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Im Land der gefiederten Schlange

Im Land der gefiederten Schlange

Titel: Im Land der gefiederten Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: carmen lobato
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wenn Sie Hilfe brauchen. Sie sind nicht allein, Kathi. Bitte denken Sie nicht, Sie seien allein.«
    Doch, das bin ich, dachte sie, aber die warme Woge, die sie durchströmte, tat wohl. Kaum war der Baron gegangen, schlotterten ihr wieder die Glieder. Sie musste sich in den Sarape wickeln und auf die Veranda setzen, in das bisschen Sonne, das durch die Kronen der Zypressen fiel. Bei mir fängt es an wie bei Valentin und seinem Kaiser. Mein Leben macht mich krank.
    »Wie siehst du denn aus?«
    Vor der Veranda sprang Valentin vom Pferd. Sie hatte ihn nicht erwartet. Er sei jetzt kaum mehr abkömmlich, hatte er ihr zu verstehen gegeben, zum Schutz des Kaisers werde er jetzt ständig gebraucht.
    »Liebster!« Im Aufspringen wurde ihr bewusst, was er gesagt hatte. In der Tat, sie sah zweifellos grauenhaft aus. Das Haar zerrauft, das Gesicht nicht zurechtgemacht, das Kleid ohne Schnürleib und die Füße nackt. Am schlimmsten aber war der Fetzen, den sie um die Schultern trug. Sie ließ ihn fallen und trat ihn unter den Stuhl. »Ich wusste ja nicht, dass du kommst.«
    »Eine Frau, die auf sich hält, sieht zu jeder Zeit gepflegt aus«, tadelte er. Ein Blick auf ihn verriet ihr, dass er es nötig hatte, sie zu kränken. Er war noch bleicher, noch abgezehrter als vor Tagen. Als wäre er dem Tod begegnet, sah er aus. Sie umarmte ihn.
    Sein Sträuben dauerte nicht lange. Sie ließ ihn das Pferd anbinden, dann zog sie ihn mit sich ins Haus. Den missbilligenden Blick, den er dem zerwühlten Bett zuwarf, bemerkte sie, doch wenn sie ihn nur fest genug liebte, käme er rasch darüber hinweg. Sie warf sich mit ihm nieder. Ihr war schon wieder übel, und sie fühlte sich zum Lieben zu müde, aber um seinetwillen gab sie, was sie konnte. Ihr Lohn war sein Gesicht, das sich, als er aus ihr herausglitt, für kurze Zeit entspannte, seine schönen, gequälten Augen, die sich friedvoll schlossen. Sie küsste seine Wangen und liebkoste seine Stirn. Dann stand sie auf und holte die Karaffe mit seinem liebsten Port. Er hatte ihr beigebracht, welche Gläser zu dem Getränk gehörten, aber heute war es ihr egal. Sie stellte die beiden kristallenen Weingläser bereit, die er ihr geschenkt hatte, die Gläser, die sie in ihrer glücklichsten Zeit, bei ihren Picknicks in der Alameda, benutzt hatten.
    Mit ihrer Gesundheit würde es wieder besser werden, vielleicht vertrug sie nur den herben Weißwein nicht. Sie setzte sich vor das Bett, schenkte die Gläser voll und streichelte die glatte Haut seiner Hüfte. Leise stöhnte er auf. Sie liebkoste ihn weiter.
    »Katharina?«
    Er nannte sie fast nie beim Namen. Sie blickte auf und reichte ihm ein Glas.
    »Ich muss fort.«
    »Ich weiß, Liebster. Ich weiß.« Es war ja nichts Neues. Dass er die Nacht über bleiben konnte, hatte sie nicht erwartet, und wenn sie ehrlich war, war sie nicht einmal enttäuscht. Sie fühlte sich schwach – wenn sie Zeit hatte, wieder zu Kräften zu kommen, würde sie ihm mehr zu geben haben.
    »Du verstehst mich nicht«, sagte er. »Warum nimmst du dein Glas nicht? Willst du nicht wenigstens auf mein Kriegsglück trinken und beten, dass der Allmächtige mich schützt? Du bist keine Katholikin, das habe ich nie so stark gespürt wie in der Not.«
    Sie nahm ihr Glas, streichelte weiter seine Hüfte, legte alle Zärtlichkeit in die Bewegung. »Natürlich trinke ich auf dein Glück, mein Liebster, und ich bitte Gott, dich zu behüten. Willst du, dass ich Katholikin werde?« Sie hatte nie darüber nachgedacht, aber wenn es ihm so viel bedeutete, warum sollte sie es ihm nicht geben? Sie hob ihr Glas. »Auf dich, Geliebter, auf den tapfersten Offizier des Kaisers.« Als der Geruch des Ports ihr in die Nase stieg, begehrte ihre Kehle auf, als würde sie sich umstülpen. Sie ließ das Glas fallen, sprang auf und rannte nach draußen. Das Klirren, mit dem das Kristall zersprang, gellte ihr in den Ohren, ehe sie sich ins Gras vor der Veranda erbrach.
    Es dauerte lange, ehe sie sich stark genug fühlte, sich aufzurichten. Sie taumelte hinunter zum flachen Ufer des Sees, wusch sich das Gesicht und spülte sich den Mund aus. So beherrscht wie möglich kehrte sie zu ihm zurück.
    »Was ist los mit dir?« Zornig wies er auf die Scherben, die in dem dunklen Port wie in einer Blutpfütze lagen. Eines der Gläser, die ihre Ritte überdauert und den Beginn ihrer Liebe begleitet hatten, war auf immer zerstört. »Ich sage dir das nicht gern, aber wenn du dich so gehenlässt, siehst du geradezu

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