ist mein Stolz, und kein Mensch kann es mir verbieten, weder Sie noch Ihr Hermann, nicht einmal Katharina-Lutenburg-bekommt-alles-was-sie-will.«
    Es war eine Liebeserklärung. Grell wie die Sterne stand sie am schwarzen Himmel und verhöhnte sie.
    »Gute Nacht, Josephine«, sagte er. »Lassen Sie mich bitte wissen, wenn ich mit Felice sprechen soll.« In drei Sätzen rannte er dem Wagen hinterher, sprang wie ein Straßenräuber aufs Trittbrett und hieß den Kutscher, anzuhalten. Der Wagen wendete, das müde Pferd trottete auf sie zu. Ben sprang ab und hob sie nach oben. Ich rede mit dem Hermann, war ihr letzter Gedanke, gleich wenn ich daheim bin, rede ich mit dem Hermann. Dann brach sie in den Polstern der Kutsche zusammen.

49
    Unter der himmelhohen Kuppel der Zypressen wurde kein Tag je ganz hell. An manchem Morgen, wenn Katharina

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