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Im Land der gefiederten Schlange

Im Land der gefiederten Schlange

Titel: Im Land der gefiederten Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: carmen lobato
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eingepackt haben, als sie Veracruz verlassen hatten. Es roch nicht nach Leben, sondern stank nach Mottenkugeln, aber es war das wärmste Kleidungsstück, das sie je besessen hatte.
    Sie legte sich den Sarape um und trat hinaus auf die Veranda, vor den im Dunkeln glitzernden See. Hätte sie eine Taube gehabt, hätte sie sie aussenden wollen, auch wenn sie nicht einmal wusste, in welche Richtung. Du darfst nicht für mich sprechen, du darfst mir nicht verzeihen. Komm nie wieder in meine Nähe, verschwende nie wieder einen Gedanken an mich. Aber hab Dank, dass du mich nicht hasst. Ich hasse dich auch nicht mehr. Etwas fehlt mir für immer, und das ist von dir.

54
    »Wo wollen Sie hin?«
    »Zu Kaiser Maximilian.«
    Valentin trat vor und verstellte Oberst López den Weg. »Zum Kaiser kann jetzt niemand. Er bereitet sich auf die Sitzung mit den Ministern und dem Staatsrat vor und braucht völlige Ruhe.«
    »Ich muss ihn sprechen«, beharrte López, ohne die Stimme zu erheben.
    Valentin hatte den Mexikaner nie gemocht. Warum, wusste er nicht. Der Mann war höflich und klug, und seine Ulanen waren ein Trumpf in ihrem immer schwächer werdenden Blatt. Vielleicht lag es daran, dass der Kaiser so große Stücke auf ihn hielt – als würde er ihm wie seinen eigenen, ihm seit Jahren ergebenen Männern trauen.
    López trat zur Seite, um ihn zu umgehen, Valentin vertrat ihm erneut den Weg und senkte die Hand auf den Knauf seines Säbels.
    »Das ist nicht Ihr Ernst«, sagte López.
    Valentin hasste es, Spanisch zu sprechen. Dass sein Akzent die Mexikaner zum Lachen reizte, wusste er und fühlte sich in seiner Würde verletzt. »Doch, das ist es«, versetzte er wütend. »Ich bin angewiesen, für die Ruhe des Kaisers zu sorgen, und dieser Anweisung werde ich Folge leisten. Auch für Sie gelten keine Sonderrechte, Oberst.«
    »Was gibt es denn?« Valentin fuhr herum und sah den Kaiser, der in Hemdsärmeln in der Seitentür stand. »Ah, Oberst López – Sie wollten mich sprechen?«
    Der Oberst salutierte, nickte und ging an Valentin vorbei.
    »Aber Majestät hatten gesagt …«, begann er, doch der Kaiser winkte ab.
    »Es ist doch selbstverständlich, dass das nicht für Oberst López gilt. Ich bin ja froh, ihn vor der Sitzung noch sprechen zu können.«
    Die beiden verschwanden im Gebäude, und Valentin blieb auf seinem Posten stehen wie ein gemaßregeltes Kind. Warum tat ihm der Kaiser das an, warum verletzte er seinen Stolz? Hätte, wenn ein Vertreter des Heeres vor der geheimen Sitzung als Berater hinzugezogen wurde, diese Ehre nicht ihm gebührt? Stattdessen stellte Max ihn vor López bloß. Valentins Wangen brannten, als wäre er geohrfeigt worden. Hätte López für den Kaiser getan, was er tat, hätte er aufgegeben, was er aufgegeben hatte?
    In zwei aussichtslose Schlachten war er geschickt worden – dem Ulanenoberst hätte man dergleichen niemals zugemutet. Valentin war es, der mit der doppelten Schlappe zurückkehren musste, und obendrein hatte er zum zweiten Mal eine komplette Einheit verloren. Wusste der Kaiser, was es bedeutete, wenn man die Männer, die einem blind ergeben waren, in ihrem Blut liegen sah, wenn man sie um Hilfe brüllen hörte – und sie liegen und sich zu Tode quälen lassen musste, weil es so befohlen war?
    Das aber war noch nicht alles. Als würde seiner ein gnadenloser Gott spotten, war der Mann, der ihn im Feld besiegt hatte, sein schwarzer Todfeind. Katharinas Pferdeknecht. Valentin hätte darauf gewettet, dass der Kerl zu Tücke und Hinterhalt geboren war und in der offenen Schlacht nichts taugte. Als erfahrener Offizier, der Begabung erkannte, wo er sie sah, musste er jedoch eingestehen, dass der Indio ihm in nichts nachstand. Der Mann war entweder ein Meisterschütze, oder er hatte das Glück der vom Teufel Geführten. In vollem Ansturm hatte er ihm den Sattelgurt zerschossen, dass er samt dem Sattel vom Pferd gerutscht war. Das darf nicht sein, hatte Valentin gedacht. Es darf doch nicht dieser Mann mir den Tod bringen, doch wenig später hatte ihn sein Leutnant lebend aus der Schussbahn gezogen, und den Goldfuchs hatten sie später zwischen Leichen eingefangen, mit nicht mehr als einer Wunde an der Flanke.
    Dennoch brannte die Demütigung. Wenn er den Mann noch einmal in die Hände bekam, würde er sich mit hundert Hieben nicht begnügen, sondern ihn peitschen lassen, bis er wimmernd in den Stricken verreckte. Er war nie grausam gewesen. Dass ein Mann einen anderen fesseln und foltern

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