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Im Land der gefiederten Schlange

Im Land der gefiederten Schlange

Titel: Im Land der gefiederten Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: carmen lobato
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die Liebe, die ihm zufiel?
    Letzten Endes gab er ihr das Geld, das für Carmen bestimmt war, und atmete erleichtert auf, als sie sich damit abspeisen ließ. »Komm bald wieder, Glutauge!«, rief sie ihm hinterdrein, dass er glaubte von der Abendröte am Horizont einen Widerhall zu hören. »Es macht sich gut, Inez zur Freundin zu haben!«
    Besser als zur Feindin, durchfuhr es ihn. Er zog es vor, nicht darüber nachzusinnen, warum er solche Gedanken hegte.
    Es war dunkel, ehe er den Barrio erreichte, und die Nacht von Veracruz erwachte zu ihrem so überschwenglichen wie undurchsichtigen, so ohrenbetäubenden wie verschwiegenen, so verheißungsvollen wie gefährlichen Leben. Er durfte nicht hoffen, dass Katharina noch immer in dem Hauseingang auf ihn wartete. Es wäre sträflicher Leichtsinn, umso mehr, als Soldaten durch die Straßen streunten, ausgehungerte Kerle, denen mehr als nur Brot fehlte. Dennoch hoffte er. Als er an der Biegung der Straße vom Maultier sprang, sah er sie stehen. Er hätte sie in einem Meer von Mädchen erkannt, nicht nur, weil sie größer war, sondern weil sie sich mit keinem Mädchen vergleichen ließ.
    Sie hatte den größten Mund, den er je bei einer Frau gesehen hatte, und als sie ihn erkannte, verzog sie diesen Mund, den andere kaschiert hätten, zu einem breiten, hemmungslosen Lächeln. Ihre Nase war schön, nur hätte sie einem Jungen besser gestanden, genauso wie die scharfen Wangenknochen, die kräftigen Brauen und die hohe Stirn. Ihre Augen allerdings hätten keinem Jungen gestanden, und der Blick dieser Augen konnte unmöglich erst fünfzehn Jahre alt sein. Katharina, die die Zöpfe eines Kindes trug, hatte die wissenden, sehnenden Augen einer Frau. Und wenn ihm noch etliche Male blieben, in denen er sie unter dem Torbogen im flackernden Licht der Hauslaterne entdecken durfte, er würde sich an diese Augen nie gewöhnen.
    Ihren Körper ebenso zu betrachten wollte er sich verbieten, aber dazu war er zu schwach. Der König der Mexicas fiel ihm ein, der angeblich den einrückenden Feind für den Gott Quetzalcoatl gehalten und damit seinen Untergang besiegelt hatte. Wäre Katharina jener Feind gewesen, hätte der König ihren hohen, palmenschlanken Leib im Kinderkleid erblickt, er hätte sie für eine Göttin halten und ihr für seinen Untergang noch danken müssen.
    Benito lachte. Für wen hältst du dich? Für Moctezuma den Dritten? Er lachte noch, als sie auf ihn zusprang, ihr Gewicht gegen seines warf und ihm die Arme um den Hals schlang. Wie üblich packte sie sein Haar so fest, dass es schmerzte, zog seinen Kopf zu sich und bedeckte sein Gesicht mit Küssen. Sobald er glaubte, sie werde ihn freigeben, rief sie: »Ich hatte solche Angst, du kommst nicht mehr. Mir ist noch immer übel vor Angst, ich muss mich erst beruhigen.« Und damit begann sie von neuem, sein Gesicht zu küssen, jeden Zoll, mit Lippen, Zunge und Zähnen.
    »Du hättest nicht warten dürfen«, sagte er, als er zu Atem kam. Nachtschwärmer zogen vorüber, grölten ein Lied und schwenkten eine bauchige Flasche zwischen sich. Benito band das Maultier an eine versiegte Pumpe und drängte Katharina wieder unter den Torbogen, wo sie an den Stein geschmiegt in trügerischem Schutz standen. Sie hätten einander nicht berühren sollen, nicht hier, wo Gott und die Welt entlangspazierten, aber sie hielten einander wie verwachsen. Oft schon hatte Katharina ihn bestürmt, er solle sie mit in sein Zimmer nehmen, doch zumindest dieser Versuchung musste er widerstehen.
    »Ich hätte nicht warten dürfen? Ja, was denn sonst – ich habe dich drei Tage lang nicht gesehen, und morgen gehst du ja schon wieder fort.«
    Besser, du hättest mich drei Jahre lang nicht gesehen oder nie. Wie immer, wenn sie zusammen waren, kämpfte das sprudelnde Glück mit dem Rest von Anstand in ihm. Wenn er sich je an ihr vergriff, wenn er es ihr unmöglich machte, in ihre Welt zurückzukehren, würde er sich nicht mehr ertragen. Sie reckte sich ihm mit gespitzten Lippen entgegen, und er küsste sie.
    »Machst du dir wieder Sorgen? Das musst du nicht. Wir haben meiner Mutter erzählt, ich gehe mit Stefan die Tochter seines Brotherrn besuchen, Georgia Temperley. Angeblich essen wir mit ihr zu Abend, damit ich mein Englisch üben kann.«
    »Dein Englisch ist grauenhaft. Kein Wunder, wenn du ständig den Unterricht schwänzt.«
    »Dann übe doch du mit mir. Ich frage mich sowieso, wo du es so gut gelernt hast.«
    Im Bett, dachte er.
    Als hätte sie ihn

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