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Im Land der Mond-Orchidee

Im Land der Mond-Orchidee

Titel: Im Land der Mond-Orchidee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Witt de
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Gesicht machen? War das nicht eine Schmeichelei, über die sich jede Frau
freuen musste?
    Paula fixierte ihn. »Du hättest Neele nichts Schlimmeres antun
können, geht das nicht in deinen Holzkopf hinein? Oder
machst du es sogar absichtlich? Du hetzt die Frauen gegen sie auf und bringst
die Männer auf den Gedanken, es bei ihr zu versuchen, und egal, was sie tut
oder nicht tut, es wird ihr nachgesagt werden, dass sie leicht zu haben ist.«
    Â»Wenn sie die meine wäre, käme niemand auf den Gedanken, dass sie
leicht zu haben ist.« Jürgen kniff die Lippen zusammen
und ballte beide Fäuste vor der Brust.
    Â»Ach, so läuft das?«, schrie Neele. »Unter
deinem Schutz könnte ich mich sicher fühlen, aber ohne dich nicht?« Sie begann allmählich zu befürchten, dass Jürgen weitaus
schlauer war, als sie ihn eingeschätzt hatte, und vorhatte, sie in die Enge zu
treiben. Wenn er sie in Verruf bringen sollte, würde sie tatsächlich auf einen
edlen Ritter angewiesen sein, der sie vor den Übergriffen anderer Männer
beschützte. Wütend zischte sie ihn an: »Glaub nur nicht, dass du es auf die
Weise bei mir versuchen kannst! Ich kenne den Amtmann, ich kenne den Konsul,
beide werden nicht zulassen, dass du mich einschüchterst!«
    Jürgen verzog auf eine ganz eigenartige Weise das Gesicht. »Gewiss
nicht, und auch der Wedono wird sich für dich einsetzen! Was für eine Schande,
dass er ein Einheimischer ist und nicht kann, wie er möchte!«
    Â»Woher weißt du von Ameya?«
    Â»Richard erzählte mir von ihm. Das ganze deutsche Dorf weiß, dass er
bei jeder Gelegenheit hier auftaucht. Oh, offiziell nur als Begleiter des
Kontrolleurs, aber wer Augen im Kopf hat, weiß ganz genau, dass er deinetwegen
kommt.«
    Er wurde von Schwester Florinda unterbrochen, die eines der
hinkenden Mädchen auf die Veranda hinausführte. »Haben Sie hier irgendetwas zu
tun?«, fragte die alte Nonne ihn barsch. »Oder stehen
Sie nur herum, schwatzen und halten andere Leute vom Arbeiten ab?« Ihr runzliges Gesicht, ihre heisere Stimme warnten
Jürgen, er murmelte irgendetwas von »nur auf einen Sprung hereinschauen« und
zog sich zurück. Vom Gartentor her rief er zurück: »Hab die Leute hier richtig
sympathisch gefunden, vor allem die Hagedorns! Morgen gehe ich mit Richard
Sumpfhühner jagen, vielleicht fällt für euch auch was ab!«
    Â»Hol der Teufel eure Sumpfhühner«, murmelte Neele.
    Sie musste bald feststellen, dass Jürgen es wirklich darauf anlegte,
sie in die Enge zu treiben. Er verbrachte Stunden mit dem jungen Hagedorn, in
denen sie Genever tranken, rauchten und schwatzten, und in diesen Stunden
skizzierte er ihre frühere Beziehung immer mehr als die eines Liebespaars.
Frieder schien bald überhaupt keine Rolle mehr zu spielen. Das wurde auch
gutgläubig akzeptiert, schließlich hatte Neele selber nicht den Eindruck
erweckt, dass sie ihren Mann heiß geliebt hätte, aber noch weniger hatte sie
Jürgen geliebt – und nun behauptete er frech das Gegenteil. Zuweilen, wenn
Lennert im Dorfkrug oder auf der Veranda der Hagedorns mit im Kreis der jungen
Männer saß, widersprach dieser: Er könne sich nicht erinnern, dass Neele dem
Sohn des Küsters jemals besonders zugetan gewesen sei, er sei es gewesen, der
sich von Jugend auf an sie hängte und es nicht verwinden konnte, dass die
Mertens seine lange Abwesenheit auf See genutzt hatten, um die Nichte mit
Frieder Selmaker zu verheiraten. Und das hatten sie deswegen getan, weil Jürgen
ihnen als ein Wirrkopf erschien, der es im Leben zu nichts bringen würde.
    Richard Hagedorn hatte seinem neuen Freund eine Stellung als
Verwalter auf einer deutschen Plantage verschafft, aber Jürgen machte auch bei
den deutschen Pflanzern nicht den Eindruck, als ob er viel leistete. Wenn er
nicht gerade auf der Jagd war oder im Dorfkrug saß, schlenderte er durch die
Plantage, ließ sich alles zeigen und erklären und schnauzte die Arbeiter an,
die ihm zu langsam waren. Dass er sich vom Waisenhaus fernhielt, hatte Neele
nur Schwester Florinda zu verdanken, deren barsche Art ihn einschüchterte.
Nachdem sie ihn einmal hinausgeworfen hatte, kam er kein zweites Mal wieder.
    Dafür fing er an, sich auf Ameyas Spuren zu setzen. Von der Veranda
der Familie Hagedorn konnte er gut beobachten, wenn die Kutsche mit dem
Amtswappen vorbeirollte, und

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