Im Land der Orangenbluten
heiratet ... weiß die überhaupt schon davon? Ich meine ... sie wird nicht erfreut sein, bei den Vorbereitungen außen vor zu bleiben.«
»Fiamond?« Julie sah ihn überrascht und fragend an.
Riard seufzte. »Felice Fiamonds Mutter stammte aus einer der größten und einflussreichsten Familien Surinams. Wussten Sie das etwa nicht?«
Julie schluckte. »Na ja ... Martina ist oft in der Stadt bei ihrer Tante ... Ich dachte ... Ich wusste ja nicht ...« Julie wusste selbst nicht so genau, was sie gedacht hatte. Bisher hatten sich ja alle in Schweigen gehüllt, wenn es um Karls erste Frau – Martinas Mutter – ging.
Jetzt beugte Riard sich über den Tisch und dämpfte seine Stimme. »Ich will nicht, dass Sie in die Falle tappen, Mevrouw Leevken. Sie sollten sich vorher genau informieren, wie es zwischen der Familie Fiamond und Mijnheer Leevken steht. Sie sind noch neu in der Kolonie, das ganze gesellschaftliche Geflecht hier ist ziemlich verworren und kompliziert. Ich weiß auch nicht genau, was damals passiert ist, es war vor meiner Zeit in der Stadt. Aber ab und an hört man Getuschel darüber, also ... die Fiamonds werden bei der Hochzeit zugegen sein müssen, auch wenn das weder Ihnen noch Ihrem Mann gefallen wird. Ich will sie nur vorwarnen: So einfach wird das nicht.« Julie blickte ihn verwirrt an. Das konnte ja heiter werden! Zumal ihr die wichtigsten Informationen offensichtlich fehlten. Wie gut, dass er sie zumindest vorgewarnt hatte. Sie warf ihm einen dankbaren Blick zu und entschuldigte sich auf ihr Zimmer. Julie fühlte sich wieder einmal schrecklich allein.
Martina tat natürlich ihr Übriges, die Situation zu verschärfen. Sie war nicht gewillt, mit Julie auch nur einen Satz über die Hochzeitsplanungen zu wechseln. Nach wenigen Tagen zweifelte Julie ernsthaft daran, dass sie es schaffen würde, die Hochzeit auf ausdrücklichen Wunsch Karls, aber gegen Martinas Willen, zu organisieren. Als Martina ihr eröffnete, dass ihre Tante Valerie bei den Marwijks auf Watervreede Quartier beziehen und alles Weitere unter ihre Fittiche nehmen würde, atmete sie fast erleichtert auf. Aber sie hatte die Rechnung ohne Karl gemacht. Als er hörte, dass seine ehemalige Schwägerin das Hochzeitszepter in die Hand nehmen wollte, brach im Hause Leevken ein Gewitter los. Karl tobte: Diese Frau würde vor der Hochzeit keinen Fuß auf die Plantage setzen! Und Martina solle den Kontakt zu ihr einzustellen. Wenn nicht, würde er die ganze Hochzeit absagen. Die Stimmung auf Rozenburg war aufgeheizt und explosiv.
Martina trug offensichtlich nicht nur den Stolz, sondern auch die Sturheit ihres Vaters in sich und war nicht bereit, so schnell klein beizugeben. In den Tagen, in denen Karl in der Stadt verweilte, nutzte Martina die Abwesenheit ihres Vaters, um in ein Boot zu steigen und zu den Marwijks zu fahren, wo ihre Tante offensichtlich in der Tat Einzug gehalten hatte. Von dort planten sie, unbemerkt von Karl, die Feierlichkeiten. Und redeten vermutlich auch sonst sehr viel, Julie wollte gar nicht wissen, worüber, wahrscheinlich zerrissen sie sich die Mäuler über sie. Das war ihr aber fast egal. Sie nutzte die Zeit ohne Karl und Martina auf der Plantage, um sich wieder den Sklavenkindern mit ihren kleinen braunen Kulleraugen und den krausen Haaren zu widmen. Die Kinder heiterten sie schnell auf und ließen sie die Hochzeit für ein paar Stunden vergessen. Allerdings hatte Pieter seit Martinas Rückkehr nach Rozenburg auch auf der Plantage Quartier bezogen. Selbst wenn er ab und an losfuhr, um die anderen Plantagen zu besuchen und seinem Dienst als Arzt nachzukommen, war Julie ständig auf der Hut, denn Pieter hatte die unbequeme Angewohnheit, unerwartet aufzutauchen. Die Anwesenheit dieses Mannes reizte Julie, sie konnte nicht einmal genau sagen, warum. Seine Art, sein drohender Unterton, wenn er sie ansprach – alles an ihm schürte ihre Abneigung.
Wenn Karl in die Stadt fuhr, hatte Pieter es sich zur Gewohnheit gemacht, die Feldarbeit zu überwachen. Er sattelte sich am Morgen ein Pferd, kehrte aber immer früher als Karl von dem Rundritt wieder. Julie hatte beobachtet, wie Pieter mit den Aufsehern sprach. Diese begegneten Pieter ebenso ehrerbietig wie Karl. Julie wusste nicht, wie viel Befehlsgewalt Karl Pieter übertragen hatte, die Stimmung im Sklavendorf wurde aber durch seine Anwesenheit nicht besser.
Eines Nachmittags, Karl wurde am Abend zurückerwartet, schlenderte Julie zur hinteren Veranda, in der
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