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Im Land der gefiederten Schlange

Im Land der gefiederten Schlange

Titel: Im Land der gefiederten Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: carmen lobato
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Mensch sich von Krabben erbricht, ist der Auswurf rosa, erbricht er vom Wein, mag er rot oder gelb sein, aber niemals schwarz. Ihre Tochter hat sich nicht den Magen verdorben, sie hat den Vomito negro. Ich glaube, bei Ihnen sagt man dazu die Schwarze Kotzerei.«

8
    Die Tür war nur angelehnt. Christoph hatte anklopfen wollen und fragen, ob Fiete für die Nacht etwas brauche, aber jetzt, da er aus dem dunklen Raum die Stimme seines Vetters vernahm, kam er sich wie ein Eindringling vor. Der unreife, immer etwas alberne Fiete tat etwas, das ihm kein Mensch zugetraut hätte. Er sah seinem Kind beim Sterben zu.
    Vergessen war jede andere Sorge. Der amerikanische General Taylor, der noch immer mit seinen Truppen vor Mexikos Nordgrenze stand, und die Rufe nach dem Sturz des Präsidenten Herrera, der nach einer friedlichen Einigung mit den Vereinigten Staaten strebte, weil ihm für einen Krieg das Geld fehlte, die Angst vor neuem Aufruhr, das alles wurde stumm und blass vor dem Tod.
    Jette hatte Gelbfieber, die tückische Krankheit, die in der Heimat auch Geißel Amerikas genannt wurde. Die spanischen Eroberer hatten sie Vomito negro getauft, nachdem Scharen von ihnen daran verreckt waren. Es gab kein Mittel dagegen. Wen die Natur nicht selbst heilte, der starb, und ausgerechnet im Fall der properen Jette versagte der Natur die Kraft. Ramon Ramirez, der Arzt, der aus der Oberstadt gekommen war, hatte nach dem ersten Blick den Kopf geschüttelt. Seine Schwester, die Indio-Baronin, übersetzte ihnen seine Worte, und all das geschah noch in Traudes Festsaal bei Klavier und Weihnachtsbaum. »Mein Bruder kann nichts mehr für das kleine Mädchen tun«, sagte sie. »Es ist in Gottes Hand.« Dass sie Jette ein kleines Mädchen nannte, berührte Christoph.
    Das Fieber, das Jette vor Tagen befallen und von dem sie sich so schnell erholt hatte, war der erste Angriff der Krankheit gewesen. Kam das Übel zu einem zweiten Angriff zurück, war der Erkrankte so gut wie verloren. Jette lag stöhnend im Bett, konnte nicht einmal Wasser bei sich behalten und erkannte niemanden mehr. Ihr Gesicht war gegen das Weiß der Laken quittegelb.
    Dörte und Fiete hielten abwechselnd Wache, aber kaum hatte Fiete seiner Frau den Platz überlassen, stand er schon wieder in der Tür, erklärte, er könne sowieso nicht schlafen, und bot sich an, sie abzulösen. Dörte verwehrte es ihm nicht. »Er kann nicht glauben, dass sie stirbt«, sagte sie zu Christoph, der sie über alle Maßen tapfer fand. »Er hat sich in den Kopf gesetzt, wenn er nur bei ihr ist, wird alles wieder gut. Wie kann ich ihm das rauben?«
    Christoph hätte es auch nicht gekonnt. Fiete war ihm immer vorgekommen wie die Niobe der griechischen Sage, die ihren Stolz und ihre Lebenskraft aus der Vielzahl ihrer Kinder schöpfte. Als ihr die Götter ihre Kinder nahmen, erstarrte sie vor Schmerz zu Stein.
    Wer behauptete, für einen Vater, der kein Kind in seinem Leib getragen hatte, könne es so schlimm nicht sein, der kannte Fiete nicht. »Mein kleines Jettchen«, hörte Christoph ihn säuseln, ganz als würde er mit ihr in jener Muschel stecken, die Mütter mit ihren Säuglingen teilten, bis die Kinder wuchsen und die Muschel zerbrach. »Mein Jettchen, wie lange hatten wir das nicht, dass wir beide allein waren? Dazu musstest du erst so krank werden, damit wir zwei, Vater und Tochter, es wieder einmal so richtig gemütlich haben.«
    Christoph spähte durch den Spalt ins Zwielicht der Kammer. Fiete hielt Jettes Kopf in der Armbeuge und richtete ihr das Kissen, zupfte es mit einer Hand in Form, ehe er den Kopf seiner Tochter sachte wieder niedergleiten ließ. Auf dem Nachttisch stand eine Schale Wasser. Er tauchte ein Tuch hinein und betupfte ihr die Stirn. »Ich bin so stolz auf dich, Jettchen, ich bekomme so viele Komplimente für dich. Habe ich dir je erzählt, dass schon die Frau, die deiner Mutter half, dich auf die Welt zu bringen, von dir entzückt gewesen ist? Wenn wir in der Heimat wären, würde dein Vater dir jetzt einen Tanztee geben. Würde dir das nicht gefallen, ein Fest voller junger Burschen, die sich nach dir die Augen verdrehen?«
    Die Kranke gab ein gurgelndes Geräusch von sich und spuckte etwas aufs Kissen. Fiete tauchte das Tuch ins Wasser und wischte es weg. »Willst du nichts trinken, Jettchen?« Die Karaffe auf dem Nachttisch war noch voll bis zum Rand. Fiete schenkte ein Glas ein und hielt es ihr an die Lippen, aber sie unternahm nicht einmal den Versuch zu

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